rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung (AdV) gegen Sicherheitsleistung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes (hier § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG) gewährte AdV kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden, um Steuerausfälle bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Ausgang des verfassungsrechtlichen Streits zu vermeiden.

 

Normenkette

ErbStG 2009 § 13a Abs. 4; EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 2; FGO § 69; GG Art. 3, 100

 

Tatbestand

A.

I. Streitig ist, ob AdV bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens III 375/04 ohne oder nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren ist.

Im Klageverfahren geht es um die Frage, ob der Kläger und Antragsteller (Kläger) durch den Verkauf eines GmbH-Geschäftsanteils am 5. November 1999 Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft erzielt hat (§ 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz in der Fassung des Streitjahrs -EStG-).

II. Hiervon ging der Beklagte und Antragsgegner (das Finanzamt -FA-) in dem im Klageverfahren angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1999 vom 21. Januar 2004 (Einkommensteuer-Akte -ESt-A- Bd. II Bl. 35) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 (ESt-A Bd. II Bl. 198) aus.

Nach der Klage vom 30. November 2004 (Finanzgerichts-Akte -FG-A- III 375/04 Bl. 1) gewährte das FA den Klägern am 14. Februar 2005 AdV unter der aufschiebenden Bedingung der Gestellung von Sicherheiten in Höhe von 817.000 EUR (Rechtsbehelfs-Akte -Rb-A- Bl. 22).

Den wegen der Anordnung der Sicherheitsleistung eingelegten Einspruch wies es mit Einspruchsentscheidung vom 4. April 2005 zurück (FG-A III 73/05 Bl. 22, Rb-A Bl. 40), woraufhin die Kläger am 21. April 2005 ihren AdV-Antrag beim Finanzgericht (FG) eingereicht haben (FG-A III 73/05 Bl. 1).

In der mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2005 hat das FA den angefochtenen Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung auf Antrag der Kläger gemäß § 165 Abgabenordnung (AO) für vorläufig erklärt im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Überprüfung der Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG für das Streitjahr 1999 in dem beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revisionsverfahren IX R 49/04 und im Hinblick auf ein sich möglicherweise daran anschließendes verfassungsgerichtliches Verfahren (Protokoll S. 3; FG-A III 73/05 Bl. 46, III 375/04 Bl. 47).

III. Die Kläger beantragen sinngemäß (FG-A Bl. 46R), die Vollziehung des Einkommensteuerbescheid 1999 vom 21. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 und der Vorläufigkeitserklärung vom 26. Juli 2005 ohne Sicherheitsleistung in Höhe des Steuerbetrags auszusetzen, der sich aus dem Gewinn aus der Veräußerung des GmbH-Anteils für 3 Mio. DM aus der Urkunde vom 5. November 1999 gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG ergibt.

Das FA beantragt (FG-A Bl. 46R), den Antrag abzulehnen.

IV. Das mit Beschluss des Senats vom 18. Mai 2005 auf den Einzelrichter übertragene AdV-Verfahren (FG-A III 73/05 Bl. 30) hat dieser mit Beschluss vom 26. Juli 2005 (FG-A III 73/05 Bl. 50) im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der AdV bei der Besteuerung von Spekulationseinkünften bzw. Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften 1999 (§ 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG) wegen verfassungsrechtlicher Zweifel (Art. 3 Grundgesetz -GG-, § 69 Finanzgerichtsordnung -FGO-) auf den Senat zurückübertragen (§ 6 Abs. 3 FGO).

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands nimmt der Senat Bezug auf das Urteil vom 26. Juli 2005, III 375/04, auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2005 (FG-A III 73/05 Bl. 45) sowie auf die oben bezeichneten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus der vorliegenden Gerichtsakte (FG-A III 73/05) und aus der Klageakte (FG-A III 373/04) sowie aus folgenden Steuerakten: - Einkommensteuer-Akte (ESt-A) Bd. I und II, - Rechtsbehelfs-Akte (Rb-A).

 

Entscheidungsgründe

B.

I. Als Vorfrage der Entscheidung über die streitige AdV-Sicherheitsleistung bestätigt der Senat die vom FA gemäß § 361 AO gewährte AdV der angefochtenen Steuerfestsetzung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit zugleich im Sinne von § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Nach dem Urteil vom 26. Juli 2005, III 375/04, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, bestehen zwar keine ernstlichen Zweifel (mehr) an der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands des Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der vom FA mit der angefochtenen Festsetzung besteuerten Höhe.

2. Jedoch bestehen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

a) Diese war bereits Gegenstand eines Vorlagebeschlusses des BFH an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 16. Juli 2002, IX R 62/99 (BFHE 1999, 451, BStBl II 2003, 74) und dessen Urteils vom 9. März 2004, 2 BvL 17/02, mit dem ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) wegen eines strukturellen Erhebungsdefizits für die Veranlagungszeiträume 199...

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