BMF, 22.02.1995, IV B 4 - S 2230 - 3/95

Zu der Frage, wie Tiere in land- und forstwirtschaftlich tätigen Betrieben nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG zu bewerten sind, gilt unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder folgendes:

 

1. Herstellungskosten

1

Maßgebend ist die Bestimmung des Begriffs der Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 HGB (R 33 Abs. 1 EStR 1993).

2

Material- und Fertigungskosten sind die Anschaffungskosten für Jungtiere sowie insbesondere die Kosten des selbst hergestellten und zugekauften Futters (einschl. Feldbestellungskosten, Pachtzinsen für Futterflächen), Deck- und Besamungskosten (einschl. Embryotransfer) und die Fertigungslöhne bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung. Zu den Einzelkosten gehören auch Transport- und Fahrtkosten, die bei der Fertigung entstehen.

3

In die Herstellungskosten sind auch die Material- und Fertigungsgemeinkosten einzubeziehen, z. B. die Kosten für Tierarzt, Medikamente, Tierversicherungen (einschl. Tierseuchenkasse), Energie, Abwasser, Gülleentsorgung und AfA, Erhaltungs- und laufender Unterhaltungsaufwand für die beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Tierhaltung dienen (z. B. Stallgebäude, Futterlager, Gülleeinrichtungen), sowie Miet- und Pachtzinsen für derartige Wirtschaftsgüter. Bei Gewerbebetrieben ist die Gewerbekapitalsteuer zu berücksichtigen (R 33 Abs. 6 Satz 3 EStR 1993). AfA und Unterhaltskosten der Elterntiere sind bei der Herstellung von Jungtieren anteilig zu berücksichtigen. Zu erfassen sind diese Gemeinkosten aus allen Herstellungsphasen, die bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung entstehen.

4

Die Kosten der allgemeinen Verwaltung brauchen nicht erfaßt zu werden (z. B. Beiträge zur Berufsgenossenschaft, zur Landwirtschaftskammer, Kosten für die Leitung des Betriebes, freiwillige soziale Aufwendungen, Gewerbeertragsteuer). Sie sind in den Richtwerten lt. Anlage nicht enthalten.

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Nicht zu den Herstellungskosten gehören Umsatzsteuer, Ertragsteuern, Vermögensteuer und Vertriebskosten.

6

Zu den Zinsen und Geldbeschaffungskosten siehe R 33 Abs. 7 EStR 1993.

 

2. Herstellungskosten von Jungtieren bis zur Geburt

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Ein Jungtier wird erst mit der Geburt als Wirtschaftsgut greifbar. Deshalb ist es erst zu diesem Zeitpunkt mit den bis dahin als Betriebsausgaben behandelten Herstellungskosten zu bewerten. Die vor der Geburt entstandenen Herstellungskosten eines Jungtieres sind nur auf kalkulatorischem Weg von den Herstellungs- bzw. Erhaltungsaufwendungen des Muttertieres abgrenzbar.

 

3. Zeitpunkt der Fertigstellung von Tieren des Anlagevermögens

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Ein Tier ist fertiggestellt, wenn es ausgewachsen ist. Als Zeitpunkt der Fertigstellung gilt bei männlichen Zuchttieren der Zeitpunkt, in dem sie zur Zucht eingesetzt werden können, bei weiblichen Zuchttieren die Vollendung der ersten Geburt (BFH vom 9. Dezember 1988, BStBl 1989 II S. 244) und bei Gebrauchstieren die erste Ingebrauchnahme. Turnier- und Rennpferde gelten mit ihrem ersten Einsatz (BFH vom 23. Juli 1981, BStBl II S. 672), Reitpferde mit Beginn des Zureitens als fertiggestellt.

 

4. Anschaffungskosten

9

Maßgebend ist die Bestimmung des Begriffs der Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB (R 32 a Abs. 1 und 2 EStR 1993).

 

5. Bewertungsgrundsätze

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Tiere sind grundsätzlich einzeln zu bewerten. Als weitere Bewertungsmethode kommt die Gruppenbewertung nach § 240 Abs. 4 HGB in Betracht. Innerhalb dieser Bewertungsmethoden sind verschiedene Verfahren zur Wertermittlung zulässig.

 

a) Einzelbewertung

 

aa) Betriebsindividuelle Wertermittlung

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Die dem Tier zurechenbaren Anschaffungs- und Herstellungskosten sind nach den Verhältnissen des Betriebs zu ermitteln. Ist der Teilwert eines Tieres niedriger als der Buchwert, der sich aufgrund der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ergibt, so kann der Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG).

 

bb) Werte aus vergleichbaren Musterbetrieben

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Die Werte können auch aus vergleichbaren Musterbetrieben abgeleitet werden (BFH vom 4. Juni 1992, BStBl 1993 II S. 276; vom 1. Oktober 1992, BStBl 1993 II S. 284).

 

cc) Richtwerte

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Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten können auch mit den Richtwerten lt. Spalte 2 der Anlage angesetzt werden, soweit es sich nicht um besonders wertvolle Tiere (z. B. Zuchttiere wie Zuchthengste und Zuchtbullen, Turnier- und Rennpferde) handelt.

 

b) Gruppenbewertung

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Die am Bilanzstichtag vorhandenen Tiere können in Gruppen zusammengefaßt werden, die nach Tierarten und Altersklassen (Aufzuchtstadien) gebildet sind und mit dem gewogenen Durchschnittswert bewertet werden (§ 240 Abs. 4 HGB, R 125 Abs. 1 EStR 1993). Die in der Anlage vorgenommene Gliederung kann der Bestimmung der Tiergruppen zugrunde gelegt werden.

15

Für besonders wertvolle Tiere (vgl. Rz. 13) ist die Gruppenbewertung nicht zulässig (R 125 Abs. 1 Satz 5 EStR 1993).

 

aa) Betriebsindividuelle Wertermittlung

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Der gewogene Durchschnittswert kann nach den Verhältnissen des ...

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