Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Zulassung der Beschwerde durch der Beschlußausfertigung beigefügte falsche Rechtsmittelbelehrung

 

Leitsatz (NV)

1. Für den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung ist die Urschrift, nicht die dem Beteiligten zugegangene Ausfertigung maßgebend.

2. Bringt das FG weder in der Beschlußformel noch in den Gründen zum Ausdruck, daß es die Beschwerde zulassen will, ist die Beschwerde nicht zugelassen.

 

Normenkette

FGO § 128 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Anträge des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermeß bescheide für das Streitjahr wurden vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) abgelehnt. Auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Finanzgericht (FG) blieb ohne Erfolg.

Das FG führte in dem Beschluß vom 6. Februar 1995 weder in der Beschlußformel noch in den Gründen aus, daß es die Beschwerde gegen seinen Beschluß zuläßt. In der Urschrift wies es auf die Unanfechtbarkeit des Beschlusses hin. Durch ein Versehen des Schreibdienstes des FG wurde den Beschlußausfertigungen, auch der am 10. Februar 1995 dem Antragsteller zugestellten Ausfertigung, eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, nach der den Beteiligten gegen den Beschluß die Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) zustehe. Mit dem am 21. Februar 1995 eingegangenen Telefax erhob der Antragsteller Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat.

Mit Beschluß vom 27. Februar 1995 berichtigte das FG seinen Beschluß vom 6. Februar 1995 dahingehend, daß die Rechtsmittelbelehrung lautet: "Dieser Beschluß ist unanfechtbar." Das FG führte aus, es liege ein offenkundiger Schreibfehler vor, da gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung die Beschwerde nur bei ausdrücklicher Zulassung gegeben sei, der Beschluß aber weder im Tenor noch in den Gründen eine Zulassung enthalte. Auch hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde erhoben.

In dem vorliegenden Beschwerdeverfahren gegen den Beschluß des FG vom 6. Februar 1995, mit dem der Antragsteller sachlich-rechtliche Einwendungen gegen die Rechtsauffassung des FG erhebt, beantragt der Antragsteller, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides, des Gewerbesteuermeßbescheides und des Umsatzsteuerbescheides ... auszusetzen, soweit bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ein Betrag von ... DM nicht als abziehbare Betriebsausgabe berücksichtigt worden ist.

Das FA beantragt, die Beschwerde zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Gemäß § 128 Abs. 3 FGO ist gegen einen Beschluß des FG nach § 69 Abs. 3 FGO die Beschwerde nur gegeben, wenn das FG sie in der Entscheidung zugelassen hat. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 FGO entsprechend. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben. Das FG hat die Beschwerde gegen seinen Beschluß nicht zugelassen.

Die von Amts wegen zu treffende Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde wird aus Gründen der Klarheit zweckmäßigerweise in der Beschlußformel ausgesprochen. Ausreichend ist aber auch, wenn die Zulassung erkennbar aus den Gründen hervorgeht. Bringt das FG weder in der Beschlußformel noch in den Gründen zum Ausdruck, daß es die Beschwerde zulassen will, fehlt es an dem Erfordernis, daß die Beschwerde "in dem Beschluß zugelassen worden ist" (BFH-Beschluß vom 23. Juni 1987 VIII B 212/86, BFHE 150, 114, BStBl II 1987, 635, m. w. N.).

Im vorliegenden Fall ergibt sich weder aus der Formel noch aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses, daß das FG die Beschwerde gegen seine Entscheidung zugelassen hat oder zulassen wollte. Auch im übrigen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß das FG eine Entscheidung des BFH im Aussetzungsverfahren für geboten hält.

Entgegen der vom Antragsteller mit seiner Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluß des FG vom 27. Februar 1995 vorgetragenen Auffassung ist die Zulassung auch nicht durch die in den Beschlußausfertigungen enthaltene Rechtsmittelbelehrung ausgesprochen worden. Maßgeblich für den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung ist stets die in den Gerichtsakten befindliche Urschrift. Im übrigen begründet auch eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung, die von der Statthaftigkeit der Beschwerde ausgeht, die Zulässigkeit der Beschwerde nicht (BFH-Beschluß vom 2. Februar 1994 II B 171/93, BFH/NV 1994, 647 m. w. N.).

Die erhobene Beschwerde ist auch nicht als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Beschwerde durch das FG auszulegen. Anders als die Nichtzulassung der Revision (§ 115 Abs. 3 FGO) kann die Nichtzulassung der Beschwerde nicht selbständig durch Beschwerde angefochten werden (BFH-Beschluß vom 7. Mai 1992 III B 27/92, BFH/NV 1992, 686).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Gemäß § 8 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes wird von der Erhebung der Gerichtskosten abgesehen. Es ist davon auszugehen, daß der Antragsteller ohne das Versehen des Schreibdienstes des FG, d. h. die Aufnahme der Rechtsmittelbelehrung in die Beschlußausfertigungen, wie sie in der Urschrift des Beschlusses des FG nicht enthalten ist, die Beschwerde nicht erhoben hätte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421301

BFH/NV 1996, 753

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