Rz. 213

Sind mehrere (natürliche oder juristische) Personen an einer einheitlichen, als gewerblich einzustufenden Einkunftsquelle in einer Weise beteiligt, dass ihnen die Einkünfte steuerlich anteilig zuzurechnen sind (§§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO), so sind sie Mitunternehmer. Eine solche Besteuerungssituation liegt vor, wenn eine Einkunftsquelle von einem selbst nicht ertragsteuer-(einkommen- oder körperschaftsteuer-)pflichtigen Personenzusammenschluss betrieben wird, dessen Mitglieder (Gesellschafter) als Mitunternehmer des Betriebs erscheinen. Der Personenzusammenschluss ist im Endeffekt Subjekt der steuerlichen Gewinnermittlung, während die Gesellschafter Subjekt der Besteuerung sind. Dieses Grundprinzip der sog. transparenten Besteuerung liegt § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zugrunde. Die Vorschrift setzt dieses Grundverständnis voraus und regelt nur die daraus resultierenden Folgen für den Gesellschafter.

 

Rz. 214

Der eigentliche – materielle – Regelungsgehalt des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG besteht darin klarzustellen, dass bei Mitunternehmerschaften nicht nur die Gewinnanteile der Gesellschafter aus der Gesellschaft zu deren Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören, sondern auch bestimmte Vergütungen (Leistungsentgelte oder anderweitige Erträge), die der Gesellschafter von der Gesellschaft oder aus Wirtschaftsgütern, die der mitunternehmerischen Sphäre dienen, bezieht. Zusammenfassend lässt sich daher folgendes:

§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 1 EStG unterwirft die Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG, KG oder anderen Mitunternehmerschaft den Einkünften aus Gewerbebetrieb (Gewinn 1. Stufe).

§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG regelt, dass den Einkünften aus Gewerbebetrieb die sog. Sondervergütungen hinzuzurechnen sind (Gewinn 2. Stufe). Dabei handelt es sich grundsätzlich um Vergütungen, die der Gesellschafter für Tätigkeiten im Dienst der Gesellschaft (Alt. 1), die Nutzung von Darlehen (Alt. 2) oder die Überlassung von Wirtschaftsgütern (Alt. 3) erhalten hat.

 

Rz. 215

Als weiterer – ergänzender – Regelungsbereich ist mit dem StÄndG 1992[1] die Einbeziehung des mittelbaren Gesellschafters durch § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG normiert, der dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichstehend fingiert wird.

 

Rz. 215a

§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG wird ebenfalls durch § 15 Abs. 2 EStG konkretisiert: Die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs (Abs. 2) müssen insoweit auf Ebene der Mitunternehmerschaft vorliegen. Sie ist Inhaberin des (Gewerbe-)Betriebs.[2] Darüber hinaus führt die Einbeziehung der schuldrechtlichen Sondervergütungen in die gewerblichen Einkünfte dazu, dass auch diese insoweit der GewSt unterliegen (s. auch Rz. 17ff.).

 

Rz. 216

Die innerhalb einer Mitunternehmerschaft erzielten Einkünfte eines Mitunternehmers unterscheiden sich ihrer Art nach nicht von den gewerblichen Einkünften eines Einzelunternehmers. In beiden Fällen ist der (Mit-)Unternehmer letztlich das Subjekt der Besteuerung. Wegen des grundrechtlich abgesicherten steuerlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 GG) kann und darf sich deshalb die materiell-rechtliche Behandlung von Mitunternehmern nicht von der eines Einzelunternehmers unterscheiden.[3] Dem folgend ist u. a. auch die Abgrenzung zwischen Betriebsausgaben und Kosten der Lebensführung bei Einzel- und Mitunternehmer einheitlich zu ziehen.[4]

Eine Vergleichbarkeit mit der steuerlichen Belastung der unternehmerischen Betätigung innerhalb einer Kapitalgesellschaft ist nicht erforderlich, weil diese Betätigungsform einer andersartigen Besteuerung unterliegt und die andersartige Organisationsform hierfür ausreichende Unterscheidungsmerkmale bietet. Auch die derzeit geltende Regelung bedeutet jedoch nicht, dass eine Mitunternehmerschaft lediglich die Zusammenfassung mehrerer Einzelunternehmen der jeweiligen Mitunternehmer ist. Diese verfehlte Ansicht lag der früher herrschenden Bilanzbündeltheorie zugrunde; nach ihr sollten die Gesellschafter einer Personengesellschaft wie ein Einzelunternehmer behandelt werden, der in Höhe seiner Beteiligung an der Gesellschaft einen eigenen Betrieb führt. Die Personengesellschaft wurde so lediglich als die Bündelung der Einzelbilanzen der Gesellschafter betrachtet.[5] Die Bilanzbündeltheorie wurde von der Rspr. nach heftigen Angriffen in der Lit. zu Recht aufgegeben.[6] Vgl. auch Rz. 238ff.

 

Rz. 217

Heute steht die Mitunternehmerschaft als solche als ein eigenständiges Gebilde mit steuerrechtlicher Erheblichkeit im Vordergrund der Betrachtung. Allerdings kann sie einkommensteuerrechtlich – anders als im GewSt-Recht (§ 5 Abs. 1 GewStG) – nicht selbst Stpfl. sein (Lehre von der partiellen Steuersubjektfähigkeit). Daran ändert auch die jetzige zivilrechtliche Sicht nichts, die der BGB-Außengesellschaft Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit zugesteht.[7] Das ESt-Recht beruht auf den Grundsätzen der Individualbesteuerung und der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen Stpfl.[8] Besteuert wird nach seinem Grundgedanke...

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