Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung nach Hauptsacheerledigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Für die Entscheidung über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren nach Erledigung der Hauptsache ist der Berichterstatter zuständig.

2) Die Erledigungsgebühr nach dem 1,3-fachen Satz gemäß Nr. 1004 VV-RVG findet im finanzgerichtlichen Verfahren keine Anwendung.

 

Normenkette

VV-RVG Nrn. 1004, 1002; GKG § 66; FGO § 79a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4, § 149

 

Tatbestand

I.

Im Klageverfahren 9 K 3390/07 haben die Beteiligten nach der Zusage einer Teilabhilfe durch das Finanzamt (FA) noch während des vorbereitenden Verfahrens den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Daraufhin hat der Berichterstatter mit Beschluss vom 3. November 2009 die Kosten des Verfahrens zu 69% dem FA und zu 31% den Klägern und Erinnerungsführern (Erinnerungsführer) auferlegt.

In ihrem Kostenfestsetzungsantrag haben die Erinnerungsführer die Erledigungsgebühr nach Nr. 1004 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) nach einem Satz von 1,3 bemessen. Der Urkundsbeamte hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 27. Januar 2010 nur einen Satz von 1,0 (Nr. 1002 VV-RVG) zugrunde gelegt, die zu erstattenden Kosten auf 4.230,06 EUR festgesetzt und den darüber hinaus gehenden Kostenfestsetzungsantrag abgelehnt.

Mit ihrer fristgerecht eingegangenen Erinnerung begehren die Erinnerungsführer weiterhin, die Erledigungsgebühr nach einem Satz von 1,3 zu bemessen. Sie sind der Auffassung, das finanzgerichtliche Verfahren sei als Berufungsverfahren im Sinne dieses Gebührentatbestands anzusehen. Ferner sind sie der Auffassung, dass nicht der Berichterstatter, sondern der Senat über die Erinnerung zu entscheiden hat.

Der Urkundsbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Für die Entscheidung über die Erinnerung ist gemäß § 79a Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 4 FGO nicht der Senat, sondern der Berichterstatter zuständig.

Zwar enthält § 149 FGO für Erinnerungen gegen die Festsetzung des Kostenerstattungsanspruchs – anders als § 66 des Gerichtskostengesetzes (GKG) für Erinnerungen gegen den Ansatz der Gerichtskosten – keine ausdrückliche Zuweisung an den Einzelrichter.

Die gesetzliche Zuständigkeit des Berichterstatters für die Entscheidung über Kosten (§ 79a Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 4 FGO) erstreckt sich jedoch auch auf die Entscheidung über Erinnerungen, sofern die Kostenentscheidung im vorbereitenden Verfahren durch den Berichterstatter getroffen worden ist. Dies war hier der Fall.

Zur Begründung verweist das Gericht auf die ausführlich begründeten Beschlüsse des FG des Saarlandes vom 29. Juli 1994 2 S 69/94 (EFG 1995, 379) und des FG Düsseldorf vom 7. Februar 2001 14 Ko 583/01 (DStRE 2001, 1131). Dabei ist insbesondere hervorzuheben, dass nach der Gegenauffassung für die Zuständigkeitsvorschrift des § 79a Abs. 1 Nr. 5 FGO (Entscheidung „über Kosten”) kein eigener Anwendungsbereich verbliebe, da die Kostengrundentscheidung in Fällen der Klagerücknahme bzw. Hauptsacheerledigung bereits unter § 79a Abs. 1 Nr. 2 oder 3 FGO fiele. Dies entspricht auch der ganz herrschenden Meinung in Finanzgerichtsbarkeit und Literatur (vgl. nur die Beschlüsse des FG Baden-Württemberg vom 1. Juni 1993 6 Ko 3/92, EFG 1994, 52; vom 7. Januar 1994 6 Ko 6/92, EFG 1994, 669, und vom 27. August 2007 8 Ko 1/07, EFG 2007, 1972, unter V.; FG Münster, Beschluss vom 21. April 1994 6 Ko 6774/93, EFG 1994, 671; Seer in Tipke/Kruse, § 79a FGO Tz. 11, Stand Februar 2009; Brandis in Tipke/Kruse, § 149 FGO Tz. 21, Stand Januar 2010; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 79a FGO Rz. 82, Stand Juni 2009).

Dieser instanzgerichtlichen Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit hat sich – zur Parallelvorschrift des § 87a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) angeschlossen (BVerwG-Beschluss vom 13. März 1995 4 A 1/92, NJW 1995, 2179, unter II.1.).

Zum Parallelproblem der Zuständigkeit für Erinnerungen gegen Gerichtskostenfestsetzungen (vor Schaffung der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 66 GKG) wurde von der überwiegenden Meinung zudem dieselbe Auffassung vertreten (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Dezember 1993 6 Ko 12/93, EFG 1994, 668; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. Januar 1996 6 Ko 5/94, EFG 1996, 560; Niedersächsisches FG, Beschluss vom 9. Februar 2001 2 Ko 16/99, EFG 2001, 654).

Der Senat ist nur dann zuständig, wenn die Kostenentscheidung nicht im vorbereitenden Verfahren ergeht, d.h. insbesondere dann, wenn bereits die Kostengrundentscheidung in einem Senatsbeschluss enthalten war (vgl. hierzu FG Münster, Beschluss vom 7. November 2002 15 Ko 4204/02, EFG 2003, 345).

Soweit in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung teilweise die Gegenauffassung vertreten wird (FG Bremen, Beschluss vom 15. Dezember 1994 2 94.238 E2, EFG 1995, 381; FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. Mai 2006 4 Ko 269/06, EFG 2006, 1344; Gräber/Koch, FGO, 6. Auflage 2006, § 79a Rn. 15; Just, DStR 2008, Beihefter zu Heft 40, 77...

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