Leitsatz (amtlich)

Eine mit der Steuerassistentenprüfung abgeschlossene eineinhalbjährige Ausbildung als Steueranwärter ist der in § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG a. F. vorgesehenen, mit der Ablegung der Gehilfenprüfung abgeschlossenen Lehrzeit im steuerberatenden Beruf nicht gleichzusetzen.

 

Normenkette

StBerG a.F. § 6 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) trat als Steueranwärter in den Dienst der Finanzverwaltung und bestand am 27. September 1963 die Laufbahnprüfung für den mittleren Dienst. Bis zu seinem Ausscheiden aus der Finanzverwaltung am 31. August 1969 war er beim FA zunächst zwei Jahre im Vollstreckungsdienst, dann ein Jahr im Veranlagungsdienst und fortan als Prüfer für Kleinstbetriebe tätig.

Seinen am 28. Mai 1970 gestellten Antrag auf Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung lehnte der Zulassungsausschuß der Beklagten und Revisionsbeklagten (OFD) ab mit der Begründung, der Kläger besitze nicht die Vorbildungsvoraussetzungen, wie sie in § 6 Abs. 1 StBerG für die Zulassung zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter gefordert werden.

Die Klage, mit der begehrt wurde, die Entscheidung des Zulassungsausschusses der OFD aufzuheben und diesen zu verpflichten, den Kläger zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zuzulassen, hatte keinen Erfolg.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision.

Er führt aus, das FG habe seine Ausbildung zum Steuerassistenten nicht als eine mit der Gehilfenprüfung abgeschlossene Lehrzeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG angesehen. Nach der Rechtsprechung sei eine mit der Steuerinspektorenprüfung erfolgreich abgeschlossene Ausbildung als Finanzanwärter der in der genannten Bestimmung vorgesehenen Lehrzeit im steuerberatenden Beruf gleichzuachten. Da die Ausbildung der Steueranwärter teilweise die gleichen Ziele wie die Ausbildung der Finanzanwärter verfolge und diese Ziele weit höher gesteckt seien als die einer kaufmännischen Lehre, müsse auch die Ausbildung zum Steuerassistenten der im § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG vorgeschriebenen Lehrzeit gleichgeachtet werden.

Der Kläger beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die OFD zu verpflichten, ihn zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zuzulassen.

Die OFD beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Das Steuerberatungsgesetz ist zwar inzwischen durch das 2. ÄndStBerG vom 11. August 1972 (BGBl I, 1401 und BStBl I, 432) umfassend geändert worden. Als der Zulassungsausschuß der OFD über den Antrag des Klägers zu befinden hatte, galt aber noch der alte Rechtszustand. Zu entscheiden ist daher, ob der Kläger die Vorbildungsvoraussetzungen erfüllte, die in § 6 StBerG in seiner bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes geltenden Fassung für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung verlangt wurden.

Der Senat stimmt der Auffassung der Vorinstanz zu, daß der Kläger die beruflichen Vorbildungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG, die von einem Prüfungsbewerber für die Steuerbevollmächtigtenprüfung verlangt werden, nicht erfüllt. Hier wird grundsätzlich eine mit der Gehilfenprüfung abgeschlossene Lehre im steuerberatenden, wirtschaftsberatenden oder kaufmännischen Beruf gefordert. Gleichgestellt ist der viersemestrige Besuch einer als geeignet anerkannten Verwaltungsakademie oder einer gleichwertigen Lehranstalt. Über den Gesetzeswortlaut hinaus hat der Senat bisher nur die Ablegung der Bilanzbuchhalterprüfung und die nach dreijähriger Fachausbildung abgelegte Steuerinspektorenprüfung der fachlichen Vorbildungsvoraussetzung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG gleichgestellt (BFH-Urteile vom 8. März 1966 VII 141/65, BFHE 85, 61, BStBl III 1966, 234, und vom 9. Mai 1967 VII 170/65, BFHE 88, 481, BStBl III 1967, 437). Hingegen hat es die Rechtsprechung abgelehnt, diese Gleichsetzung auf die Ausbildung und Prüfung eines Anlernlings als Bürogehilfen auszudehnen (BFH-Urteil vom 22. Dezember 1970 VII R 111/69, BFHE 101, 340, BStBl II 1971, 311).

