Rz. 70

Im Zusammenhang mit der Bewertung von Rückstellungen verbinden § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB und § 253 Abs. 1 und Abs. 2 HGB bestimmte Bewertungsvorschriften mit den Begriffen "Altersversorgungsverpflichtungen" und "vergleichbaren langfristig fällige Verpflichtungen". Begriffsdefinitionen finden sich weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung. Lediglich in der Gesetzesbegründung zu § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB findet sich eine Aufzählung von Verpflichtungen, die der Gesetzgeber von diesen Begrifflichkeiten erfasst sieht. Danach zählen zu den Altersversorgungsverpflichtungen und vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen Pensionsverpflichtungen, Altersteilzeitverpflichtungen und Verpflichtungen aus Lebensarbeitszeitmodellen.[1]

 

Rz. 71

Diese Begrifflichkeiten stehen in einem Spannungsverhältnis mit dem an anderer Stelle weiter verwendeten Begriff der Pensionen und ähnlichen Verpflichtungen. So schreiben § 266 Abs. 3 HGB den separaten Bilanzausweis von Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen und § 285 Nr. 24 HGB die Angabe der Bewertungsannahmen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen vor. Inhaltlich besteht zwischen den Begriffen "Altersversorgungsverpflichtungen" und "Pensionsverpflichtungen" Deckungsgleichheit.[2]

 

Rz. 72

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sind dem Begriff der Pensionen alle Verpflichtungen aus Leistungszusagen eines Arbeitgebers aus Anlass des Arbeitsverhältnisses an einen Mitarbeiter zu subsumieren, die für die biologischen Ereignisse Alter, Invalidität oder Tod (§§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i. V. m. 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG) einen Versorgungsanspruch beinhalten. Mit Eintritt des den Versorgungsanspruch auslösenden biologischen Ereignisses endet rechtlich das Arbeitsverhältnis. Merkmale von Pensionen sind, dass diese versorgungshalber und ohne eine vom Empfänger zu erbringende Gegenleistung gezahlt werden. Zu den Pensionen zählen sowohl laufend zu zahlende Bezüge (Pensionen, Renten, Ruhegelder) als auch Einmalzahlungen (Kapitalzusagen).

 

Rz. 73

Bzgl. des Begriffs der vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen erscheint vor dem Hintergrund des Gesetzeswortlauts fraglich, ob eine Vergleichbarkeit mit den Altersversorgungsverpflichtungen in zeitlicher oder inhaltlicher Hinsicht gegeben sein muss. Die Vergleichbarkeit muss insb. in inhaltlicher Hinsicht gegeben sein, denn das Merkmal "vergleichbar" bezieht sich als Adjektiv auf die Verpflichtungen und nicht als Attribut auf langfristig fällig.[3] Demzufolge rechnen zu den vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen solche, die nicht bereits Altersversorgungsverpflichtungen i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG darstellen, die aber aufgrund des Vorliegens von biometrischen Risiken "vergleichbar" sind.[4] Zu den vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen rechnen daher Vorruhestandsbezüge und Verpflichtungen aus Altersteilzeitvereinbarungen (§ 249 Rz 51). In beiden Fällen handelt es sich nicht um Leistungszusagen, die der Arbeitgeber aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt, sondern um Leistungen aus Anlass zur (vorzeitigen) Beendigung der Arbeit. Gleiches gilt für Übergangsgelder, Treuezahlungen, Abfindungen oder Auslandszuschläge, wenn diese erst bei Eintritt eines biologischen Ereignisses fällig werden (§ 249 Rz 51). Verpflichtungen zur Zahlung von Übergangsbezügen und Überbrückungsgeldern werden ebenfalls den vergleichbar langfristig fälligen Verpflichtungen zugerechnet. Wegen Geringfügigkeit werden sie aber regelmäßig nicht bewertet. Versorgungszusagen über laufende Sachleistungen, Beihilfen zu Krankenversicherungsbeiträgen oder die Erstattung von Krankheitskosten stellen ebenfalls vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen dar. Weitere Anwendungsfälle sind Jubiläumsverpflichtungen und Verpflichtungen aus Lebensarbeitszeitkonten.

 

Rz. 74

Die Begriffsbestimmung der (pensions-)ähnlichen Verpflichtungen ist diffus.[5] Tw. wird gemutmaßt, der Gesetzgeber hätte die Verpflichtung zur Zahlung von Vorruhestandsbezügen als pensionsähnliche Verpflichtung ansehen wollen. Eine solche Einordnung wird in der Literatur jedoch abgelehnt, da es sich vielmehr um Abfindungszahlungen handelt.[6] Tw. werden auch Überbrückungsgelder oder Pensionsverpflichtungen aufgrund betrieblicher Übung oder des Gleichbehandlungsgrundsatzes dem der pensionsähnlichen Verpflichtung subsumiert.[7] Im Allgemeinen wird in dem Begriff der (pensions-)ähnlichen Verpflichtungen jedoch ein Auffangtatbestand ohne praktische Relevanz gesehen.

[1] Vgl. BT-Drs. 16/10067 v. 30.7.2008 S. 48. IDW RS HFA 30.7 n. F. spricht von Verpflichtungen ggü. "Versorgungsberechtigten". Mit dem ggü. dem Begriff "Arbeitnehmer" weiter gefassten Begriff werden auch solche Verpflichtungen erfasst, in denen ein Bilanzierender die Verpflichtungen im Wege eines Schuldbeitritts übernommen hat.
[2] Vgl. IDW RS HFA 30.6 n. F.
[3] Vgl. Bertram/Johannleweling/Roß/Weiser, WPg 2011, S. 2.
[4] Vgl. IDW RS HFA 30.8; Lucius/Veit, BB 2010, S...

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