Rz. 143

Praktische Vereinfachungen sind für die Barwertermittlung von Altersversorgungsverpflichtungen vorgesehen. Diese betreffen zunächst den Zeitpunkt der Rückstellungsberechnung. Die in der Praxis etablierte Verfahrensweise, Pensionsgutachten zwei bis drei Monate vor dem Abschlussstichtag nach Maßgabe der geschätzten Verhältnisse am Abschlussstichtag einzuholen, ist im Regelfall nicht zu beanstanden (Rz 76).

 

Rz. 144

Nach dem Einzelbewertungsgrundsatz ist jede Pensionsverpflichtung einzeln zu bewerten. Das erfordert die Wahl eines individuellen, der jeweiligen geschätzten Restlaufzeit der Verpflichtung entsprechenden Zinssatzes. Diese Verfahrensweise ist nicht nur aufwendig, sondern bereitet zusätzliche Ermittlungsprobleme, wenn die Restlaufzeit als Duration ermittelt wird und die Fristigkeit einzelner Pensionszahlungen mehr als 50 Jahre beträgt. Da die Deutsche Bundesbank Zinsstrukturkurven für Festzinsswaps für diese Zeiträume nicht zur Verfügung stellt, wäre der zu wählende Zinssatz durch Extrapolation zu ermitteln.[1]

 

Rz. 145

Um die Bewertung von Pensionsrückstellungen zu vereinfachen, erlaubt § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB, "Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz" abzuzinsen, "der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt".[2] Diese Ausnahme vom Einzelbewertungsgrundsatz steht ebenfalls unter dem Vorbehalt, das vom Jahresabschluss zu vermittelnde, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht zu beeinträchtigen. Insb. bei einem hohen Durchschnittsalter der Pensionsberechtigten kann diese Vereinfachungslösung problematisch sein. Liegt die Restlaufzeit der Verpflichtungen deutlich unter 15 Jahren, führt die Abzinsung mit dem typisierten Durchschnittszins bei normaler Zinsstrukturkurve zu einer Unterdotierung der Pensionsrückstellungen und verstößt damit gegen das Gebot des vollständigen Schuldenausweises. Die Frage, wann ein Jahresabschluss nicht mehr ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zeigt, bleibt offen und enthält einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum.[3]

Kompensatorische Effekte durch etwaig vorhandenes Deckungsvermögen ergeben sich nicht, weil das Deckungsvermögen – im Unterschied zur Pensionsverpflichtung – an jedem Abschlussstichtag zum beizulegenden Zeitwert, d. h. mit aktuellen (gegenwärtig niedrigen) Zinssätzen anzusetzen ist (Rz 124).

Die Vereinfachungslösung ist sowohl für Altersversorgungsverpflichtungen als auch für "vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen" anwendbar. Allerdings ist zu beachten, dass Altersversorgungsverpflichtungen mit einem Zehn-Jahresdurchschnitt abzuzinsen sind, während für vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen der bisherige Sieben-Jahresdurchschnitt gilt. Insofern kommt der Abgrenzung der Altersversorgungsverpflichtungen von den vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen große Bedeutung zu (Rz 70 ff.).

 

Rz. 146

Ein Abweichen von der Vereinfachungslösung dürfte in der Praxis allerdings nur in Ausnahmefällen geboten sein. Die bei Wahl eines einheitlichen Zinssatzes gesetzlich festgeschriebene Restlaufzeit von 15 Jahren berücksichtigt bereits den infolge der demografischen Entwicklung durchschnittlich bestehenden Überhang älterer Arbeitnehmer. Weicht die Duration der Altersversorgungsverpflichtungen des Unt deutlich von der unterstellten durchschnittlichen Restlaufzeit nach oben (bei relativ großem Anteil junger Berechtigter) oder nach unten (bei überwiegend aus Rentnern bestehenden Beständen) ab, kann die Anwendung des Wahlrechts zu einer nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage führen. In diesem Fall darf die Vereinfachungslösung keine Anwendung finden.[4] Stattdessen ist der Abzinsungssatz nach den allgemeinen gesetzlichen Vorgaben anhand der Duration der Pensionsverpflichtungen am Abschlussstichtag zu ermitteln. Das kann sowohl im Wege einer Einzelbewertung als auch mittels Gruppenbewertung nach § 240 Abs. 4 HGB erfolgen, die für Pensionen mit annähernd gleicher Duration einen einheitlichen Zinssatz bestimmt. Mangels konkreter Vorgaben des Gesetzgebers verbleibt dem Bilanzierenden in der Frage, wann von der Vereinfachungslösung des § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB abzurücken ist, ein nicht unerheblicher Beurteilungsspielraum.[5]

 

Rz. 147

Altersversorgungsverpflichtungen, die in Fremdwährung zu erfüllen sind, unterliegen ebenfalls den Regelungen des § 253 Abs. 2 HGB. Zur Ermittlung ihres Barwerts kann der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zinssatz herangezogen werden, solange diese Verfahrensweise nicht zu deutlichen Verwerfungen im Vergleich zu einer Abzinsung mit einem währungskongruenten Zinssatz führt und damit den Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage beeinträchtigt. Auch in diesem Punkt fehlen Hinweise, bis zu welcher Zins- bzw. Bar...

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