Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerbefreiung für den Denkmalschutz

 

Leitsatz (NV)

Zu einer in Abstimmung mit der Denkmalbehörde entwickelten fachlich sinnvollen denkmalpflegerischen umsatzfähigen Konzeption gehört (auch) ihre Vereinbarkeit mit dem sonstigen öffentlichen Recht, insbesondere dem Baurecht.

 

Normenkette

GrEStG NW § 4 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 2. Dezember 1980 erwarb der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) den teilweise mit alten baulichen Anlagen bebauten Grundbesitz .... Der Kaufpreis betrug 100000 DM. Wenige Wochen nach dem Erwerb betrieb der Kläger die Unterschutzstellung des Objekts im Sinne des Denkmalschutzgesetzes. Im Juli 1981 beantragte der Kläger beim Bauordnungsamt eine Nutzungsänderung. Die entsprechenden Unterlagen leitete das Bauordnungsamt der Denkmalbehörde zur Stellungnahme zu. Die Untere Denkmalbehörde stellte auf Grund einer Ortsbesichtigung mit dem Amt für Denkmalpflege das Benehmen zur Unterschutzstellung her. Der Kläger ergriff zur Sanierung des Objekts Baumaßnahmen, ohne die dafür erforderliche Baugenehmigung zu besitzen. Die Baumaßnahmen wurden ihm daher vom Bauordnungsamt am 25. Juni 1981 untersagt. Wie der Kläger vorträgt, wurde ihm auch in der Folge die erforderliche Baugenehmigung nicht erteilt. Am 20. November 1981 ordnete die Untere Denkmalbehörde nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (DSchG) vom 11. März 1980 die vorläufige Unterschutzstellung des Objekts an. Dieses galt damit als vorläufig in die Denkmalliste eingetragen.

Der Kläger beantragte am 23. Januar 1981 beim beklagten Finanzamt (FA) für seinen Grundstückserwerb die Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des damals geltenden nordrhein-westfälischen Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Mit Schreiben vom 6. Juni 1984 teilte das Bauverwaltungsamt dem FA mit, daß die dem Kläger nach dem Runderlaß des Ministers für Landesplanung und Stadtentwicklung vom 9. Oktober 1980 zur Verfügung stehende Frist, das Objekt der Denkmalpflege zu widmen, am 31. Dezember 1983 abgelaufen sei. Die Widmung sei deshalb nicht verwirklicht worden, weil der Kläger Aufwendungen i.S. der §§ 82i und 82k der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) nicht nachgewiesen habe. Einer Grunderwerbsteuerbefreiung könne deshalb von seiten der Denkmalbehörde nicht zugestimmt werden. Daraufhin setzte das beklagte FA durch Bescheid vom 6. Juli 1984 Grunderwerbsteuer in Höhe von 7000 DM gegen den Kläger fest.

Hiergegen richtete sich die Klage, mit der geltend gemacht wurde, daß die Voraussetzungen für eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG erfüllt seien.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und den Grunderwerbsteuerbescheid und die diesen bestätigende Einspruchsentscheidung aufgehoben. Der Kläger habe die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG erfüllt. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2. August 1989 II R 136/86 (BFH/NV 1990, 593) seien die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift jedenfalls nicht schon dann erfüllt, wenn ein geschütztes oder schützenswertes Baudenkmal lediglich erworben werde. Das Vorliegen der Absicht der Widmung zur Denkmalspflege müsse durch äußerlich erkennbare Handlungen manifestiert und bestätigt werden. Da nach der ursprünglichen Intention der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen die Eintragung in die Denkmalliste zur Steuerbefreiung führen sollte und auf diese Alternative im Gesetzentwurf nur deshalb verzichtet worden sei, weil es 1970 in Nordrhein-Westfalen eine derartige Liste noch nicht gegeben habe, sei die Vorschrift dahingehend auszulegen, daß die Befreiung von der Grunderwerbsteuer dann zu gewähren sei, wenn der Erwerber eines noch nicht in die Denkmalliste eingetragenen Grundstücks beim Erwerb die Absicht zur Eintragung habe und das Eintragungsverfahren mit Erfolg betreibe. Im Streitfall habe der Kläger bereits wenige Wochen nach Erwerb des Grundstücks das Eintragungsverfahren betrieben.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Mit dieser wird unrichtige Anwendung des § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG gerügt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Das FG hat § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG unrichtig angewendet.

