Rz. 75

Für die Anwendung des (Teil-)Abzugsverbots nach § 4j EStG müssen die Lizenzeinnahmen einer niedrigen Besteuerung gem. § 4j Abs. 2 EStG unterliegen. § 4j Abs. 2 S. 1 EStG greift das in § 4j Abs. 1 S. 1 EStG postulierte und nicht näher bestimmte Tatbestandsmerkmal der niedrigen Besteuerung auf und arbeitet dieses weiter aus. Eine niedrige Besteuerung nach § 4j Abs. 2 S. 1 EStG liegt vor, wenn die von der Regelbesteuerung abweichende Besteuerung der Einnahmen des Gläubigers (oder des weiteren Gläubigers nach § 4j Abs. 1 S. 2 EStG) zu einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 % führt.

 

Rz. 76

Liegt die Belastung unter 25 %, ist der nicht abziehbare Teil der Lizenzaufwendungen nach § 4j Abs. 3 EStG zu kalkulieren. Die Prüfung der Ertragsteuerbelastung nach § 4j Abs. 2 EStG gibt nicht nur Aufschluss darüber, ob eine schädliche Niedrigbesteuerung für Zwecke von § 4j EStG vorliegt. Vielmehr ist die Ermittlung der genauen (prozentualen) Ertragsteuerbelastung der Lizenzeinnahmen entscheidend für die korrekte Anwendung des (Teil-)Abzugsverbots nach § 4j Abs. 3 EStG; denn der nicht abziehbare Teil der Lizenzaufwendungen ermittelt sich anhand des nach § 4j Abs. 2 EStG berechneten Ertragssteuerniveaus.

 

Rz. 77

Die schädliche Niedrigsteuergrenze von 25 % ist in Anlehnung an die Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung im AStG festgelegt worden.[1] Mit der aus § 8 Abs. 5 S. 1 AStG übernommenen Niedrigsteuergrenze importiert der Gesetzgeber die steuerpolitische Diskussion, ob die Niedrigsteuerschwelle i. H. v. 25 % zu hoch sei, wenn man berücksichtigt, dass auch die Belastung mit deutscher KSt und GewSt (bei geringem GewSt-Hebesatz) weniger als 25 % betragen kann.[2]

 

Rz. 78

Eine Niedrigbesteuerung von unter 25 % ist nur schädlich, wenn diese aus der Anwendung einer von der Regelbesteuerung abweichenden Präferenzregelung resultiert. Ergibt sich die Niedrigbesteuerung aufgrund des allgemeinen Besteuerungsniveaus, das geringer als 25 % ist, so ist die niedrige Ertragsteuerbelastung unschädlich und eine Anwendung von § 4j EStG scheidet aus (Rz. 29).

 

Rz. 79

§ 4j Abs. 2 S. 1 EStG stellt für Ermittlung der Niedrigbesteuerung wortgemäß auf die Einnahmen (Bruttoerträge) des Gläubigers ab. Demzufolge kann eine effektive Niedrigbesteuerung der Lizenzeinnahmen schon vorliegen, wenn die Lizenzeinnahmen durch entsprechende Betriebsausgaben gemindert werden und lediglich die (Netto-)Lizenzeinkünfte besteuert werden.[3] Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Höhe der tatsächlich angefallenen Betriebsausgaben (richtigerweise) jedoch keinen Einfluss auf die Ermittlung der Ertragsteuerbelastung haben.[4] Daher sollte es nicht auf die tatsächliche steuerliche Belastung der Einnahmen (d. h. auf das Verhältnis der tatsächlich gezahlten Steuer zu den Lizenzeinnahmen) für die Ermittlung der Niedrigbesteuerung ankommen, sondern auf die abstrakte Steuerbelastung der Einnahmen, die sich aus der separaten Anwendung der Präferenzregelung ergeben würde.[5] Anderenfalls würde bereits der reguläre steuermindernde Abzug von im Zusammenhang mit den Lizenzeinnahmen angefallenen Ausgaben oder die Verrechnung der Einnahmen mit laufenden oder vorgetragenen Verlusten dazu führen, dass die Einnahmen niedrig besteuert werden.

 

Rz. 80

Für die Ermittlung der genauen Ertragsteuerbelastung nach § 4j Abs. 2 S. 1 EStG sollten ebenfalls die in Deutschland nach § 50a EStG gezahlten Abzugsteuern mit einbezogen werden, sofern diese beim ausl. Gläubiger der Lizenzzahlungen nicht erstattet oder auf seine ausl. Steuer angerechnet werden können.[6]

 

Rz. 81

Der Gesetzeswortlaut verlangt, dass die Einnahmen des Gläubigers der Lizenzzahlungen niedrig besteuert werden. Ist der Gläubiger eine transparent besteuerte Gesellschaft, unterliegen die Einnahmen nicht etwa beim Gläubiger selbst, sondern unmittelbar bei deren Gesellschaftern der Besteuerung. Durch die Wortwendung "des Gläubigers" soll sichergestellt werden, dass in die Ermittlung, ob eine niedrige Besteuerung nach § 4j Abs. 2 EStG vorliegt, auch die Steuerbelastung bei den Gesellschaftern einbezogen wird (Rz. 27).[7]

 

Rz. 82

Nach § 4j Abs. 2 S. 1 letzter Halbs. EStG ist bei mehreren Gläubigern für die Ermittlung der Ertragsteuerbelastung der Lizenzeinnahmen die niedrigste Belastung maßgeblich. Die Regelung bezieht sich auf mehrstufige Lizenzstrukturen mit mehreren Gläubigern, bei denen die Lizenzeinnahmen jeweils einer unterschiedlichen Belastung mit Ertragsteuern ausgesetzt sind (§ 4j Abs. 1 S. 2 EStG). Kommen für die Lizenzeinnahmen mehrere Regelungen, insbesondere mehrere Präferenzregelungen, zur Anwendung, ist für die Ermittlung des Ertragsteuerniveaus für Zwecke des § 4j EStG stets die niedrigste Besteuerung ausschlaggebend.[8]

[1] BT-Drs. 18/11233, 15.
[2] Vgl. zur Kritik etwa IDW-Stellungnahme v. 11.1.2017 zum Referentenentwurf v. 19.12.2016, 4; Schneider/Junior, DStR 2017, 417, 421; Schnitger, IStR 2017, 214, 223; Max/Thiede, StB 2017, 175, 179.
[3] Benz/Böhmer, DB 2017, 206, 208; Holle/Weiß, FR 2017, 217, 2...

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