Entscheidungsstichwort (Thema)

Einordnung des Ausgleichsanspruchs eines Handelsvertreters als Entgelt

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters ist eine Gegenleistung für bereits erbrachte Vermittlungsleistungen; er ist die zusätzliche Vergütung für die vor dem Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste. Der Handelsvertreter hat insoweit keine gegenüber den Vermittlungsleistungen selbständige sonstige Leistung erbracht, für die die Ausgleichszahlung gewährt wird.

 

Normenkette

HGB § 89b; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuer(USt)-Festsetzung für 2000, ob der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters Entgelt für eine im Inland gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerbare sonstige Leistung ist.

Der Kläger (Kl.) ist Handelsvertreter mit Sitz in F. Er war aufgrund des sog. Vertretervertrags vom 30.05.1996 ab dem 01.06.1996 für die in J (Ausland) ansässige Firma E tätig und vermittelte Möbelverkäufe als Alleinvertreter des ihm übertragenen Gebietes in Deutschland. Die durch die Vermittlung des Kl. verkauften Waren lieferte die Firma E direkt an Händler in Deutschland. Für die Firma E stellten diese Lieferungen – wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen – in J steuerbare und steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen dar. Der Ort der Lieferungen der Firma E an die Händler in Deutschland befand sich danach in J. Der Kl. und die Firma E beendeten das Vertragsverhältnis zum 30.06.2000. In der „Vereinbarung zu der Einstellung des Vertretungsmandats” vom 15.06.2000 vereinbarten sie bezüglich des Ausgleichsanspruchs im Sinne des § 89b des Handelsgesetzbuchs (HGB) Folgendes: „Für die Anbahnung wird entsprechend der bewährten Regelung ein Betrag von 114.809,25 DM vereinbart, der sich anhand des Durchschnitts des Zeitraums Juni 1996 bis April 2000 ergibt (siehe auch Tabelle Anlage A)”. Dieser Betrag wurde dem Kl. von der Firma E ab dem 31.10.2000 in 18 Monatsraten ausgezahlt.

Der Kl. reichte am 28.06.2001 seine (nicht zustimmungsbedürftige) USt-Erklärung für 2000 beim Beklagten (Bekl.) ein, in der er den Betrag in Höhe von 114.809,25 DM nicht der USt unterwarf. Der Bekl. führte 2004/2005 eine Außenprüfung bei dem Kl. unter anderem für das Streitjahr 2000 durch. In dem Bericht über die Außenprüfung vom 02.03.2005 führte der Prüfer in Tz. 2.6. sinngemäß aus: Da bezüglich des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters nach § 89b HGB im UStG kein spezieller Leistungsort bestimmt sei, gelte die allgemeine Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 1 UStG. Der Ort der sonstigen Leistung liege im Inland, da der Kl. sein Unternehmen in Deutschland betrieben habe. Die Regelung des § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG sei nicht einschlägig. Sie knüpfe an konkret vermittelte Umsätze an. Der Betrag in Höhe von 114.809,25 DM sei jedoch kein Entgelt für konkret vermittelte Umsätze, sondern eine Gegenleistung, die allgemein für den Aufbau bleibender Kundenbeziehungen gewährt worden sei. Weil der Leistungsort sich nach dem vermittelten Umsatz richte, komme eine Anknüpfung nicht in Betracht, wenn kein Umsatz vermittelt werde. Die Ausgleichszahlung sei daher der USt zu unterwerfen und die USt für 2000 insoweit um 15.835,76 DM (= 8.096,70 Euro) zu erhöhen. Der Bekl. erließ nach Maßgabe der Prüfungsfeststellungen unter dem 26.04.2005 eine gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte USt-Festsetzung für 2000. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde gemäß § 164 Abs. 3 AO aufgehoben.

Der Kl. legte gegen diesen Bescheid am 24.05.2005 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor: Der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB sei Teil der Gegenleistung für seine damaligen Vermittlungsleistungen, die steuerfrei gewesen seien. Er verweise insoweit auch auf das Urteil des Bundesfinanzhof (BFH) vom 25.06.1998 V R 57/97, BFHE 186, 451, BStBl II 1999, 102. Mithin sei der Ausgleichsanspruch nicht der USt zu unterwerfen. Die Ausführungen des Bekl., dass die Regelung des § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG an konkret vermittelte Umsätze anknüpfe, gehe über den Gesetzestext hinaus.

Der Bekl. wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 06.01.2006 als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte er unter Hinweis auf den Aufsatz von Bellstedt in der Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 1994, 301 die Ausführungen in dem Bericht über die Außenprüfung und führte ergänzend aus: In das UStG in der Fassung vom 27.04.1993 sei mit § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG erstmals eine spezielle Regelung für den Ort von Vermittlungsleistungen eingeführt worden. Danach richte sich der Ort der Vermittlungsleistung für einen Geschäftsherrn mit Sitz im Ausland nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG, also nach dem Ort, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt werde. Damit der Ort der Vermittlungsleistung nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG bestimmt werden könne, müsse die Vermittlungsleistung mit einem weiteren Geschäftsvorfall, einem konkret zur Ausführung gelangenden Umsatz im Zusammenhang stehen. Im Umkehrschluss könne daraus nur gefolgert ...

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