Die Gleichstellung der Steuerinspektorenprüfung mit der Gehilfenprüfung in steuerberatenden, wirtschaftsberatenden oder kaufmännischen Berufen erschien dem Senat deshalb unbedenklich, weil die vorausgehende, etwa drei Jahre dauernde Finanzanwärterzeit besonders eingehende und umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet des gesamten Steuerrechts vermittelt. Der Senat konnte diese Ausbildung daher als gleichwertig mit den im Gesetz genannten und mit der Gehilfenprüfung abschließenden Berufsausbildungen betrachten. In der Ausbildung des Steueranwärters, die mit der Steuerassistentenprüfung beendet wird, werden zwar ebenfalls steuerliche Kenntnisse vermittelt, aber nicht in dem Umfang wie in der Ausbildung des künftigen Steuerinspektors. Dementsprechend ist die Ausbildungszeit des Steueranwärters wesentlich kürzer. Im Falle des Klägers hat sie nur 1 1/2 Jahre gedauert. Aus diesem Grunde wird im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, die Ausbildungszeit (Vorbereitungsdienst) eines Steueranwärters sei der dreijährigen Lehre eines Gehilfen im steuerberatenden Beruf gleichzusetzen, wenn ihr, was die Regel sei, eine ebenfalls der Ausbildung dienende sog. Jungangestelltenzeit vorausgehe (Killich in NWB, Fach 30, 293, 295). Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann schon deshalb dahinstehen, weil der Kläger eine seiner Ausbildung zum Steuerassistenten vorangehende Jungangestelltenzeit bei der Finanzverwaltung nicht mitgemacht hat, sondern von dieser sofort als Steueranwärter eingestellt worden ist. Der Senat hat aber aus grundsätzlichen Erwägungen Bedenken, die Ausbildung des Steueranwärters mit der abschließenden Steuerassistentenprüfung einer mit der Gehilfenprüfung abschließenden Lehre im steuerberatenden, wirtschaftsberatenden oder kaufmännischen Beruf gleichzusetzen. Die Ausbildung des Steueranwärters trägt in erster Linie den Belangen der Finanzverwaltung und nicht etwa einer späteren steuerberatenden Tätigkeit Rechnung (vgl. §§ 12 bis 14 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Steuerbeamten vom 30. April 1962, (BGBl I, 245, BStBl I, 809). Das Gesetz zieht aber in § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG gerade diese Belange in Betracht und sieht deshalb aus berechtigtem Grunde einen Ersatz der genannten abgeschlossenen Lehrzeit oder des viersemestrigen Besuchs einer Verwaltungsakademie oder gleichwertigen Anstalt nicht vor. Die Gerichte müssen daher hinsichtlich einer erweiternden Auslegung dieser Bestimmung zurückhaltend sein und dürfen den Sinn und Zweck des Gesetzes nicht außer Betracht lassen. So hat es der Senat abgelehnt, den einjährigen Besuch von Finanzschulen und eine zweijährige Tätigkeit bei der Finanzverwaltung als Erfüllung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG anzusehen (BFH-Urteil vom 26. November 1963 VII 239/63 U, BFHE 78, 64, BStBl III 1964, 23). Wird nun vom Gesetz verständlicherweise auf eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung außerhalb der Finanzverwaltung abgestellt, kann eine Ausbildung innerhalb der Finanzverwaltung, die den in § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG genannten Ausbildungswegen nicht offensichtlich gleichwertig ist, nicht als Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen beruflichen Vorbildungsvoraussetzungen eines Steuerbevollmächtigten betrachtet werden. Der Senat kann daher die mit der Steuerassistentenprüfung abschließende Ausbildung eines Steueranwärters nicht als eine berufliche Vorbildungsvoraussetzung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG anerkennen.

 

Fundstellen

BStBl II 1973, 425

BFHE 1973, 561

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