Rz. 9

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung kann als Ergebnis eines umfassenden und sich regelmäßig wiederholenden Prozesses angesehen werden, der den Unternehmen die Möglichkeit bietet, Themen darzulegen, die über die Finanzberichterstattung hinausgehen, aber eng mit der Entwicklung des Unternehmens und seiner Zukunftsfähigkeit verbunden sind. Grundvoraussetzung bildet das Nachhaltigkeitsmanagement, welches die erforderlichen qualitativen und quantitativen Informationen verfügbar und überprüfbar macht (§ 4).

 

Rz. 10

Wie jede Form der Kommunikation sollte auch eine Nachhaltigkeitsberichterstattung adressatenorientiert und möglichst als Dialog ausgestaltet werden (§ 3 Rz 4). Die Berichterstattung kann freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Bestimmung erfolgen (§ 9).

 

Rz. 11

Das Prinzip der Wesentlichkeit ist in der Nachhaltigkeitsberichterstattung von zentraler Bedeutung. Es dient als Entscheidungsgrundlage dafür, welche Themen sowohl für das Unternehmen als auch sein Umfeld so relevant sind, dass sie gesteuert werden und darüber berichtet wird. Je nach Rahmenwerk oder auch gesetzlichen Vorgaben sind die Kriterien zur Bestimmung der wesentlichen Berichtsinhalte unterschiedlich. Nicht alle wesentlichen Themen sind von gleicher Bedeutung, und die Schwerpunkte innerhalb eines Berichts sollten ihre relative Priorität widerspiegeln. Ein weiterer wichtiger Grundsatz bei der Berichterstattung ist die Vollständigkeit, wonach bspw. sämtliche wesentliche Informationen im Nachhaltigkeitsbericht enthalten und die Informationen in Bezug auf den relevanten Zeitraum vollständig sein müssen.[1]

 

Rz. 12

Das Prinzip der Wesentlichkeit kann als fundamentaler Grundsatz in der Finanzberichterstattung angesehen werden. Der Grundsatz besagt, dass alle entscheidungserheblichen Sachverhalte berücksichtigt werden müssen. Als entscheidungserheblich kann alles angesehen werden, was den Adressaten der Informationen in seiner Entscheidungsfindung beeinflussen kann. Nach dem Prinzip der Wesentlichkeit hat eine Konzentration auf bedeutsame und relevante Informationen zu erfolgen. Im Umkehrschluss sind unbedeutende Informationen nicht zu berücksichtigen.[2]

 

Rz. 13

Analog zur Finanzberichterstattung gilt das Prinzip der Wesentlichkeit auch für das Nachhaltigkeitsmanagement sowie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Unternehmen müssen ein Verständnis über ihre Auswirkungen auf die und aus den Geschäftsaktivitäten in möglichst messbaren Größen (z. B. Höhe des Energieverbrauchs) entwickeln, um eine fundierte Priorisierung vornehmen zu können. Sofern eine quantitative Bewertung nicht möglich ist, hat eine Priorisierung anhand qualitativer Merkmale zu erfolgen.

 

Rz. 14

I. R. d. Wesentlichkeitsprinzips sind insofern 2 Perspektiven zu betrachten: Auf der einen Seite beschreibt die Inside-out-Perspektive, wie sich die Unternehmenstätigkeiten auf verschiedene Nachhaltigkeitsthemen auswirken. Auf der anderen Seite besteht mit der Outside-in-Perspektive eine Sichtweise, welche den Einfluss von Nachhaltigkeitsthemen auf die Unternehmenstätigkeiten selbst beschreibt (§ 9 Rz 74).[3]

 

Rz. 15

Für Unternehmen bestehen diverse ökonomische, ökologische und soziale Themen.

Abb. 2: Haus der Nachhaltigkeit[4]

Unternehmen sollen letztlich dort agieren, wo ihre Einflussnahme am größten ist. Zur Ermittlung der Wesentlichkeit wird häufig eine sog. Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt. Dabei handelt es sich um ein strategisches Instrument, um Nachhaltigkeitsthemen, die sowohl für das Unternehmen als auch für seine Stakeholder erheblich und relevant sind, zu identifizieren und zu priorisieren. Das Ergebnis definiert den Handlungsrahmen für das Nachhaltigkeitsmanagement (§ 3 Rz 19 ff.).

[1] Vgl. Global Reporting Initiative, GRI 1: Foundation 2021, S. 11 ff.
[2] Vgl. IDW, WPH Edition, Assurance, 2. Aufl., 2021, Kap. D, Tz. 66 ff.
[3] Vgl. Deutscher Nachhaltigkeitskodex – DNK-Kriterien, www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/de-DE/Home/DNK/Criteria/Wesentlichkeit, abgerufen am 3.1.2023.
[4] Quelle: Windisch/Bernhard, weiterentwickelte Darstellung basierend auf: Splendid Research, Corporate Social Responsibility Monitor 2016, www.splendid-research.com/de/csr-studie; Bundesministerium für Arbeit und Soziales, www.csr-in-deutschland.de/DE/CSR-Preis/Ueber-den-Wettbewerb/Methodik/Aktionsfelder/aktionsfelder.html, abgerufen jew. am 3.1.2023; Brühl, Corporate Social Responsibility, 2018, S. 30; DIN ISO 26000, 2011, S. 14 ff.; Europäische Kommission, Eine neue EU-Strategie (2011–14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR), KOM(2011) 681 endgültig, S. 8 f.; Hiß, Warum übernehmen Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung? Ein soziologischer Erklärungsversuch, 2006, S. 38 f.; Kernstock/Wenger-Schubiger, in Esch (Hrsg.), Corporate Brand Management, 3. Aufl., 2014, S. 337 ff.; Kleinfeld/Martens, in Schulz/Bergius (Hrsg.) CSR und Finance, 2014, S. 223; Stehr/Hartmann, in Altenburger/Schmidpeter (Hrsg.), CSR und Familienunternehmen, 2018, S. 54 f.; Walter, Verantwortliche Unternehmensführu...

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