Rz. 354

Mit dem Tod eines Stpfl. tritt der Erbe in die (vermögensrechtliche) Stellung des Erblassers ein (Universalsukzession, § 1922 BGB). Hinterlässt er mehrere Erben, so bilden diese eine Erbengemeinschaft. Der Nachlass wird gemeinschaftliches (Gesamthands-)Vermögen der Miterben (§ 2032 BGB), jeder Miterbe kann zwar über seinen Anteil am Nachlass, nicht aber über einen entsprechenden Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen verfügen (§ 2033 BGB). Insoweit unterliegt er einer sog. gesamthänderischen Bindung. Dies gilt grundsätzlich auch für im Nachlass befindliche Unternehmen und mitunternehmerische Beteiligungen.

Die Erbengemeinschaft gilt als Mitunternehmerschaft i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, sofern sie ein Gewerbe betreibt.[1] Sie stellt im Grundsatz ein der Gesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis dar.[2]

3.4.4.3.1 Erbfolge nach einem Einzelunternehmer

 

Rz. 355

War der Erblasser Einzelunternehmer, so fällt sein Unternehmen mit dem Erbfall in den Nachlass. Zu differenzieren ist stets der unentgeltliche Betriebsübergang durch den Erbfall (1), die Fortführung des Betriebs durch die Erbengemeinschaft (2) und die anschließende Erbauseinandersetzung (3). Zwingend ist dabei nur der unentgeltliche Betriebsübergang, da es weder zu einer Betriebsfortführung durch die Erbengemeinschaft noch zu einer Erbauseinandersetzung kommen muss.

Der Übergang des Gewerbebetriebs vom Erblasser auf den oder die Erben ist keine Betriebsaufgabe i. S. v. § 16 EStG und keine Eröffnung eines Gewerbebetriebs durch den oder die Erben, sondern eine unentgeltliche Übertragung des Betriebs gem. § 6 Abs. 3 EStG. Der bzw. die Erben setzen gleichsam die betriebliche Tätigkeit des Erblassers fort.[1]

 

Rz. 356

Nach allgemeiner Auffassung setzt sich die Unternehmereigenschaft des Erblassers in der Erbengemeinschaft fort, solange der ererbte Betrieb sich im ungeteilten Nachlass befindet und fortgeführt wird.[2] Die gewerblichen Erträge fallen als gemeinschaftliche Einkünfte der Miterben an, eine spätere Übertragung des Betriebsvermögens lässt Anschaffungs- oder Entnahmevorgänge entstehen.[3] Dies ist zutreffend, denn solange der Gewerbebetrieb im ungeteilten Nachlass weiter betrieben wird, kann dies auch zivilrechtlich nur bedeuten, dass die Miterben dies auf Rechnung und Gefahr des Nachlasses und somit der Miterbengemeinschaft tun. Das Unternehmerrisiko liegt also bei der Miterbengemeinschaft, die Unternehmerinitiative wird von dieser oder für diese ausgeübt.[4] Es wird in diesen Fällen jedenfalls eine – ggf. konkludent entstandene – überlagernde Willensbildungs-GbR vorliegen (Rz. 224, 243a). Setzen sich die Miterben in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erbfall in der Weise auseinander, dass ein (oder einige) Miterbe(n) den Gewerbebetrieb unter Rückbeziehung auf den Erbfallzeitpunkt übernehmen, so ist diese Rückwirkung steuerlich anzuerkennen.[5]

Die Auffassung der Finanzverwaltung enthält eine wesentliche Besonderheit gegenüber "normalen" Mitunternehmerschaften: Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt grundsätzlich nicht, sodass die Erzielung von freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen neben gewerblichen Einkünften durch die Erbengemeinschaft möglich ist.[6] Die Regelung hat Billigkeitscharakter, da der Erblasser als Einzelunternehmer sowohl einen selbstständigen (§ 18 EStG) oder LuF-Betrieb (§ 13 EStG) als auch einen Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) nebeneinander unterhalten kann. Mit dem Erbfall werden beide Betriebe nach § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich auf die Erbengemeinschaft als Mitunternehmerschaft übertragen. Die Mitunternehmerschaft hat jedoch nur einen Betrieb (Rz. 277ff.), sodass die freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte zwingend gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG infiziert würden. Für freiberufliche Einkünfte gilt gleichwohl die Einschränkung, dass die Erbengemeinschaft keine berufsfremden Gesellschafter haben dürfen.[7]

Die Erbauseinandersetzung folgt grundsätzlich den allgemeinen Regeln für die Auflösung von PersG respektive dem Ausscheiden von Gesellschaftern. Es können Betriebsaufgabe- oder Realteilungsgrundsätze zur Anwendung gelangen.[8]

 

Rz. 357

Nach heute h. L[9] setzt sich die Unternehmereigenschaft des Erblassers in der Erbengemeinschaft fort, solange der ererbte Betrieb sich im ungeteilten Nachlass befindet; die gewerblichen Erträge fallen als gemeinschaftliche Einkünfte der Miterben an, eine spätere Übertragung des Betriebsvermögens lässt Anschaffungs- oder Entnahmevorgänge entstehen.[10] Die Erbengemeinschaft wird als ein einer Gesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis angesehen.[11] Dies ist zutreffend, denn solange der Gewerbebetrieb im ungeteilten Nachlass weiter betrieben wird, kann dies auch zivilrechtlich nur bedeuten, dass die Miterben dies auf Rechnung und Gefahr des Nachlasses und somit der Miterbengemeinschaft tun. Das Unternehmerrisiko liegt also bei der...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge