Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegung der Zulassungsgründe

 

Leitsatz (NV)

1. Die Rüge einer Abweichung i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO kann nur dann Erfolg haben, wenn das angefochtene Urteil bei gleichem, vergleichbaren oder gleichgelagerten und festgestellten Sachverhalt in ein und derselben Rechtsfrage von einer Entscheidung des BFH abweicht. Für eine ordnungsgemäße Darlegung einer Abweichung ist jedoch ohne Bedeutung, ob die Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz unter Anwendung der Rechtsprechung des BFH ggf. als unzutreffend angesehen werden kann.

2. Mit der Rüge, daß das angefochtene Urteil die Grundsätze der Rechtsprechung des BFH auf den zugrundeliegenden Fall fehlerhaft angewandt habe, wird keine für eine Zulassung der Revision erforderliche grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vorgetragen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2

 

Gründe

Die mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz (§115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) ist nicht ausreichend dargelegt worden. Denn die Beschwerdeschrift genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (vgl. §115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Beschwerde ist daher unzulässig.

1. Zur Divergenz

Wird als Zulassungsgrund Divergenz i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO geltend gemacht, so muß in der Beschwerdeschrift nicht nur die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), von der das Urteil des Finanzgerichts (FG) abweichen soll, bezeichnet werden; es muß darüber hinaus aus der Entscheidung des FG ein diese tragender abstrakter Rechtssatz abgeleitet werden, der zu einem ebenfalls die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz der Entscheidung des BFH im Widerspruch stehen kann. Die nach Auffassung des Klägers voneinander abweichenden Rechtssätze sind dabei erkennbar oder zumindest in nachvollziehbarer Weise gegenüberzustellen (vgl. BFH-Beschluß vom 29. März 1995 II B 127/94, BFH/NV 1995, 909). Die Rüge einer Abweichung i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO kann im übrigen nur dann Erfolg haben, wenn das angefochtene Urteil bei gleichem, vergleichbaren oder gleichgelagerten und festgestellten Sachverhalt in ein und derselben Rechtsfrage von einer Entscheidung des BFH abweicht (BFH-Beschluß vom 11. Dezember 1992 III B 28/91, BFH/NV 1993, 610).

An der genannten Bezeichnung und Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze fehlt es im Streitfall. In der Beschwerdeschrift ist eine Divergenz auch nicht zumindest erkennbar dargestellt. Die Kläger referieren lediglich ausführlich Entscheidungen des BFH, die zum einen zu den Voraussetzungen einer sog. tatsächlichen Verständigung (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1990 III R 19/88, BFHE 162, 211, BStBl II 1991, 45, und vom 6. Februar 1991 I R 13/86, BFHE 164, 168, BStBl II 1991, 673) und zum anderen zu den Anforderungen an eine Schätzung bei ungenügender Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462) ergangen sind, und rügen damit im Grunde nur, daß das FG -- ihrer Ansicht nach -- die genannten Entscheidungen bei seiner Würdigung der dem Streitfall zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse zu Unrecht angewandt habe. Für eine ordnungsgemäße Darlegung einer Abweichung i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist jedoch ohne Bedeutung, ob die Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz unter Anwendung der Rechtsprechung des BFH ggf. als unzutreffend angesehen werden kann.

Auch wird mit der Darstellung, daß im Streitfall im Unterschied etwa zu dem der Entscheidung in BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462 zugrundeliegenden Fall zwischen den vertretenen Klägern und dem Außenprüfer nach den Feststellungen des FG zumindest zunächst Einverständnis hinsichtlich der Hinzuschätzungen bestanden hatte und die Kläger vergeblich möglicherweise substantiierte Mithilfe zur Sachaufklärung angeboten hatten, keine Divergenz der Rechtsauffassung des FG zur Rechtsauffassung des BFH in BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462 dargelegt. Damit wird lediglich ausgeführt, daß den Entscheidungen unterschiedliche Sachverhalte zugrunde liegen.

2. Zur grundsätzlichen Bedeutung

Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. §115 Abs. 3 Satz 3 FGO) reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Der Beschwerdeführer muß vielmehr konkret darauf eingehen, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist. Dazu gehört auch, daß der Beschwerdeführer bereits vorhandene Rechtsprechung zu den von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen berücksichtigt und vorträgt, weshalb seiner Ansicht nach diese Rechtsprechung bisher keine Klärung gebracht hat (vgl. BFH-Beschluß vom 30. August 1995 III B 3/93, BFH/NV 1996, 223). Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift werden den genannten Anforderungen an den Inhalt einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerecht.

