Rz. 108

Soll der zum Steuerabzug Verpflichtete (d. h. der Schuldner der Kapitalerträge, die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle bzw. die die Kapitalerträge auszahlende Stelle) als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden, erteilt das für ihn zuständige FA (Rz. 49) einen Haftungsbescheid i. S. d. § 191 AO.

 

Rz. 109

Ein solcher Haftungsbescheid darf nur ergehen, solange die Festsetzungsfrist(§ 169 AO) noch nicht abgelaufen (Rz. 113) und der Steueranspruch nicht bereits durch Zahlung (§§ 224, 225 AO), Aufrechnung (§ 226 AO) oder Erlass (§§ 163, 227 AO) erloschen ist (§ 47 AO).

Der Haftungsanspruch kann nur so lange geltend gemacht werden, wie der Steueranspruch besteht.[1]

 

Rz. 110

Durch einen Haftungsbescheid kann keine Steuer festgesetzt werden, weil ein solcher Bescheid seinem Wesen nach nicht auf die Festsetzung einer Steuer, sondern auf die Inanspruchnahme eines Dritten für die gegenüber einem anderen entstandene Steuer gerichtet ist.[2]

 

Rz. 111

Nach § 44 Abs. 5 S. 3 EStG der Vorschrift bedarf es allerdings für die Inanspruchnahme des Schuldners der Kapitalerträge, der den Verkaufsauftrag ausführende Stelle bzw. der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle als Haftungsschuldner keines Haftungsbescheids,

  • soweit der Steuerabzugsverpflichtete die einbehaltene KapESt richtig angemeldet hat (denn nach § 168 S. 1 AO steht die KapESt-Anmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich – vgl. § 45a EStG Rz. 33), oder
  • soweit er seine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem FA oder dem Prüfungsbeamten des FA schriftlich anerkennt.
 

Rz. 112

Durch das StMBG v. 21.12.1993 wurde § 167 Abs. 1 AO um einen S. 3 ergänzt. Danach steht das nach Abschluss einer Außenprüfung i. S. d. § 193 Abs. 2 Nr. 1 AO durch den Steuer- oder Haftungsschuldner gegebene schriftliche Anerkenntnis einer Zahlungsverpflichtung einer Steueranmeldung gleich. Das vor oder während einer Außenprüfung abgegebene Anerkenntnis hat nicht die Wirkung einer Steueranmeldung.

Weil nach § 168 S. 1 AO eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, ist somit der Erlass eines schriftlichen Haftungsbescheids nicht mehr erforderlich (AEAO, Tz. 3 zu § 167).

§ 167 Abs. 1 S. 3 AO bezieht sich dem Wortlaut nach nur auf das Ergebnis einer Außenprüfung i. S. d. § 193 Abs. 2 Nr. 1 AO, die auf die Prüfung des korrekten Einbehaltens und des Abführens von Abzugsteuern bei anderen als den in § 193 Abs. 1 AO genannten betrieblichen Stpfl. gerichtet ist. Nach seinem Sinn und Zweck wird man § 167 Abs. 1 S. 3 AO aber auch auf die in der Praxis häufigeren Fälle anwenden müssen, in denen ein betrieblicher Stpfl. i. S. d. § 193 Abs. 1 AO nach Abschluss einer Außenprüfung ein solches schriftliches Anerkenntnis in Bezug auf Abzugsteuern abgibt.[3]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge