Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnermittlung der freiberuflichen Einkünfte eines Inhabers einer privaten Lehranstalt. Verteilung der Anschaffungskosten abnutzbarer Wirtschaftsgüter auf die Nutzungsdauer. staatliche Zuschüsse als Betriebseinnahmen oder Kürzung der Anschaffungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es verstößt nicht gegen Art. 7 Abs. 4 GG, daß der Inhaber und Leiter einer privaten Lehranstalt die Einkünfte aus der selbständigen Berufstätigkeit nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln hat. Das Entgelt für den persönlichen Arbeitseinsatz des Unternehmers kann nicht als „Betriebsausgabe” ausgewiesen werden.

2. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, daß bei der Gewinnermittlung die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nicht in einer Summe im Jahre der Verausgabung, sondern verteilt auf die Nutzungsdauer abgeschrieben werden können.

3. Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht ausgeschlossen, staatliche Zuschüsse bei der Ermittlung der Einkünfte als Betriebseinnahmen zu erfassen. Nach allgemeinen steuerrechtlichen Gewinnermittlungsgrundsätzen können Zuschüsse, die zur Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren oder nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gewährt werden, erfolgsneutral ohne Erfassung als Betriebseinnahmen von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen werden.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, 3, § 7; GG Art. 7 Abs. 4

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 13.12.1984; Aktenzeichen IV R 133/82)

Hessisches FG (Urteil vom 09.03.1982; Aktenzeichen IV 109/76)

Hessisches FG (Urteil vom 11.02.1982; Aktenzeichen VI 141/76)

 

Gründe

Es verstößt nicht gegen Art. 7 Abs. 4 GG, daß der Inhaber und Leiter einer privaten Lehranstalt die Einkünfte aus der selbständigen Berufstätigkeit nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln hat. Das geltende Einkommensteuerrecht unterscheidet zwischen nichtbetrieblichen Einkünften und betrieblichen Einkünften, zu denen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbetrieb und aus selbständiger Arbeit gehören. Der Steuergesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit in die Gruppe der Gewinneinkunftsarten einzuordnen und sie den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und aus Gewerbebetrieb als wesentlich gleich an die Seite zu stellen. Dazu war er befugt (vgl. BVerfGE 28, 227 ≪237≫). In der Aufwands- und Ertragsberechnung kann das Entgelt für den persönlichen Arbeitseinsatz des Unternehmers nicht als „Betriebsausgabe” ausgewiesen werden (BVerfGE 13, 331 ≪349≫).

Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, daß bei der Gewinnermittlung die Kosten der Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nicht in einer Summe im Jahre der Verausgabung, sondern nur verteilt während der Nutzungsdauer abgezogen werden können. Das gilt auch bei der Anschaffung von Unterrichtsgegenständen, deren Nutzungsdauer länger als ein Jahr währt.

Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht ausgeschlossen, daß staatliche Zuschüsse bei der Ermittlung der Einkünfte als Betriebseinnahmen zu erfassen sind. Der Steuergesetzgeber muß sie nicht für steuerfrei erklären. Soweit aus Art. 7 Abs. 4 GG ein Anspruch auf staatliche Bezuschussung von Privatschulen abgeleitet werden kann, muß gegebenenfalls bei der Berechnung der Zuschüsse die Steuerpflicht der Einkünfte brücksichtigt werden. Der Steuerpflichtige kann indessen gegenüber den Finanzbehörden nicht einwenden, der Zuschußgeber habe der Steuerpflicht der Einkünfte nicht ausreichend Rechnung getragen.

Nach allgemeinen steuerrechtlichen Gewinnermittlungsgrundsätzen können Zuschüsse, die zur Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren oder nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gewährt werden (vgl. BMWF-Schreiben vom 18. September 1972, DB 1972, S. 1847), erfolgsneutral ohne Erfassung als Betriebseinnahmen von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen werden. Daß aber der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall überhaupt Investitionszuschüsse (und nicht Ertrags- oder Betriebszuschüsse) erhalten hätte und daß ihm verwehrt worden wäre, bei der Gewinnermittlung die Zuschusse von den Investitionskosten abzuziehen, läßt sich der Verfassungsbeschwerde nicht schlüssig entnehmen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1586418

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