Die Kläger haben insbesondere nicht die grundsätzliche Bedeutung der von ihnen ausdrücklich aufgeworfenen Frage, ob eine Einigung zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Außenprüfer ohne Beteiligung des zuständigen Veranlagungsbeamten dafür ausreiche, daß die von der Einigung umfaßten Tatsachen für den Steuerpflichtigen auch dann als verbindlich festgestellt gelten müssen, wenn weder die Voraussetzungen einer tatsächlichen Verständigung gegeben seien, noch die Grundsätze von Treu und Glauben Anwendung finden könnten, nicht schlüssig dargestellt. Dasselbe gilt für die weitere Rechtsfrage, ob die Bindung eines Steuerpflichtigen an das gegenüber dem Außenprüfer erklärte Einverständnis mit den von diesem ermittelten Schätzungsgrundlagen auch auf den allgemeinen Rechtsgedanken des §444 der Zivilprozeßordnung (i. V. m. §155 FGO) gestützt werden dürfe. Es fehlt in der Beschwerdeschrift vor allem an Hinweisen darauf, ob die aufgeworfenen Fragen in der Rechtsprechung der FG oder in der Literatur oder in der Finanzverwaltung umstritten sind. Statt dessen erwähnen die Kläger selbst, daß die von ihnen aufgeworfenen Rechtsfragen -- was das FG ihrer Ansicht nach wohl in seiner Entscheidung verkenne -- durch die Urteile des BFH in BFHE 162, 211, BStBl II 1991, 45 und in BFHE 164, 168, BStBl II 1991, 673, sowie weiter in BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462 bereits geklärt seien. Die Beschwerdeschrift enthält darüber hinaus keine Stellungnahme, daß und warum die bislang zu den aufgeworfenen Fragen vorliegende Rechtsprechung keine ausreichende Klärung gebracht habe bzw. aus welchen Gründen die in der bisherigen Rechtsprechung des BFH erarbeiteten Grundsätze ggf. einer erneuten Überprüfung durch den BFH bedürften.

Die Kläger rügen im Grunde genommen lediglich, daß das angefochtene Urteil die Grundsätze der genannten BFH-Rechtsprechung ihrer Ansicht nach auf den hier zugrundeliegenden Fall fehlerhaft angewandt habe. Damit wird jedoch keine für die Zulassung einer Revision erforderliche grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vorgetragen.

Die Kläger verkennen im übrigen, daß die Vorentscheidung nicht von einer zulässigen und wirksamen, die Beteiligten, also den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) und die Kläger, bindenden Vereinbarung zwischen den Klägern und dem Außenprüfer ausgeht. Das FG führt vielmehr das von ihm festgestellte Einverständnis über die Schätzungsgrundlagen zwischen dem Außenprüfer und den Klägern -- ob zu Recht oder nicht -- als einen Grund neben weiteren dafür an, daß eine weitere Sachverhaltsaufklärung von seiten des Gerichts nicht veranlaßt sei.

3. Ein evtl. auch noch geltend gemachter Verfahrensfehler ( §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) wurde ebenfalls nicht in der vorgeschriebenen Weise bezeichnet (vgl. §115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die Kläger legen dar, daß sie in der mündlichen Verhandlung anhand mitgebrachter Unterlagen die Unrichtigkeit der Hinzuschätzung der Höhe nach darlegen wollten. Das FG sei jedoch auf dieses Angebot nicht eingegangen.

Sofern damit die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§76 FGO) gerügt werden sollte, hätte in der Beschwerdeschrift u. a. dargelegt werden müssen, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG nicht erhoben habe, warum die -- wie im Streitfall durch einen Prozeßbevollmächtigten vertretenen -- Beschwerdeführer nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt haben, warum diese Beweiserhebung sich jedoch dem FG -- auch ohne besonderen Antrag -- als erforderlich hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rdnr. 228; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §120 Anm. 40).

Diesen Anforderungen entspricht die evtl. Verfahrensrüge der Kläger nicht. Auch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung geht nicht hervor, daß die Kläger durch ihren Prozeßbevollmächtigten eine entsprechende Beweiserhebung beantragt haben.

4. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 26. November 1996 (BGBl I 1996, 1810) ohne Angabe von Gründen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1998, 1111

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