Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerbefreiung für den Denkmalschutz

 

Leitsatz (NV)

Zu den Anforderungen einer Widmung zur Denkmalpflege.

 

Normenkette

GrEStG NW § 4 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 4. Mai 1982 erwarben die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) je zur Hälfte ein bebautes Grundstück. Auf Antrag der Kläger vom 8. Juli 1982 wurde das Gebäude am 8. November 1983 vorläufig in die Denkmalliste der Stadt eingetragen. Die endgültige Eintragung erfolgte am 9. Dezember 1986. Für den Erwerb beantragten die Kläger die Befreiung von Grunderwerbsteuer nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des damals geltenden nordrhein-westfälischen Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG (NW) -. Im Rahmen der Antragstellung versicherten die Kläger, im Jahr des Grundstückserwerbs und in den folgenden drei Kalenderjahren erhebliche Beträge für Baumaßnahmen an dem erworbenen Baudenkmal vorzunehmen und den entsprechenden Nachweis durch eine Bescheinigung der Unteren Denkmalbehörde bis zum 30. September 1986 zu erbringen. Mit interner Verfügung vom 21. Oktober 1982 entsprach der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) dem Antrag und setzte die Festsetzung der Grunderwerbsteuer vorläufig aus.

Nachdem das Bauverwaltungsamt der Stadt als Untere Denkmalbehörde dem FA mitgeteilt hatte, daß es die entsprechende Bescheinigung nicht ausstellen werde, weil die Kläger entsprechende Aufwendungen nach §§ 82i und 82k der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) nicht nachgewiesen hätten, setzte das FA mit Bescheiden vom 25. Juli 1986 für jeden der Kläger Grunderwerbsteuer fest.

Hiergegen richtete sich die Klage, mit der geltend gemacht wurde, daß die Voraussetzungen für eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (NW) erfüllt seien. Sie trugen hierbei u.a. vor, der Veräußerer des Grundstücks, das Land Nordrhein-Westfalen, habe die gesamte Außenfläche des Gebäudes bearbeiten und streichen lassen, so daß die Erhaltung der schützenswerten Außensubstanz auf Dauer gewährleistet gewesen sei. Zudem hätten sie selbst bauliche Maßnahmen ergriffen, deren Schwerpunkt bei der Erneuerung von Versorgungsleitungen für Gas, Wasser und Heizung, Ersatz von Heizkörpern und Teilen der Heizungsanlage, Erneuerung der Gegensprechanlage, Erneuerung von Dachbelägen usw. gelegen habe. Nach ihrer Auffassung dienten diese Baumaßnahmen der Denkmalpflege und sollten die langfristige Erhaltung der Gebäudesubstanz gewährleisten.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und die Grunderwerbsteuerbescheide und die diese bestätigende Einspruchsentscheidung aufgehoben. Die Kläger hätten die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (NW) erfüllt. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2. August 1989 II R 136/86 (BFH/NV 1990, 593) seien die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift jedenfalls nicht schon dann erfüllt, wenn ein geschütztes oder schützenswertes Baudenkmal lediglich erworben werde. Das Vorliegen der Absicht der Widmung zur Denkmalpflege müsse durch äußerlich erkennbare Handlungen manifestiert werden. Da nach der ursprünglichen Intention der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen die Eintragung in die Denkmalliste zur Steuerbefreiung führen sollte und auf diese Alternative nur deshalb verzichtet worden sei, weil es 1970 in Nordrhein-Westfalen eine derartige Liste noch nicht gegeben habe, sei die Vorschrift dahingehend auszulegen, daß die Befreiung von der Grunderwerbsteuer dann zu gewähren sei, wenn der Erwerber eines noch nicht in die Denkmalliste eingetragenen Grundstücks beim Erwerb die Absicht zur Eintragung habe und das Eintragungsverfahren mit Erfolg betreibe. Im Streitfall hätten die Kläger diese Absicht durch das mit Erfolg betriebene Eintragungsverfahren manifestiert.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Mit dieser wird die unrichtige Anwendung des § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (NW) gerügt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Das FG hat § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (NW) unrichtig angewendet.

