Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungszwang

 

Leitsatz (NV)

Zu den Möglichkeiten, Prozeßerklärungen einer nicht postulationsfähigen GmbH im Wege der Auslegung einer natürlichen Person zuzurechnen, die den Anforderungen des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG genügt.

 

Normenkette

FGO §§ 62, 120; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Gegen das mit einer ordnungsgemäßen Belehrung versehene, am 4. September 1997 zugestellte, klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde am 1. Oktober 1997 im Namen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) mit Schriftsatz vom 29. September 1997 folgendes vorgebracht:

"F

Steuerberatungsgesellschaft m. b. H.

Geschäftsführer Dipl.-Kfm. K. ... A. ...

Steuerberater ...

In Sachen ...

wegen ...

lege ich hiermit ...

Revision

ein.

Dipl.-Kfm. K. ... A. ...

Steuerberater".

Der Schriftsatz trägt die Unterschrift "A. ..." und den Stempel "F ... Steuerberatungsgesellschaft m. b. H. _" (im folgenden: GmbH).

Am 7. November 1997 legte der Unterzeichner der Revisionsschrift eine auf "Herrn B., F ... GmbH ..." lautende Prozeßvollmacht des Klägers vom 25. September 1997 vor.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

1. Es bestehen schon Bedenken, ob sie wirksam eingelegt wurde.

Gemäß Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs muß sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, d. h. von natürlichen Personen mit einer solchen beruflichen Qualifikation, vertreten lassen (BFH in ständiger Rechtsprechung; siehe z. B. BFH-Beschlüsse vom 12. März 1997 X B 275/96, BFH/NV 1997, 601, und vom 28. April 1997 III R 90/96, BFH/NV 1997, 798; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, §62 Rz. 82, jeweils m. w. N.).

Zwar spricht die erforderliche Auslegung (dazu: Gräber, a. a. O., Rz. 14 vor §33) dafür, daß die im Revisionsschriftsatz abgegebene Prozeßerklärung (anders als z. B. in den durch den BFH im Beschluß vom 11. Juni 1996 I R 1/96, BFH/NV 1996, 844, und in BFH/NV 1997, 601 entschiedenen Fällen) einer natürlichen, den gesetzlichen Qualifiktationserfordernissen entsprechenden Person, nämlich dem Steuerberater K.A., zuzurechnen ist, weil dieser selbständig im Briefkopf aufgeführt und die Prozeßhandlung außerdem ihrem Inhalt nach (durch Verwendung der ersten Person Singularis und durch die Art der Unterzeichnung) ausdrücklich und unmißverständlich auf ihn selbst bezogen ist. Andererseits wird aber in späteren Schriftsätzen von einer durch die GmbH eingelegten Revision ausgegangen. Daß die nachgereichte Vollmacht auf einen anderen Steuerberater der GmbH lautet, beeinflußte im übrigen weder die Wirksamkeit der Revisionseinlegung noch die Kostenzurechnung (s.u. 2. und 3.). Der Versuch, den darin liegenden Mangel im schriftlichen Vollmacht-Nachweis (§62 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) zu beheben (§62 Abs. 3 Satz 2 und 3 FGO), konnte daher unterbleiben.

2. Das Rechtsmittel ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil die Revisionsbegründungsfrist nicht eingehalten bzw. ein Verlängerungsantrag nicht gestellt wurde (§120 Abs. 1 Satz 1 und 2 FGO) und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand weder beantragt wurde noch Gründe hierfür ersichtlich sind.

3. Die Kosten waren gemäß §143 Abs. 1 und §135 Abs. 2 FGO dem Kläger aufzuerlegen, weil ihm (anders als in dem vom Senat in BFH/NV 1997, 601 entschiedenen Fall) im Hinblick auf die Vollmachterteilung (auf eine der GmbH angehörende natürliche Person) das erfolglose Prozeßgeschehen zuzurechnen war.

 

Fundstellen

BFH/NV 1998, 735

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