rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe wegen ungeklärter und beim BFH anhängiger Fragen der Verfassungsmäßigkeit der Kindergeldregelung für Ausländer

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die verschiedenen beim BFH anhängigen Revisionsverfahren wegen der Verfassungsmäßigkeit der Kindergeldregelung für Ausländer lassen für Prozesskostenhilfeanträge in gleicher Sache eine hinreichende Aussicht auf Erfolg annehmen.

2) Wegen der nach Änderung des Gerichtskostengesetzes in jedem Fall entstehenden Gebührenschuld bei Einreichung einer Klageschrift in Höhe von mindestens 220,00 ist es möglich, den PKH-Antrag im Finanzgerichtsprozess sachlich isoliert von der Klageerhebung zu stellen.

 

Normenkette

EStG § 62; FGO § 142; ZPO § 114; GKG § 6 Abs. 1 Nr. 4 GKG; Aufenthaltsgesetz § 25 Abs. 5

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Antrages auf Gewährung von Kindergeld vom 8. Dezember 2005.

Die Antragstellerin ist b-. ische Staatsangehörige. Sie ist Mutter dreier Kinder (B. *x. April 1998, E. *x. April 2000, F. *x. September 2005). Die Antragstellerin besitzt seit dem 20. Oktober 2005 eine bis zum 19. Oktober 2006 befristete Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Ihren Antrag auf Gewährung von Kindergeld vom 8. Dezember 2005 lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 23. Januar 2006 ab, da die Voraussetzungen des § 62 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht gegeben seien. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 13. März 2006).

Die anwaltlichen Vertreter der Antragstellerin reichten mit Schreiben vom 3. April 2006 einen mit „Prozesskostenhilfe und Klageentwurf” überschriebenen Schriftsatz beim Finanzgericht ein. Sie begehrten darin die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwaltes J.. Desweiteren heißt es in dem Schriftsatz: Wir „verweisen auf die nachstehende Begründung der für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu erhebenden Klage. Nach Bewilligung und für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragen wir…”. Desweiteren enthält der Schriftsatz Ausführungen zur Gewährung von Kindergeld im Falle des Vorliegens einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG. Dem Schritsatz war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin beigefügt. Ebenso lag der Bescheid der Stadt I. vom 28. Februar 2006, wonach die Antragstellerin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) bezieht, und der Gebührenbescheid der Stadt I. vom 21. Dezember 2005 für Räume in Übergangsheimen bei.

Die Antragstellerin beantragt,

die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwaltes J., in E..

Die Antragsgegnerin versteht den Schriftsatz vom 3. April 2006 als Klage, welche sie aus den im Einspruchsverfahren dargelegten Erwägungen als unbegründet ansieht.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist zulässig und begründet.

Der Senat versteht den Schriftsatz vom 3. April 2006 als selbständiges Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin, in dem die Klageerhebung für den Fall der Gewährung von Prozesskostenhilfe lediglich in Aussicht gestellt wird. Eine unzulässige, weil bedingte Klageerhebung (vgl. hierzu z.B. BFH Beschluss vom 19. November 1985 VII B 103/85, BFH/NV 1986, 180, BFH Beschluss vom 3. April 1987 VI B 150/85, BStBl II 1987, 573, BFH Beschluss vom 3. Februar 2005 VII B 304/03, BFH/NV 2005, 1111, aA BFH Beschluss vom 24. August 2001 VI S 5/01, juris) erkennt der Senat hingegen nicht. Das ergibt sich aus der Auslegung des Schriftsatzes, in dem die Vertreter der Antragstellerin nach Auffassung des Senates hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht haben, dass eine Klageerhebung erst nach der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag erfolgen soll.

Ein solcher isolierter Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist – auch schon vor Klageerhebung – zulässig (z.B. BFH Beschluss vom 3. April 1987 VI B 150/85, BStBl II 1987, 573) und im Streitfall auch begründet.

Nach § 142 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn hierfür bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Dies ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachverhaltsdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (z.B. BFH Beschluss vom 8. Juni 1995, IX B 168/94, BFH/NV 1996, 64; BFH Beschluss vom 26. April 1993 VI B 162/92, BFH/...

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