Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerbefreiung für den Denkmalschutz

 

Leitsatz (NV)

Wird mit Umbaumaßnahmen lange vor Antragstellung bei der Denkmalschutzbehörde begonnen, so zeigt dieses Verhalten, daß zum Erwerbszeitpunkt eine Widmungsabsicht nicht vorlag und dementsprechend auch nicht planmäßig in die Tat umgesetzt werden konnte.

 

Normenkette

GrEStG NW § 4 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb zusammen mit Herrn X durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 11. Oktober 1982 ein aus drei Wohnungen bestehendes Mehrfamilienhaus in Z. Je eine der Wohnungen erwarben der Kläger und X zum Alleineigentum, die verbleibende dritte als Miteigentümer je zur Hälfte. Am 21. Oktober 1982 beantragten der Kläger und X für die gemeinsam erworbene Wohnung Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des damals geltenden nordrhein-westfälischen Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG (NW) -.

Am 10. Januar 1983 beantragte der Kläger bei der Unteren Denkmalbehörde, das Mehrfamilienhaus in die Denkmalliste einzutragen. Der Antrag wurde am 12. April 1983 abgelehnt. Die Eintragung erfolgte schließlich am 2. Juni 1987, nachdem das Verwaltungsgericht die Untere Denkmalbehörde verpflichtet hatte, das Haus in die Denkmalliste einzutragen. In den Jahren 1982 und 1983 waren an dem Gebäude umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten durchgeführt worden.

Da der Kläger die Denkmaleigenschaft des Gebäudes und dessen Widmung zur Denkmalpflege nicht durch eine Bescheinigung nach § 40 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (DSchG) vom 11. März 1980 nachgewiesen hatte, setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) mit Bescheid vom 20. Juni 1983 gegen ihn für seinen hälftigen Anteil an der Wohnung Grunderwerbsteuer in Höhe von ... DM fest.

Hiergegen richtete sich die Klage, mit der geltend gemacht wurde, daß die Voraussetzungen für eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (NW) erfüllt seien. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und den Grunderwerbsteuerbescheid und die diesen bestätigende Einspruchsentscheidung aufgehoben. Der Kläger habe die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (NW) erfüllt. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2. August 1989 II R 136/86 (BFH/NV 1990, 593) seien die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift jedenfalls nicht schon dann erfüllt, wenn ein geschütztes oder schützenswertes Baudenkmal lediglich erworben werde. Das Vorliegen der Absicht der Widmung zur Denkmalpflege müsse durch äußerlich erkennbare Handlungen manifestiert werden. Da nach der ursprünglichen Intention der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen die Eintragung in die Denkmalliste zur Steuerbefreiung führen sollte und auf diese Alternative nur deshalb verzichtet worden sei, weil es 1970 in Nordrhein-Westfalen eine derartige Liste noch nicht gegeben habe, sei die Vorschrift dahingehend auszulegen, daß die Befreiung von der Grunderwerbsteuer dann zu gewähren sei, wenn der Erwerber eines noch nicht in die Denkmalliste eingetragenen Grundstücks beim Erwerb die Absicht zur Eintragung habe und das Eintragungsverfahren mit Erfolg betreibe. Im Streitfall habe der Kläger diese Absicht durch das mit Erfolg betriebene Eintragungsverfahren manifestiert.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Mit dieser wird die unrichtige Anwendung des § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (NW) gerügt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Das FG hat § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG (NW) unrichtig angewendet.

Nach dieser Vorschrift war u.a. befreit der Erwerb eines Grundstücks, um es mit Zustimmung der zuständigen Denkmalschutzbehörde der Denkmalpflege zu widmen.

Das Gesetz enthielt allerdings keine Regelung über eine von der Denkmalschutzbehörde zu erteilende Bescheinigung und auch keine Einschränkung auf bestimmte denkmalpflegerische Maßnahmen. Das Tatbestandsmerkmal der Denkmalpflege ... zu widmen macht aber deutlich, daß vom Gesetzgeber eine der Denkmalpflege dienende und förderliche Nutzung oder Behandlung des Baudenkmals verlangt wird, die über den bloßen Erwerb desselben hinausgeht. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung sind also nicht schon dann erfüllt, wenn ein geschütztes oder schützenswertes Baudenkmal lediglich erworben wird. Eine Widmung zur Denkmalpflege im Sinne der Befreiungsvorschrift kann vielmehr durch jede den Zielen der Denkmalpflege besonders förderliche Nutzung oder Behandlung des Baudenkmals erreicht werden, sofern diese über die bloße Einhaltung ohnehin bestehender Nutzungsbeschränkungen oder Auflagen hinausgeht, nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung ist und auf langfristige Erhaltung angelegt ist. Diese Widmung muß die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde gefunden haben. Das erfordert zumindest, daß unter Mitwirkung und in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde eine fachlich sinnvolle denkmalpflegerische Konzeption entwickelt wurde, die über den bloßen Erwerb und die Einhaltung bestehender Vorschriften hinausgeht. Die Widmungsabsicht muß bereits im Erwerbszeitpunkt vorliegen. Zwischen Erwerb und Widmungsabsicht muß ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestehen (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1984 II R 28/84, BFHE 142, 173, BStBl II 1985, 101). Das Vorliegen dieser Widmungsabsicht muß durch äußerlich erkennbare Handlungen manifestiert und bestätigt werden. Die Widmungsabsicht ist planmäßig in die Tat umzusetzen. Diese Rechtsauffassung, die dem Senatsurteil in BFH/NV 1990, 593 zugrunde liegt, hat der Senat in seinen Entscheidungen vom 13. Januar 1993 II R 83/89 und II R 112/90 (BFH/NV 1994, 121 und 122) beibehalten. Auch nach nochmaliger Überprüfung hält er daran fest.

Das FG geht zwar zunächst von der Rechtsauffassung des erkennenden Senats in dem Urteil in BFH/NV 1990, 593 aus. Zu Unrecht sieht es jedoch die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung bereits dann als erfüllt an, wenn der Erwerber eines noch nicht in die Denkmalliste eingetragenen Grundstücks beim Erwerb die Absicht zur Eintragung hatte und das Eintragungsverfahren mit Erfolg betreibt. Dies steht in Widerspruch zur oben dargelegten Auffassung des Senats, der auch beim Erwerb eines schützenswerten (= zum Erwerbszeitpunkt noch nicht geschützten) Objekts eine denkmalpflegerische Konzeption verlangt, die über den bloßen Erwerb und die Einhaltung - sich in diesem Fall nach Eintragung in die Denkmalliste ergebender - denkmalpflegerischer Verpflichtungen hinausgeht. Die entgegenstehende Auffassung des FG kann auch nicht aus der Gesetzgebungsgeschichte abgeleitet werden. Aus der Streichung der im Regierungsentwurf ursprünglich vorgesehenen Steuerbefreiung auch für den Erwerb eines Grundstücks, um es durch Eintragung in ein amtliches Denkmalverzeichnis unter Schutz zu stellen durch den Gesetzgeber, kann entgegen der Auffassung des FG nicht geschlossen werden, daß der Gesetzgeber gleichwohl diesen Tatbestand - dessen Verwirklichung erst durch das später in Kraft getretene DSchG ermöglicht wurde - in seinen Willen mitaufgenommen habe (Senatsentscheidung vom 13. Januar 1993 II R 112/90, NV).

2. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen. Die dargelegten Voraussetzungen für die Steuerbefreiung werden im Streitfall nicht erfüllt. Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt, an den der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, hat der Kläger zwar - wie die verwaltungsgerichtliche Entscheidung aufgezeigt hat - ein schützenswertes Objekt erworben. Der Kläger hat auch zusammen mit X umfangreiche Baumaßnahmen an dem Gebäude vorgenommen. Mit den Baumaßnahmen wurde jedoch bereits im Jahre 1982 begonnen. Damit hat der Kläger mehrere Monate vor Stellung des Antrags auf Eintragung in die Denkmalliste umfangreiche Baumaßnahmen begonnen und durchgeführt. Diese Baumaßnahmen erfolgten mithin, ohne daß sie den Beschränkungen des Denkmalschutzrechts unterlagen. Da sie ohne Abstimmung mit und demnach ohne Kenntnis der Denkmalschutzbehörde durchgeführt wurden, konnten sie auch sonst in keiner Weise von der Denkmalschutzbehörde beeinflußt werden. Die später (nach Antragstellung) erfolgte rechtswidrige Weigerung der Denkmalschutzbehörde ändert hieran nichts, denn der Baubeginn lange vor Antragstellung zeigt, daß eine den vom Senat entwickelten Grundsätzen entsprechende Widmungsabsicht zum Erwerbszeitpunkt nicht vorlag und dementsprechend auch nicht planmäßig in die Tat umgesetzt werden konnte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419383

BFH/NV 1994, 403

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