Rz. 355

War der Erblasser Einzelunternehmer, so fällt sein Unternehmen mit dem Erbfall in den Nachlass. Zu differenzieren ist stets der unentgeltliche Betriebsübergang durch den Erbfall (1), die Fortführung des Betriebs durch die Erbengemeinschaft (2) und die anschließende Erbauseinandersetzung (3). Zwingend ist dabei nur der unentgeltliche Betriebsübergang, da es weder zu einer Betriebsfortführung durch die Erbengemeinschaft noch zu einer Erbauseinandersetzung kommen muss.

Der Übergang des Gewerbebetriebs vom Erblasser auf den oder die Erben ist keine Betriebsaufgabe i. S. v. § 16 EStG und keine Eröffnung eines Gewerbebetriebs durch den oder die Erben, sondern eine unentgeltliche Übertragung des Betriebs gem. § 6 Abs. 3 EStG. Der bzw. die Erben setzen gleichsam die betriebliche Tätigkeit des Erblassers fort.[1]

 

Rz. 356

Nach allgemeiner Auffassung setzt sich die Unternehmereigenschaft des Erblassers in der Erbengemeinschaft fort, solange der ererbte Betrieb sich im ungeteilten Nachlass befindet und fortgeführt wird.[2] Die gewerblichen Erträge fallen als gemeinschaftliche Einkünfte der Miterben an, eine spätere Übertragung des Betriebsvermögens lässt Anschaffungs- oder Entnahmevorgänge entstehen.[3] Dies ist zutreffend, denn solange der Gewerbebetrieb im ungeteilten Nachlass weiter betrieben wird, kann dies auch zivilrechtlich nur bedeuten, dass die Miterben dies auf Rechnung und Gefahr des Nachlasses und somit der Miterbengemeinschaft tun. Das Unternehmerrisiko liegt also bei der Miterbengemeinschaft, die Unternehmerinitiative wird von dieser oder für diese ausgeübt.[4] Es wird in diesen Fällen jedenfalls eine – ggf. konkludent entstandene – überlagernde Willensbildungs-GbR vorliegen (Rz. 224, 243a). Setzen sich die Miterben in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erbfall in der Weise auseinander, dass ein (oder einige) Miterbe(n) den Gewerbebetrieb unter Rückbeziehung auf den Erbfallzeitpunkt übernehmen, so ist diese Rückwirkung steuerlich anzuerkennen.[5]

Die Auffassung der Finanzverwaltung enthält eine wesentliche Besonderheit gegenüber "normalen" Mitunternehmerschaften: Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt grundsätzlich nicht, sodass die Erzielung von freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen neben gewerblichen Einkünften durch die Erbengemeinschaft möglich ist.[6] Die Regelung hat Billigkeitscharakter, da der Erblasser als Einzelunternehmer sowohl einen selbstständigen (§ 18 EStG) oder LuF-Betrieb (§ 13 EStG) als auch einen Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) nebeneinander unterhalten kann. Mit dem Erbfall werden beide Betriebe nach § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich auf die Erbengemeinschaft als Mitunternehmerschaft übertragen. Die Mitunternehmerschaft hat jedoch nur einen Betrieb (Rz. 277ff.), sodass die freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte zwingend gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG infiziert würden. Für freiberufliche Einkünfte gilt gleichwohl die Einschränkung, dass die Erbengemeinschaft keine berufsfremden Gesellschafter haben dürfen.[7]

Die Erbauseinandersetzung folgt grundsätzlich den allgemeinen Regeln für die Auflösung von PersG respektive dem Ausscheiden von Gesellschaftern. Es können Betriebsaufgabe- oder Realteilungsgrundsätze zur Anwendung gelangen.[8]

 

Rz. 357

Nach heute h. L[9] setzt sich die Unternehmereigenschaft des Erblassers in der Erbengemeinschaft fort, solange der ererbte Betrieb sich im ungeteilten Nachlass befindet; die gewerblichen Erträge fallen als gemeinschaftliche Einkünfte der Miterben an, eine spätere Übertragung des Betriebsvermögens lässt Anschaffungs- oder Entnahmevorgänge entstehen.[10] Die Erbengemeinschaft wird als ein einer Gesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis angesehen.[11] Dies ist zutreffend, denn solange der Gewerbebetrieb im ungeteilten Nachlass weiter betrieben wird, kann dies auch zivilrechtlich nur bedeuten, dass die Miterben dies auf Rechnung und Gefahr des Nachlasses und somit der Miterbengemeinschaft tun. Das Unternehmerrisiko liegt also bei der Miterbengemeinschaft, die Unternehmerinitiative wird von dieser oder für diese ausgeübt.[12] Denn solange das Unternehmen im Nachlass liegt, ist jedes unternehmerische Rechtsgeschäft eine Handlung, die sich objektiv auf den Nachlass bezieht, und deshalb diesen, und somit die Miterbengemeinschaft, berechtigt und verpflichtet. Etwas anderes kann nur zutreffen, wenn im Innenverhältnis der Erbengemeinschaft das unternehmerische Handeln lediglich einen Teil der Miterben betrifft, weil vereinbarungsgemäß diese im Weg der Auseinandersetzung das Unternehmen allein weiterbetreiben sollen; dann werden in aller Regel diesen auch die Erträge zivilrechtlich zustehen und diese die nicht beteiligten Miterben von der Haftung und damit vom Mitunternehmerrisiko frei halten. Setzen sich die Miterben in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erbfall in der Weise auseinander, dass ein (oder einige) Miterbe(n) den Gewerbebetrieb unter Rückbeziehung auf den Erbfallzei...

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