Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer zulassungsfreien Verfahrensrevision

 

Leitsatz (NV)

Eine lückenhafte rechtliche Begründung hinsichtlich des Vorliegens einzelner Tatbestandsmerkmale stellt keinen Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO dar; das gilt erst recht für die in Form einer Verfahrensrüge vorgetragene Rüge der Verletzung sachlichen Rechts.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der GmbH. Die GmbH hatte im Jahr 1980 ein Grundstück zum Zweck der Bebauung mit Eigentumswohnungen und anschließender Weiterveräußerung erworben. Mit der Vermarktung des ersten Bauabschnitts beauftragte der Kläger die B. Aufgrund einer bei der GmbH durchgeführten steuerlichen Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß der Verkauf der Eigentumswohnungen des ersten Bauabschnitts in der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr ... als steuerfreier Umsatz angemeldet worden war (§ 4 Nr. 9 a des Umsatzsteuergesetzes -- UStG --), obwohl den Erwerbern Schlußrechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis in Höhe von insgesamt X DM erteilt worden seien. Die GmbH habe den gesonderten Umsatzsteuerausweis zwar mit den Schreiben vom ... an die Erwerber der Eigentumswohnungen widerrufen. Diese Widerrufe seien aber nicht wirksam, weil die ursprünglichen Rechnungen nicht an den Rechnungsaussteller zurückgegeben worden seien.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erließ dementsprechend einen geänderten Umsatzsteuerbescheid, in dem er die gemäß § 14 Abs. 2 UStG zu zahlende Umsatzsteuer mit X DM festsetzte. Die nach erfolglosem Einspruch gegen diesen Bescheid erhobene Klage nahm der Kläger in dem von ihm für die GmbH geführten Rechtsstreit zurück.

Mit Bescheid vom 6. Dezember 1989 (i. d. F. der Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 1992) nahm das FA den Kläger nach § 69 i. V. m. § 34, § 35 der Abgabenordnung (AO 1977) wegen der Umsatzsteuer 1982 der GmbH in Höhe von X DM als Haftungsschuldner in Anspruch, weil er als Geschäftsführer der GmbH Umsätze aus dem Verkauf der Eigentumswohnungen des Objektes " ... " (erster Bauabschnitt) als umsatzsteuerfrei behandelt habe, obwohl gegenüber den Erwerbern in den Schlußrechnungen die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen worden sei.

Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Kläger hafte nach § 69 i. V. m. § 34 AO 1977 i. V. m. § 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung für die Umsatzsteuer der GmbH persönlich, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zwischen dem FA und der GmbH infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der dem Geschäftsführer auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt würden. Der Kläger sei als Geschäftsführer verpflichtet gewesen, die von der GmbH in Rechnung gestellte Umsatzsteuer beim FA anzumelden und die gemäß § 18 UStG berechnete Steuer aus den von ihm verwalteten Mitteln der GmbH rechtzeitig an das FA abzuführen. Würden die Aufgaben Angestellten der GmbH oder dem Steuerberater übertragen, so habe der Geschäftsführer der GmbH die Pflicht, sich durch die laufende Überwachung der Angestellten und durch Abstimmung mit dem Steuerberater davon zu überzeugen, daß die Umsatzsteuer angemeldet und gezahlt werde. Unterlasse der Geschäftsführer diese Überwachung, so liege bereits darin eine grob fahrlässige Pflichtverletzung, ohne daß es darauf ankäme, ob und inwieweit die beauftragten Personen sorgfältig ausgewählt waren oder nicht. Das FA habe zutreffend ausgeführt, daß der Kläger seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Die GmbH sei zum Zwecke der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen gegründet worden. Der Verkauf der Eigentumswohnungen sei das vornehmliche Geschäftsziel der GmbH gewesen. Der Geschäftsführer habe daher die Aufgabe gehabt, für die ordnungsgemäße Abwicklung der diesem Ziel dienenden Geschäfte zu sorgen. Dies habe der Kläger unterlassen. Er hätte dafür sorgen müssen, daß die den Erwerbern gegenüber ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge beim FA angemeldet und -- nach Verrechnung mit den im selben Zeitpunkt entstandenen Vorsteueransprüchen -- an das FA abgeführt würden. Dies sei nicht geschehen. Der Kläger könne sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, daß er von den Schlußrechnungen mit Umsatzsteuerausweis nichts gewußt und die entsprechenden Geschäftsvorfälle für umsatzsteuerfrei gehalten habe. Er sei als Geschäftsführer verpflichtet gewesen, die ordnungsgemäße Abwicklung der Veräußerungsgeschäfte -- einschließlich deren Besteuerung -- zu überwachen und notfalls sachkundigen Rat einzuholen. Habe er dies nicht getan, obwohl sich ihm schon bei flüchtigem Einblick in die Buchführung und die zugehörigen Belege (Erwerberakten) die Frage der Umsatzversteuerung hätte aufdrängen müssen, so habe er zumindest grob fahrlässig gehandelt. Die Einwendungen des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung seien schon deswegen unbeachtlich, weil die Steuerfestsetzung durch das FA nach der Klagerücknahme in dem vom Kläger im Namen der GmbH geführten Verfahren rechtskräftig geworden sei und der Kläger dies gemäß § 166 AO 1977 gegen sich gelten lassen müsse. Der Kläger könne sich auch nicht damit entschuldigen, daß er im Folgejahr den Widerruf der Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis veranlaßt habe. Dieser Widerruf hebe die im Vorjahr entstandene Umsatzsteuerschuld nicht rückwirkend auf. Zum anderen beziehe sich die Rechnungsstornierung ausdrücklich auf Rechnungen vom ... und enthalte im Gegensatz zu den Behauptungen des Klägers keinen Widerruf des Umsatzsteuerausweises in früheren Rechnungen. Die einfache Wiederholung des Rechnungsbetrages ohne getrennten Umsatzsteuerausweis stelle keinen Widerruf dar. Das FA habe im übrigen durch die Inanspruchnahme des Klägers sein Entschließungs- und Auswahlermessen sachgemäß ausgeübt.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom FG nicht zugelassenen Revision. Er hält die Revision gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für zulässig, weil das angefochtene Urteil nicht mit Gründen versehen sei. Das Urteil enthalte zwar eine Begründung, diese halte aber den rechtlichen Anforderungen nicht stand, die an eine Begründung gestellt würden. Das Gericht habe zumindest erheblichen Parteivortrag in der Begründung zu berücksichtigen und zu erwägen. Dies sei jedoch in dem angefochtenen Urteil unterblieben.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und den Haftungsbescheid aufzuheben, hilfsweise, die Sache unter Aufhebung der Vorentscheidung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig; sie ist gemäß § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluß zu verwerfen.

1. Gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn das FG oder auf die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat oder wenn ein Fall der zulassungsfreien Revision gemäß § 116 FGO gegeben ist. Das FG hat im Streitfall die Revision nicht zugelassen; die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wurde durch Beschluß des Senats vom heutigen Tage als unzulässig verworfen. Gründe, die eine zulassungsfreie Revision nach § 116 FGO gerechtfertigt erscheinen lassen, liegen nicht vor. Zwar hat der Kläger das Fehlen von Entscheidungsgründen und damit einen wesentlichen Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO geltend gemacht. Verfahrensmängel i. S. des § 116 Abs. 1 FGO sind jedoch nur dann ordnungsgemäß gerügt, wenn die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtigkeit unterstellt, die Mängel ergeben, d. h., wenn sie schlüssig vorgetragen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Januar 1993 VII R 121/92, BFH/NV 1994, 40, m. w. N., und vom 8. September 1994 VII R 15/94, BFH/NV 1995, 241). Daran fehlt es im Streitfall.

2. a) Gemäß § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO müssen Urteile begründet werden. Die Wiedergabe der Entscheidungsgründe dient der Mitteilung der wesentlichen rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des Gerichts für die getroffene Entscheidung maßgeblich waren. Ein Fehlen von Entscheidungsgründen liegt deshalb dann vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (BFH-Urteil vom 23. Januar 1985, I R 292/81, BFHE 143, 325, BStBl II 1985, 417). Das ist insbesondere der Fall, wenn nicht erkennbar ist, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde liegt oder wenn nicht ersichtlich ist, auf welche rechtlichen Erwägungen sich die Entscheidung stützt (BFHE 143, 325, BStBl II 1985, 417). Nach der Rechtsprechung des BFH fehlen die Entscheidungsgründe auch dann, wenn das FG einen selbständigen prozessualen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. April 1993 II R 123/91, BFH/NV 1994, 46, und vom 12. April 1991 III R 181/90, BFHE 164, 179, BStBl II 1991, 638, m. w. N.). Unter selbständigen Ansprüchen und selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln sind die eigenständigen Klagegründe und solche Angriffs- und Verteidigungsmittel zu verstehen, die den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bilden (BFH-Beschluß vom 9. Februar 1977, I R 136/76, BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351).

