Rz. 277

Eine Mitunternehmerschaft i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG bilden nur solche Personenzusammenschlüsse, die ein gewerbliches Unternehmen betreiben.[1] Dies wird aus der Besteuerungssystematik deutlich, dass die Mitunternehmerschaft selbst – nicht der Gesellschafter – Subjekt der Einkünftequalifikation bleibt und damit die Merkmale des § 15 Abs. 2 EStG zwingend selbst verwirklichen muss (Rz. 217f). Die Frage, ob in der Mitunternehmerschaft eine als gewerblich einzustufende Tätigkeit ausgeübt wird, ist nach denselben Kriterien zu beantworten, wie sie für den Einzelunternehmer gelten (Rz. 24ff.). Auch bei der Mitunternehmerschaft ist ein Gewerbebetrieb grundsätzlich nur vorhanden, wenn die Merkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind und der Bereich der Vermögensverwaltung überschritten wird (Rz. 97ff.). Eine Besonderheit ist allerdings, dass das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht sowohl auf Ebene der Personengesellschaft als auch auf Ebene der einzelnen Mitunternehmer zu prüfen ist.[2] Land- und Forstwirte oder Freiberufler können ihren Beruf in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG als Mitunternehmer ausüben (§§ 13 Abs. 7, 18 Abs. 4 S. 2 EStG).

 

Rz. 278

Besonderheiten ergeben sich, wenn die Beteiligung an einer (gewerblichen) Mitunternehmerschaft ihrerseits eine weitere Beteiligung an einer nachgeordneten Personengesellschaft vermittelt. Dann liegt eine sog. doppelstöckige Personengesellschaft vor.[3] Ist die Untergesellschaft ebenfalls gewerblich tätig, greift § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG. Demnach steht der mittelbar über eine (Ober-)Personengesellschaft an der Untergesellschaft beteiligte Mitunternehmer dem unmittelbar Beteiligten gleich. Die Mitunternehmer der Ober-Personengesellschaft sind damit auch Mitunternehmer der Unter-Personengesellschaft.

Ist die Untergesellschaft dagegen vermögensverwaltend tätig, bleibt es zunächst bei der Qualifikation ihrer Einkünfte als "vermögensverwaltend" (z. B. bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung). Maßgeblich ist grundsätzlich die im Rahmen dieser Unter-Personengesellschaft ausgeübte Tätigkeit.[4] Die Anwendung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG kommt nicht in Betracht, denn die Ober-Personengesellschaft gilt nicht als Mitunternehmerin der Untergesellschaft, da letztere keinen Gewerbebetrieb hat. Allerdings werden die Einkunftsquellen und damit auch die Einkünfte der Untergesellschaft gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO den Gesellschaftern – also auch der Ober-Personengesellschaft – zugerechnet. Die Beteiligung an der Unter-Personengesellschaft ist richtigerweise kein eigenständiges Wirtschaftsgut, sondern anteiliges Wirtschaftsgut.[5] Sofern die Ober-Personengesellschaft gewerbliche Einkünfte erzielt, gilt die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, die die Einkünfte der Unter-Personengesellschaft außerhalb der dort vorgesehenen Bagatellgrenzen[6] in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert.

 

Rz. 279

Als spezielles – eher verfahrensrechtliches – Problem galt lange die steuerliche Behandlung einer sog. Zebragesellschaft. Dabei handelt es sich um eine Gesellschaft, die grundsätzlich Einkünfte aus Vermögensverwaltung (z. B. §§ 20, 21 EStG) bezieht, deren einzelne Gesellschafter jedoch aufgrund ihnen innewohnender Merkmale Einkünfte aus Gewerbebetrieb realisieren – so z. B., weil sie einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform unterhalten (§ 8 Abs. 2 KStG) oder der Abfärberegelung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) unterliegen. Das "Zebra" vermittelt verschiedenen Gesellschaftern Überschusseinkünfte (weiße Streifen) und anderen (gewerbliche) Gewinneinkünfte (schwarze Streifen).[7] Die Qualifikation der Einkünfte bei den Gesellschaftern folgt grundsätzlich ihren sonstigen erzielten Einkünften (gewerblich, wenn die Beteiligung zu einem Gewerbebetrieb gehört und als Überschusseinkünfte, wenn die Beteiligung nicht zu einem Betriebsvermögen gehört).[8] Fraglich war indes, an welcher Stelle des Besteuerungs- bzw. Feststellungsverfahrens die Umqualifikation der vermögensverwaltenden in gewerbliche Einkünfte vorzunehmen ist. Der IV. Senat des BFH sprach sich dafür aus, dass die Einkünfte des gewerblich Beteiligten bereits auf der Stufe der (Unter-)Gesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu ermitteln und zu qualifizieren seien.[9] Der VIII. Senat hat dagegen eine Umqualifizierung und Umrechnung auf der Ebene des Gesellschafters für zutreffend erachtet.[10] Dem sind auch die Finanzverwaltung[11] und der Große Senat[12] gefolgt. Diese Entscheidung ist zwar verfahrensrechtlich aufgrund der Beteiligung mehrerer Finanzämter an der Einkünftefeststellung nicht über jeden Zweifel erhaben, aus materiell-steuersystematischer Sicht aber zutreffend, da innerhalb der Mitunternehmerschaft nur ein Betrieb besteht und daher auch grundsätzlich nur Einkünfte derselben Art entstehen können (Rz. 229).[13]

Die bloße Erbringung von Leistungen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft für den Gewerbebetrieb eines Gesellschafters führt für sich genommen noch nicht zur Annahme eine...

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