Nach dieser Vorschrift war u.a. befreit der Erwerb eines Grundstücks, um es mit Zustimmung der zuständigen Denkmalschutzbehörde der Denkmalpflege zu widmen.

Das Gesetz enthielt allerdings keine Regelung über eine von der Denkmalschutzbehörde zu erteilende Bescheinigung und auch keine Einschränkung auf bestimmte denkmalpflegerische Maßnahmen. Das Tatbestandsmerkmal der Denkmalpflege ... zu widmen macht aber deutlich, daß vom Gesetzgeber eine der Denkmalpflege dienende und förderliche Nutzung oder Behandlung des Baudenkmals verlangt wird, die über den bloßen Erwerb desselben hinausgeht. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung sind also nicht schon dann erfüllt, wenn ein geschütztes oder schützenswertes Baudenkmal lediglich erworben wird. Eine Widmung zur Denkmalpflege im Sinne der Befreiungsvorschrift kann vielmehr durch jede den Zielen der Denkmalpflege besonders förderliche Nutzung oder Behandlung des Baudenkmals erreicht werden, sofern diese über die bloße Einhaltung ohnehin bestehender Nutzungsbeschränkungen oder Auflagen hinausgeht, nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung ist und auf langfristige Erhaltung angelegt ist. Diese Widmung muß die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde gefunden haben. Das erfordert zumindest, daß unter Mitwirkung und in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde eine fachlich sinnvolle denkmalpflegerische Konzeption entwickelt wurde, die über den bloßen Erwerb und die Einhaltung bestehender Vorschriften hinausgeht. Die Widmungsabsicht muß bereits im Erwerbszeitpunkt vorliegen. Zwischen Erwerb und Widmungsabsicht muß ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestehen (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1984 II R 28/84, BFHE 142, 173, BStBl II 1985, 101). Das Vorliegen dieser Widmungsabsicht muß durch äußerlich erkennbare Handlungen manifestiert und bestätigt werden. Die Widmungsabsicht ist planmäßig in die Tat umzusetzen. Diese Rechtsauffassung, die dem Senatsurteil in BFH/NV 1990, 593 zugrunde liegt, hat der Senat in seinen Entscheidungen vom 13. Januar 1993 II R 83/89 und II R 112/90 (BFH/NV 1994, 121 und 122) beibehalten. Auch nach nochmaliger Überprüfung hält er daran fest.

Das FG geht zwar zunächst von der Rechtsauffassung des erkennenden Senats in dem Urteil in BFH/NV 1990, 593 aus. Zu Unrecht sieht es jedoch die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung bereits dann als erfüllt an, wenn der Erwerber eines noch nicht in die Denkmalliste eingetragenen Grundstücks beim Erwerb die Absicht zur Eintragung hatte und das Eintragungsverfahren mit Erfolg betreibt. Dies steht im Widerspruch zur oben dargelegten Auffassung des Senats, der auch beim Erwerb eines schützenswerten (= zum Erwerbszeitpunkt noch nicht geschützten) Objekts eine denkmalpflegerische Konzeption verlangt, die über den bloßen Erwerb und die Einhaltung - sich in diesem Fall nach Eintragung in die Denkmalliste ergebender - denkmalpflegerischer Verpflichtungen hinausgeht. Die entgegenstehende Auffassung des FG kann auch nicht aus der Gesetzgebungsgeschichte abgeleitet werden. Aus der Streichung der im Regierungsentwurf ursprünglich vorgesehenen Steuerbefreiung auch für den Erwerb eines Grundstücks, um es durch Eintragung in ein amtliches Denkmalverzeichnis unter Schutz zu stellen durch den Gesetzgeber, kann entgegen der Auffassung des FG nicht geschlossen werden, daß der Gesetzgeber gleichwohl diesen Tatbestand - dessen Verwirklichung erst durch das später in Kraft getretene DSchG ermöglicht wurde - in seinen Willen mitaufgenommen habe (Senatsentscheidung vom 13. Januar 1993 II R 112/90, BFH/NV 1994, 122).

2. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Das FG hat - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die eine abschließende Entscheidung darüber ermöglichen, ob nach den vom Senat aufgestellten Grundsätzen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind oder nicht. Die Sache wird daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 659

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