Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Eine mit der Steuerinspektorprüfung erfolgreich abgeschlossene dreijährige Ausbildung als Finanzanwärter ist der in § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG vorgesehenen, mit Ablegung der Gehilfenprüfung abgeschlossenen Lehrzeit im steuerberatenden Beruf gleichzuachten.

 

Normenkette

StBerG § 6 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Der Kläger begann nach Ablegung der Reifeprüfung seine Ausbildung als Finanzanwärter am 1. April 1957. Nach bestandener Steuerinspektorprüfung wurde er zum a. p. Steuerinspektor ernannt und bis zu seinem Ausscheiden aus der Finanzverwaltung am 1. Juli 1962 als Sachbearbeiter bei einem Finanzamt (FA) verwendet. Danach war er ein Jahr lang als Referent für Rechts und Steuerfragen beim ... und seitdem als Hauptsachbearbeiter bei einem Steuerbevollmächtigten beschäftigt.

Seinen Antrag vom 9. Dezember 1964 auf Zulassung zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter lehnte der Zulassungsausschuß bei der Oberfinanzdirektion (OFD) mit der Begründung ab, daß der Bewerber zwar die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (StBerG), nicht jedoch die der Nr. 2 erfülle, da er eine einschlägige Lehre nicht durchgemacht habe.

Auf die Berufung des Klägers hob das Finanzgericht (FG) die angefochtene Entscheidung auf und erkannte dahin, daß der Kläger zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter zuzulassen sei.

Mit ihrer nunmehr als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde macht die OFD folgendes geltend:

Der Kläger habe keine ordnungsmäßige mit der Gehilfenprüfung abgeschlossene Lehrzeit der in § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG genannten Art durchgemacht und auch keine Verwaltungsakademie oder gleichwertige Lehranstalt vier Semester lang besucht. Ein Ersatz dieser abschließend aufgezählten "Bedingungen" sei im Gesetz nicht vorgesehen. Entgegen der Ansicht des FG sei § 6 Abs. 2 Nr. 2 StBerG nicht im Zusammenhang mit Abs. 1 a. a. O. zu betrachten, sondern gesondert für sich, weil der Gesetzgeber im Wissen um die andere Vorbildung der ehemaligen Angehörigen der Finanzverwaltung eine Sondervorschrift habe erlassen müssen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision kann keinen Erfolg haben.

Da der Kläger die Reifeprüfung abgelegt und nach Ablegung der Steuerinspektorprüfung über vier Jahre hauptberuflich auf dem Gebiet des Steuerwesens tätig gewesen ist, erfüllt er die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 geforderten Voraussetzungen für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung. Daher hängt die Entscheidung des Streitfalles davon ab, ob bei ihm die in Nr. 2 a. a. O. geforderte Voraussetzung als durch die dreijährige Ausbildung als Finanzanwärter erfüllt angesehen werden kann. Diese Bestimmung verlangt vor der hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens eine Ausbildung auf bestimmten Fachgebieten, also eine gewisse fachliche Ausbildung. Das Gesetz läßt hierfür wahlweise drei Formen zu, nämlich eine ordnungsmäßige Lehrzeit im steuerberatenden, wirtschaftsberatenden oder kaufmännischen Beruf mit Abschluß durch die Gehilfenprüfung oder den viersemestrigen Besuch einer als geeignet anerkannten Verwaltungsakademie oder einer gleichwertigen Lehranstalt. Der Kläger hat zwar weder die eine noch die andere der genannten Formen der Ausbildung aufzuweisen, doch ist der Senat der Auffassung, daß eine dreijährige Ausbildungszeit als Finanzanwärter mit Abschluß durch die Steuerinspektorprüfung einer Lehrzeit im steuerberatenden Beruf mit Ablegung der Gehilfenprüfung im Sinne des Gesetzes gleichzuachten ist. Denn im Mittelpunkt der Ausbildung als Finanzanwärter steht die Unterweisung auf allen Gebieten des Steuerwesens, und die den Abschluß bildende Inspektorprüfung ist die Grundlage für die Verwendung im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung. Damit erweist sich diese abgeschlossene Ausbildung als der im Gesetz als Zulässigkeitsvoraussetzung aufgeführten Lehrzeit mehr als gleichwertig. Der vorliegende Fall unterscheidet sich also dadurch, daß der Bewerber eine durch Prüfung abgeschlossene Ausbildung hat, wesentlich von dem im Urteil des erkennenden Senats VII 239/63 U vom 26. November 1963 (BStBl 1964 III S. 23) entschiedenen Fall, in dem es der Bewerber an einer solchen Abschlußprüfung und damit dem Nachweis einer erfolgreich vollendeten Ausbildung mangelte und für den der Senat daher die Möglichkeit der Ersetzung der vorgeschriebenen Ausbildung verneint hat.

Demnach hat die Vorinstanz zu Recht die ablehnende Entscheidung des Zulassungsausschusses aufgehoben und ausgesprochen, daß der Kläger zur Prüfung zuzulassen ist. Daher war die Revision der OFD als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1966, 234

BFHE 1966, 61

BFHE 85, 61

StRK, StBG:6 R 14

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