Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensmangel: Fehlen der Entscheidungsgründe

 

Leitsatz (NV)

Ein Urteil ist nicht deshalb "nicht mit Gründen versehen", weil im Tatbestand der Sachverhalt nicht vollständig wiedergegeben ist. Ein solcher Verfahrensmangel liegt nur vor, wenn eine hinreichende rechtliche Begründung fehlt.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5

 

Tatbestand

In der Sache ist streitig, ob Verluste aus einer landwirtschaftlichen Betätigung bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind oder von einer Liebhaberei auszugehen ist und ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) negative Feststellungs bescheide für die Streitjahre 1973 bis 1985 erlassen durfte.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Kläger und Revisionskläger (Kläger) als unbegründet ab. Dabei ging es von der Zuständigkeit des beklagten FA aus und berief sich dazu auf die §§ 18 Abs. 1 Nr. 1 und 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b der Abgabenordnung (AO 1977). Es entschied, daß die angefochtenen Gewinnfeststellungen noch nicht verjährt seien, die Bekanntgabe der Feststellungsbescheide nicht zu beanstanden sei und daß es sich bei den erklärten Verlusten um Einkünfte aus einer Liebhabereitätigkeit handele.

Gegen diese Entscheidung haben die Kläger Revision eingelegt. Sie stützen ihr Rechtsmittel auf § 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und führen dazu aus: Das angefochtene Urteil sei im Tatbestand unvollständig, weshalb ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung gestellt worden sei. So fehlten im Tatbestand des Urteils ebenso wie in der Einspruchsentscheidung Ausführungen zu der geltend gemachten Festsetzungsverjährung der Einkommensteueransprüche 1973 bis 1982, obwohl sich das FG in seinen Urteilsgründen auch mit der Verjährung beschäftigt habe. Weitere Tatbestandsbeanstandungen ergäben sich aus insgesamt sechs beigefügten und mit zahlreichen Ablichtungen aus den Steuerakten der Kläger versehenen Anlagen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) findet abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Ohne vorherige Zulassung durch das FG oder den BFH ist die Revision daher nur zulässig, wenn wesentliche Mängel des Verfahrens i. S. von § 116 Abs. 1 FGO gerügt werden. Ein solcher Verfahrensmangel ist nur dann schlüssig gerügt, wenn die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen -- ihre Richtigkeit unterstellt -- einen der in § 116 Abs. 1 FGO genannten Mängel ergeben (Senatsbeschluß vom 21. April 1986 IV R 190/85, BFHE 146, 357, BStBl II 1986, 568). Der Vortrag der Kläger ergibt nicht schlüssig einen Verfahrensmangel i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO.

Nach der Rechtsprechung des BFH fehlen die Entscheidungsgründe zwar nicht nur dann, wenn die Entscheidung überhaupt nicht mit Gründen versehen ist. Diese Voraussetzung ist vielmehr auch dann erfüllt, wenn das FG seine Entscheidung hinsichtlich eines wesentlichen Streitpunkts nicht begründet hat (BFH-Urteile vom 11. Juni 1969 I R 27/68, BFHE 95, 529, BStBl II 1969, 592; vom 15. April 1986 VIII R 325/84, BFHE 147, 101, BStBl II 1987, 195, und BFH-Beschlüsse vom 9. Februar 1977 I R 136/76, BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351; vom 20. November 1990 IV R 80/90, BFH/NV 1991, 609, und vom 17. März 1992 IV R 51/91, BFH/NV 1992, 617).

Bereits aus dem eigenen Vortrag der Kläger geht hervor, daß sich das FG -- wie auch tatsächlich geschehen -- mit der Frage der Festsetzungsverjährung in dem angefochtenen Urteil eingehend befaßt hat. Die Kläger sind lediglich mit dem Ergebnis dieser Ausführungen nicht einverstanden. Damit rügen sie letztlich aber eine unzutreffende Rechtsanwendung, auf die eine zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 FGO nicht gestützt werden kann. Soweit die Kläger wegen weiterer Unrichtigkeiten im Tat bestand auf Anlagen und Konvolute von Ablichtungen verwiesen haben, fehlt es ebenfalls an einer schlüssigen Rüge eines Mangels nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO. Ein solcher Verfahrensmangel liegt im übrigen nur vor, wenn eine hinreichende rechtliche Begründung fehlt, nicht jedoch schon dann, wenn Darstellungen im Tatbestand fehlen oder unzureichend sind (BFH-Beschlüsse vom 18. Januar 1993 X R 5/92, BFH/NV 1993, 610, und vom 29. April 1991 IV R 22/90, BFH/NV 1991, 698, m. w. N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 421863

BFH/NV 1997, 360

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