b) Der Kläger hat nicht schlüssig gerügt, daß das Urteil nicht begründet oder selbständige Angriffs- oder Verteidigungsmittel vom FG nicht beschieden seien. Er räumt vielmehr selbst ein, daß das Urteil begründet ist. Mit der Revision macht er -- zusammengefaßt -- nur geltend, das Urteil sei nicht ausreichend begründet, weil ein wesentlicher Einwand des Klägers übergangen worden sei, tatbestandliche Voraussetzungen nicht erwähnt und nicht abgehandelt sowie Zweifelspunkte übergangen worden seien. Mit der Rüge wird also nur eine unvollständige, unzureichende und auch sonst fehlerhafte Begründung hinsichtlich bestimmter Tatbestandsmerkmale der Haftungsnorm geltend gemacht. Eine lückenhafte rechtliche Begründung hinsichtlich des Vorliegens einzelner Tatbestandsmerkmale stellt aber keinen Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO dar; das gilt erst recht für die in Form einer Verfahrensrüge vorgetragene Rüge der Verletzung sachlichen Rechts (vgl. BFH in BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351, BFH-Beschlüsse vom 9. Juni 1988 VI R 77/86, BFH/NV 1989, 179, und in BFH/NV 1995, 241).

c) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze lassen sich aus den einzelnen Einwendungen des Klägers gegen das FG-Urteil keine Tatsachen entnehmen, die einen wesentlichen Begründungsmangel der Vorentscheidung schlüssig ergeben:

aa) Der Kläger rügt, das FG habe sich nicht mit seinem Einwand auseinandergesetzt, er sei entlastet, weil er mit der steuerlichen Auswertung und Behandlung einen steuerlichen Berater beauftragt habe. Nach Auffassung des Klägers ist diese Behauptung materiell von Bedeutung, weil Beratungen oder Berechnungen des für den Betrieb tätigen Steuerberaters das Verschulden des Klägers ausschlössen. Auch wenn es zutrifft, daß das FG auf dieses Vorbringen nicht fallbezogen eingegangen ist und es nur grundsätzlich ausgeführt hat, daß es bei Einschaltung eines Steuerberaters erforderlich sei, sich durch Abstimmung mit ihm davon zu überzeugen, daß die Umsatzsteuer angemeldet und bezahlt werde, so sind die Ausführungen des Klägers schon deshalb nicht geeignet, eine fehlende Begründung der Haftungsnorm darzutun, weil seine Rüge nur ein Tatbestandsmerkmal (Verschulden) des Haftungstatbestandes und darüber hinaus nur eine von ihm empfundene Lückenhaftigkeit der Begründung betrifft. Soweit der Kläger in diesem Mangel eine Verletzung seines Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) sieht, handelt es sich dabei nicht um einen der in § 116 Abs. 1 FGO abschließend aufgeführten Verfahrensmängel, die zu einer zulassungsfreien Revision führen (vgl. BFH in BFH/NV 1989, 179, 180).

bb) Es kann weiter dahinstehen, ob das FG das Vorliegen einer "groben Fahrlässigkeit" beim Kläger nicht ausführlicher hätte begründen sollen. Selbst wenn der Vorwurf des Klägers, die Begründung sei nicht ausreichend, zuträfe, folgt daraus noch nicht die Zulässigkeit der Revision, weil auch damit nur eine lückenhafte Begründung einer einzelnen Tatbestandsvoraussetzung gerügt wird, was nicht zur Zulässigkeit der Revision nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO führt.

cc) Ein Begründungsmangel ist auch nicht damit schlüssig gerügt, daß der Kläger beanstandet, das FG habe sich nicht mit dem Umfang der Haftung des Klägers auseinandergesetzt, obwohl sich die Problematik aufgedrängt habe. Zwar kann ein erheblicher Begründungsmangel vorliegen, wenn sich ein Urteil nicht mit der Höhe des vom FA geltend gemachten Anspruchs auseinandersetzt (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 119 Rz. 25). Aus den Ausführungen des Klägers ergibt sich aber nicht, daß im Streitfall für das FG, das die Inanspruchnahme des Klägers als Haftenden in voller Höhe für rechtmäßig gehalten hat, ein Anlaß bestand, diese Erkenntnis näher zu begründen. Der Haftungsbetrag entspricht nämlich grundsätzlich dem Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, der infolge der Pflichtverletzung des Vertreters nicht erfüllt ist (Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 69 AO 1977 Rz. 44). Eine etwaige Beschränkung der Haftung nach den Grundsätzen der anteiligen Tilgung hätte das FG nur erwägen müssen, wenn Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, daß die GmbH die geschuldete Umsatzsteuer auch bei rechtzeitiger Anmeldung nicht im vollen Umfang hätte zahlen können (vgl. dazu BFH-Urteil vom 12. Mai 1992 VII R 52/91, BFH/NV 1992, 785). Allein aus der Tatsache, daß die GmbH -- wie der Kläger vorgebracht hat -- später (im Jahre 1989) liquidiert worden ist, folgt jedoch nicht, daß sie auch bei rechtzeitiger Anmeldung der Umsatzsteuer nur in eingeschränktem Umfang zur Zahlung der Umsatzsteuer in der Lage gewesen wäre und deshalb die Grundsätze über die anteilmäßige Befriedigung aller Gläubiger zum Tragen gekommen wären. Den Ausführungen ist daher nicht zu entnehmen, daß ein Anlaß für das FG bestanden haben könnte, von sich aus die Frage zu prüfen und in der Urteilsbegründung darauf einzugehen, ob der Kläger entsprechend einer etwaigen beschränkten Zahlungsfähigkeit der GmbH, nur in eingeschränktem Umfang in Haftung hätte genommen werden dürfen.

