Rz. 75

Bewertungsmaßstab für alle Rückstellungen ist nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendige Erfüllungsbetrag (Rz 33). Im Hinblick auf die Bestimmung des Erfüllungsbetrags unterscheidet § 253 Abs. 1 Satz 3 HGB bei den Altersversorgungsverpflichtungen zwischen nicht wertpapiergebundenen (Rz 77) und wertpapiergebundenen Verpflichtungen (Rz 99). Keine Unterschiede bei der Bewertung bestehen hinsichtlich des Bewertungsstichtags, der Berücksichtigung von biometrischen Wahrscheinlichkeiten und der Fluktuation.

 

Rz. 76

Für beide Arten von Pensionsverpflichtungen stellt gem. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB der Abschlussstichtag den Bewertungsstichtag dar. In der Praxis wird die Pensionsbewertung jedoch oftmals zwei bis drei Monate vor dem Abschlussstichtag nach Maßgabe der geschätzten Verhältnisse zu diesem Tag erstellt. Dieses in der Praxis etablierte Verfahren wird in der Regierungsbegründung im Wesentlichen nicht beanstandet. Etwas anderes soll nur gelten, wenn sich "zwischen der Erstellung eines Pensionsgutachtens und dem Abschlussstichtag Änderungen beim Mengengerüst oder den einzelnen zugrunde gelegten Bewertungsparametern ergeben, die zu wesentlichen Abweichungen führen".[1] Im Umkehrschluss billigt der Gesetzgeber gleichzeitig, dass nicht nur die Personalinventur zur Bestimmung des zugrunde zu legenden Mengengerüsts, sondern auch die Festlegung der Bewertungsannahmen einschl. des Abzinsungssatzes (Rz 130) vorgezogen wird.[2] Änderungen, die zu wesentlichen Abweichungen führen, dürften sich hauptsächlich auf Änderungen des Mengengerüsts beschränken. Annahmen über langfristige Kostentrends unterliegen ebenso wenig kurzfristigen Schwankungen wie der nunmehr zehnjährige Durchschnittszinssatz (Rz 146). Für wertpapiergebundene Pensionsverpflichtungen gilt die Vereinfachung nur für das Mengengerüst, nicht aber für die Bewertungsparameter (Rz 106).

[1] BT-Drs. 16/10067 v. 30.7.2008 S. 55.
[2] Vgl. auch IDW RS HFA 30.65.

2.3.7.2.1 Nicht wertpapiergebundene Altersversorgungsverpflichtungen

 

Rz. 77

Zu den wesentlichen Bewertungsannahmen gehört die Verwendung von biometrischen Wahrscheinlichkeiten. Eine Eigenschaft von Pensionsverpflichtungen ist es, dass die Leistungspflicht durch biologische Ereignisse wie Alter, Invalidität oder Tod ausgelöst wird. Die Eintrittswahrscheinlichkeiten dieser die Leistungspflicht auslösenden Ereignisse sind nach den Regeln der Versicherungsmathematik zu bewerten. Entsprechend dem Gesetz der großen Zahlen wird der Risikoverlauf mit steigender Anzahl von Anspruchsberechtigten besser approximiert.

 

Rz. 78

Die zur Bewertung benötigten Wahrscheinlichkeiten unterliegen im Zeitlauf einem steten Wandel. Hinlänglich bekannt ist die konstante Erhöhung der Lebenserwartung. Die künftige Entwicklung der biometrischen Rechengrundlage ist angemessen zu berücksichtigen. Als Rechengrundlage sind nur solche Statistiken geeignet, die sich entweder auf die Gesamtheit aller Pensionsberechtigten bzw. -empfänger oder auf eine bestimmte Untergruppe aus dieser Gesamtheit beziehen. Die Verwendung von biometrischen Wahrscheinlichkeiten, die sich nur auf eine Untergruppe (z. B. chemische Industrie) beziehen, ist zulässig, wenn die zu bewertende Gesamtheit der entsprechenden Untergruppe zugerechnet werden kann. So eignen sich die Sterbetafeln, die sich nur auf privat Renten- und Krankenversicherte beziehen, nicht zur Bewertung eines Personalbestands, der auch Arbeiter einschließt, da Erstere im Durchschnitt eine höhere Lebenserwartung aufweisen. I. d. R. ist dem Bewertungserfordernis des § 253 Abs. 2 HGB Genüge getan, wenn für inländische Verpflichtungen die aktuellen Richttafeln von K. Heubeck zugrunde gelegt werden.[1] Tw. kann es angezeigt sein, diese durch entsprechende Zu- oder Abschläge für z. B. kürze oder längere Lebenserwartung zu modifizieren. Durch Zu- oder Abschläge können auch sich abzeichnende Veränderungen berücksichtigt werden, die noch keinen Eingang in die Richttafeln von K. Heubeck gefunden haben, da diese nicht jährlich aktualisiert werden. In der Praxis finden die Richttafeln von K. Heubeck im Allgemeinen jedoch ohne Modifikationen Anwendung. Gegen ein Abweichen von Heubeck-Tafeln sprechen auch steuerliche Gründe. Sollten die modifizierten Tafeln auch für die steuerliche Gewinnermittlung verwendet werden, ist im Zweifel detailliert darzulegen, inwieweit die modifizierten Tafeln die betrieblichen Verhältnisse zutreffender widerspiegeln als die Heubeck-Tafeln.

Am 20.7.2018 hat die Heubeck AG neue Richttafeln für die Pensionsbewertung vorgelegt (Heubeck-Richttafeln 2018 G). Sie treten an die Stelle der bisher verwendeten Richttafeln 2005 G und tragen dem fortgesetzten Trend längerer Lebenserwartungen Rechnung. Zudem berücksichtigen sie erstmal sozioökonomische Faktoren wie den statistisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen der Lebenserwartung und der Einkommenshöhe durch einen pauschalen Abschlag auf die Sterbewahrscheinlichkeiten. Als Folge der erstmaligen Anwendung der neuen Richttafeln in den künftigen Jahresabschlüssen wurde ein ...

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