Rz. 240

Die GbR ist die zivilrechtliche Grundform gesellschaftsrechtlicher Zusammenschlüsse. Nach § 705 Abs. 1 BGB ist für sie lediglich erforderlich, dass sich mehrere durch Gesellschaftsvertrag verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern. Ist der Zweck auf eine gewerbliche Tätigkeit i. S. v. § 15 Abs. 2 EStG gerichtet, so ist sie steuerrechtlich Mitunternehmerschaft. Regelmäßig wird in diesen Fällen aber auch ein Handelsgewerbe i. S. d. § 1 Abs. 2 HGB anzunehmen sein, sodass eine OHG vorliegt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Gewerbebetrieb nach § 1 Abs. 2 HGB keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

Die (Teil-)Rechtsfähigkeit der (Außen-)GbR selbst war seitens der Rspr. seit langem anerkannt;[1] sie ist nunmehr durch § 705 Abs. 2 BGB i. d. F. des MoPeG (Rz. 218a) auch erstmals gesetzlich kodifiziert. Die mit dem MoPeG vorgesehene Eintragung in das Gesellschaftsregister ist zwar Voraussetzung für zahlreiche Rechtsvorgänge (z. B. den Erwerb eines Grundstücks durch die GbR, § 47 Abs. 2 GBO n. F. ab 1.1.2024), keineswegs aber verpflichtend oder gar konstitutiv.

 

Rz. 241

Die GbR ist zivilrechtlich i. d. R. Gesamthandsgemeinschaft. Das zur Erreichung des Gesellschaftszwecks gebildete gemeinsame Vermögen steht allen Gesellschaftern zur gesamten Hand zu; die Gesellschafter können lediglich über ihren Gesellschaftsanteil, nicht über die ihrer Beteiligungsquote entsprechenden Anteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern verfügen (§ 719 Abs. 1 BGB). Die Geschäftsführungsbefugnis steht grundsätzlich allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu, für die Beschlussfassung sieht § 709 BGB Einstimmigkeit vor. Die Befugnis, die Gesellschaft nach außen zu vertreten (Vertretungsmacht), deckt sich im Zweifel mit der Geschäftsführungsbefugnis (§ 714 BGB). Im Regelfall bedeutet dies, dass alle Gesellschafter gemeinsam die Gesellschaft bei Geschäftsabschlüssen mit Dritten vertreten. Die gesetzlichen Regelungen der §§ 705ff. BGB sind allerdings weitgehend abdingbar, sodass durch den Gesellschaftsvertrag andere Regelungen vereinbart werden können (z. B. gem. § 706 Abs. 1 BGB zur Beitragspflicht der Gesellschafter). Letzteres gilt, wenn auch mit Einschränkungen, auch für die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Zwar haften die Gesellschafter für Verbindlichkeiten grundsätzlich als Gesamtschuldner und unbeschränkt auch mit ihrem Privatvermögen; jedoch kann u. U. insbesondere dann, wenn vom Prinzip der Gesamtvertretung abgewichen wird, die Haftung derjenigen, die die Gesellschaft nach außen hin nicht vertreten, mit Wirkung gegenüber den Vertragspartnern beschränkt werden mit der Folge, dass ggf. nur die handelnden Gesellschafter unbeschränkt haften.[2] Die vorstehenden Grundsätze gelten auch nach dem MoPeG weitestgehend fort (§§ 713, 715ff. BGB n. F.). Die GbR hat richtigerweise weiterhin Gesamthandsvermögen, auch der Grundsatz der gemeinschaftlichen Geschäftsführung und Vertretung gilt fort. Durch § 711 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. wird indes gesetzlich klargestellt, dass die GbR als Personengesellschaft keine eigenen Anteile erwerben kann.

Die im Ertragsteuerrecht dominierende wirtschaftliche Betrachtungsweise (§ 41 Abs. 1 AO) erfordert, dass die Qualifikation von zivilrechtlichem Gesamthandseigentum steuerrechtlich nicht zwingend maßgeblich ist. Dies verwirklicht § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, der Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens den Gesellschaftern anteilig zurechnet, soweit dies für Zwecke der Besteuerung erforderlich ist. Demnach kann eine zivilrechtlich unstreitige GbR steuerlich in eine Bruchteilsgemeinschaft zerfallen.[3]

 

Rz. 242

Eine GbR kann auch als reine Innengesellschaft bestehen.[4] Sie besitzt dann kein Gesamthandsvermögen, tritt im Wirtschaftsverkehr nicht in Erscheinung, und die Gesellschafter haften den Gläubigern gegenüber nicht gemeinsam, sondern nur entsprechend ihrem Auftreten im Außenverhältnis.[5] Die fehlende Rechtsfähigkeit dieser GbR ist nunmehr in § 705 Abs. 2 BGB i. d. F. des MoPeG (ab 1.1.2024) geregelt. Gleichwohl kann eine solche Innen-GbR Mitunternehmerschaft sein.[6] Sie ist deshalb regelmäßig eine mitunternehmerische stille Gesellschaft, wenn Gesellschaftszweck der Betrieb eines Handelsgewerbes ist (Rz. 29); aber auch in den anderen Fällen ist sie steuerlich nach den für die stille Gesellschaft geltenden Regeln (Rz. 250) zu behandeln.[7]

 

Rz. 243

In der Rechtsform einer GbR erscheinen i. d. R. auch Arbeitsgemeinschaften ­(ARGE). Das sind Gelegenheitsgesellschaften, in denen sich mehrere Unternehmer zur Durchführung eines Auftrags – meist im Bereich der Bauerstellung – zusammenschließen oder die zur Erstellung eines Projekts zwischen einem Unternehmer und einem Kapitalgeber gebildet werden. Sie können als Außen- oder reine Innengesellschaften in Erscheinung treten. Im Bankenwesen finden sich solche Zusammenschlüsse meist als sog. Meta-Verbindungen (Halbpart-Verbindungen). Sie entstehen als Innengesellschaften durch...

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