Nach dieser Vorschrift war u.a. befreit der Erwerb eines Grundstücks, um es mit Zustimmung der Denkmalschutzbehörde der Denkmalpflege zu widmen. Das Tatbestandsmerkmal ... der Denkmalpflege ... zu widmen ... macht deutlich, daß vom Gesetzgeber eine der Denkmalpflege dienende und förderliche Behandlung des Baudenkmals verlangt wird, die über den bloßen Erwerb desselben hinausgeht. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung sind also nicht schon dann erfüllt, wenn ein geschütztes oder schützenswertes Baudenkmal lediglich erworben wird. Eine Widmung zur Denkmalpflege im Sinne der Befreiungsvorschrift kann vielmehr durch jede den Zielen der Denkmalpflege besonders förderliche Nutzung oder Behandlung des Baudenkmals erreicht werden, sofern diese über die bloße Einhaltung ohnehin bestehender gesetzlicher Nutzungsbeschränkungen oder Auflagen hinausgeht, nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung ist und auf langfristige Erhaltung angelegt ist. Diese Widmung muß die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde gefunden haben. Das erfordert zumindest, daß unter Mitwirkung und in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde eine fachlich sinnvolle denkmalpflegerische Konzeption entwickelt wurde, die über den bloßen Erwerb und die Einhaltung bestehender Vorschriften hinausgeht. Die Widmungsabsicht muß bereits im Erwerbszeitpunkt vorliegen. Zwischen Erwerb und Widmungsabsicht muß ein zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang bestehen (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1984 II R 28/84, BFHE 142, 173, BStBl II 1985, 101). Das Vorliegen dieser Widmungsabsicht muß durch äußerlich erkennbare Handlungen manifestiert und bestätigt werden. Die Widmungsabsicht ist planmäßig in die Tat umzusetzen. An dieser Rechtsauffassung, die dem Senatsurteil vom 2. August 1989 II R 136/86 (BFH/NV 1990, 593) zugrunde liegt, hält der Senat fest.

Das FG geht zwar zunächst von der Rechtsauffassung des erkennenden Senats in dem Urteil in BFH/NV 1990, 593 aus, zu Unrecht sieht es jedoch die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung bereits dann als erfüllt an, wenn der Erwerber eines noch nicht in die Denkmalliste eingetragenen Grundstücks beim Erwerb die Absicht zur Eintragung hatte und das Eintragungsverfahren mit Erfolg betreibt. Dies steht in Widerspruch zur oben dargelegten Auffassung des Senats, der auch beim Erwerb eines schützenswerten (=zum Erwerbszeitpunkt noch nicht geschützten) Objekts eine denkmalpflegerische Konzeption verlangt, die über den bloßen Erwerb und die Einhaltung - sich in diesem Fall nach Eintragung in die Denkmalliste ergebender - denkmalpflegerischer Verpflichtungen hinausgeht. Die entgegenstehende Auffassung des FG kann auch nicht aus der Gesetzgebungsgeschichte abgeleitet werden. Aus der Streichung der im Regierungsentwurf ursprünglich vorgesehenen Steuerbefreiung auch für den Erwerb eines Grundstücks, um es durch Eintragung in ein amtliches Denkmalverzeichnis unter Schutz zu stellen durch den Gesetzgeber, kann entgegen der Auffassung des FG nicht geschlossen werden, daß der Gesetzgeber gleichwohl diesen Tatbestand - dessen Verwirklichung erst durch das später in Kraft getretene DSchG ermöglicht wurde - in seinen Willen mitaufgenommen habe.

2. Die Klage ist abzuweisen. Die dargelegten Voraussetzungen für die Steuerbefreiung werden im Streitfall nicht erfüllt. Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt, an den der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, hat der Kläger zwar ein schützenswertes Objekt erworben. Eine in Abstimmung mit der Denkmalbehörde entwickelte fachlich sinnvolle denkmalpflegerische umsetzungsfähige Konzeption, die nach der Auffassung des Senats notwendige Voraussetzung der Widmungsabsicht ist, lag im Streitfall nicht vor. Dies wird schon daran deutlich, daß der Kläger in zeitlichem Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb ein den dargelegten Anforderungen genügendes denkmalschützerisches Konzept nicht in die Tat umgesetzt hat bzw. - wie er vorträgt - nicht umsetzen konnte. Zu einer derartigen umsetzungsfähigen denkmalschützerischen Konzeption gehört (auch) ihre Vereinbarkeit mit dem sonstigen öffentlichen Recht, insbesondere dem Baurecht. Im Streitfall hat aber offenbar eine solche Konzeption, die planmäßig in die Tat hätte umgesetzt werden können, gerade nicht vorgelegen, da der Kläger mangels erteilter Baugenehmigung bzw. Baugenehmigungsfähigkeit die von ihm möglicherweise vorgesehenen denkmalpflegerischen Maßnahmen nicht verwirklichen konnte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418943

BFH/NV 1994, 122

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