dd) Soweit der Kläger eine Begründung des FG dafür vermißt, daß er die aufgrund der Klagerücknahme im Rechtsbehelfsverfahren bestandskräftig gewordene Umsatzsteuerfestsetzung gegen die GmbH gemäß § 166 AO 1977 gegen sich gelten lassen muß, weil das FG sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob er das Rechtsbehelfsverfahren als Vertreter der GmbH geführt habe, liegt ebenfalls kein wesentlicher Begründungsmangel vor. Auch wenn es zutrifft, daß die Begründung nicht ausreicht, weil sich das FG nicht mit der Vertretungsbefugnis des Klägers für die GmbH in dem betreffenden Rechtsstreit auseinandergesetzt hat, so folgt daraus nur eine lückenhafte Begründung, die -- wie ausgeführt -- nicht zur Zulässigkeit der Revision nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO führt.

ee) Es mag zwar richtig sein, daß die in der Vorentscheidung vertretene Meinung, die einfache Wiederholung des Rechnungsbetrages ohne Umsatzsteuerausweis in einer den Erwerbern erteilten neuen Rechnung stelle keinen Widerruf der ursprünglichen mit Umsatzsteuerausweis erteilten Rechnung dar, von der u. a. in dem Beschluß vom 23. April 1993 V B 20/93 (BFH/NV 1993, 754) vertretenen Auffassung des BFH abweicht. Soweit das Urteil überhaupt auf dieser abweichenden Meinung beruhen sollte, könnte es fehlerhaft sein. Der Umstand, daß das FG diese Abweichung nicht begründet hat, stellt aber nach den Ausführungen oben unter 2. Buchst. a -- entgegen der Auffassung des Klägers -- ebenfalls keinen Begründungsmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO dar, weil insoweit nur ein Tatbestandsmerkmal (Verschulden) des einheitlichen Haftungstatbestandes betroffen ist.

ff) Schließlich ergibt sich auch aus dem Vorbringen des Klägers, das FG habe nicht geprüft, ob die GmbH einen Erlaßanspruch hinsichtlich der Umsatzsteuer hätte, kein Begründungsmangel. Denn ihm ist nicht zu entnehmen, daß das FG aus seiner Sicht einen solchen Anspruch überhaupt hätte prüfen und sich damit in der Urteilsbegründung hätte auseinandersetzen müssen. Soweit sich der Kläger auf einen "Erlaßanspruch" (wohl Anspruch nach Berichtigung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG in dem nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 UStG maßgebenden Zeitpunkt) der GmbH beruft, weil die GmbH später die von ihr erteilten Rechnungen berichtigt habe, folgt daraus noch nicht, daß sich das Gericht von seinem Rechtsstandpunkt aus mit diesem Anspruch überhaupt hätte auseinandersetzen müssen. Denn der Widerruf der Rechnungen war nach Auffassung des FG nicht wirksam, so daß eine wesentliche Voraussetzung für einen etwaigen Erstattungsanspruch der GmbH wegen der Umsatzsteuer nicht gegeben gewesen war und deshalb ein Erstattungsanspruch der GmbH von vornherein nicht in Betracht kam.

Aus der weiteren Rüge, das FG habe nicht geprüft, ob die GmbH einen Erlaßanspruch -- etwa weil der Schaden aus dem unberechtigten Umsatzsteuerausweis nicht eingetreten sei -- gehabt hätte und wie sich dies auf den Haftungsanspruch gegenüber dem Geschäftsführer auswirken würde, ergibt sich nicht substantiiert, auf welcher Rechtsgrundlage ein solcher Erlaßanspruch überhaupt in Betracht gekommen wäre und deshalb für das FG Veranlassung bestanden hätte, darauf in seiner Begründung einzugehen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1996, 763

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge