Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH

 

Leitsatz (NV)

1. Die Beschwerde gegen den Beschluß, mit dem nach Beendigung der Instanz die vorher beantragte PKH abgelehnt worden ist, ist unbegründet, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den in der Sache ergangenen Beschluß verworfen wurde und die geltend gemachten Gründe für eine zulassungsfreie Revision nicht vorliegen.

2. Zu den in §116 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 FGO genannten Gründen für eine zulassungsfreie Revision.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nrn. 2-3, § 142; ZPO § 114

 

Tatbestand

Der Beklagte (das Finanzamt -- FA --) hat die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) als Haftende für Umsatzsteuern einer GmbH in Anspruch genommen, deren alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin sie war. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage im 2. Rechtsgang abgewiesen. Die Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 24. Juli 1996 (Eingang beim FG am 7. August 1996) unter Beifügung der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für ihren Rechtsstreit. Das FG entschied darüber erst, nachdem es im Hauptverfahren die mündliche Verhandlung vom 24. Juli am 16. Oktober 1996 fortgesetzt, die restlichen Zeugen vernommen und den Rechtsstreit durch ein klageabweisendes Urteil entschieden hatte.

Das FG führte aus, die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe im Zeitpunkt der Bewilligungsreife, der entscheidend für die Beurteilung der Erfolgsaussicht sei, keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Die Bewilligungsreife sei frühestens am 16. Oktober 1996 eingetreten. Es sei nämlich erforderlich gewesen, die Vermögensverhältnisse der Antragstellerin näher aufzuklären, weil die Möglichkeit bestanden habe, daß sie noch über freies Vermögen verfüge. Die diesbezüglich an das FA gerichtete Anfrage sei von diesem am 16. Oktober 1996 beantwortet worden. Die zur Stellungnahme aufgeforderte Antragstellerin habe dazu am 11. November 1996 Stellung genommen. Gleich ob als Zeitpunkt der Bewilligungsreife der 16. Oktober oder der 11. November 1996 angenommen werde, habe die Rechtsverfolgung zu beiden Zeitpunkten keine Aussicht auf Erfolg gehabt, weil sich durch die Einvernahme der Zeugen in den Terminen zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 24. Juli und am 16. Oktober 1996 ergeben habe, daß die Klage keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe.

Mit ihrer gegen die Vorentscheidung gerichteten Beschwerde macht die Antragstellerin im wesentlichen geltend, die Bewilligungsreife habe nicht erst am 16. Oktober, sondern spätestens am 19. August 1996 mit dem Eingang der ersten Stellungnahme des FA vorgelegen. Es sei nicht erforderlich gewesen, den Verbleib eines aus der Reduzierung der Haftungsschuld im Jahre 1990 resultierenden Betrages von 20 000 DM aufzuklären, weil sich die Vermögensverhältnisse im Jahre 1996 eindeutig aus der eingereichten Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergäben. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß die Anfrage über den Verbleib des Betrages erst am 15. Oktober 1996 -- also einen Tag vor dem Termin zur Einvernahme der letzten beiden Zeugen -- an das FA gerichtet worden sei. Bereits am folgenden Tage sei dem FG vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung die Stellungnahme des FA übergeben worden. Das FG hätte also vor Einvernahme der Zeugen positiv über den PKH-Antrag entscheiden können.

Die Antragstellerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und ihr rückwirkend zum 7. August 1996 (Eingang des Antrags und der Unterlagen) PKH zu gewähren.

Das FA führt in seiner Stellungnahme zu der Beschwerde im einzelnen aus, daß die Beschwerde unbegründet sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Es bestehen bereits Zweifel, ob die Beschwerde -- noch -- zulässig ist. Mit der Beendigung der Instanz erledigt sich grundsätzlich auch der Antrag auf Bewilligung von PKH bzw. die gegen deren Versagung eingelegte Beschwerde (vgl. Bundesfinanzhof -- BFH --, Beschlüsse vom 9. Februar 1988 VII B 144/87, BFH/NV 1988, 663; vom 22. Juni 1995 IV B 159/94, BFH/NV 1996, 65). Nur in Ausnahmefällen kann die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde anerkannt werden. Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob ein solcher Ausnahmefall, der darin liegen kann, daß über einen PKH-Antrag erst nach Entscheidung in der Sache entschieden worden ist (vgl. BFH, Beschluß vom 7. August 1984 VII B 27/84, BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838), vorliegt.

Nachdem der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluß verworfen hat, ist davon auszugehen, daß das angefochtene Urteil und damit die Inanspruchnahme der Antragstellerin als Haftende rechtmäßig sind. Denn auch die von der Antragstellerin eingelegte Revision wird, sofern sie nicht zurückgenommen wird, als unzulässig zu verwerfen sein, weil die für eine zulassungsfreie Revision allein in Betracht kommenden Gründe nach §116 Abs. 1 Nr. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vorliegen.

Der Senat hat mit Beschluß vom 26. August 1997 die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß, mit dem das FG den Antrag der Antragstellerin auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters S wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat, zurückgewiesen. Damit steht fest, daß die Voraussetzung des §116 Abs. 1 Nr. 2 FGO (Mitwirkung eines wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnten Richters) nicht gegeben ist und der insoweit von der Antragstellerin geltend gemachte Revisionsgrund nicht vorliegt.

Auch der in §116 Abs. 1 Nr. 3 FGO genannte Revisionsgrund ist im Streitfall nicht gegeben. Die Tatsache, daß über den nach Beginn der ersten mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 1996 gestellten Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von PKH erst nach deren Fortsetzung und Schluß entschieden worden ist, und der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin deswegen an der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 1996 nicht weiter teilgenommen hat, hat nicht zur Folge, daß die Antragstellerin im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war.

Ein solch schwerwiegender Verfahrensfehler läge nur vor, wenn das Gericht bei Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung den gesetzlichen Vorschriften nicht genügt und dadurch den Beteiligten die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung objektiv unmöglich gemacht worden wäre (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 1996 VII S 16/95, BFH/NV 1997, 143, 145). Davon kann aber im Streitfall nicht ausgegangen werden.

Die Nichtentscheidung über den PKH-Antrag hat es dem von der Antragstellerin für das Verfahren bestellten und zum Termin vom 16. Oktober 1996 ordnungsgemäß geladenen Prozeßbevollmächtigten nicht objektiv unmöglich gemacht, die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung zu vertreten. Ihn haben vielmehr nur finanzielle Erwägungen von der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung abgehalten. Diese können es aber, solange das Mandat besteht, nicht rechtfertigen, die sich aus dem Mandat ergebende Verpflichtung zur Vertretung der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung nicht wahrzunehmen.

Dabei war auch zu berücksichtigen, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Prozeßstoff bereits aus dem Verfahren vor dem FG bekannt war und er selbst den PKH-Antrag erst in der vorangegangenen mündlichen Verhandlung gestellt hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66516

BFH/NV 1998, 488

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