1. Änderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden

 

Tz. 23

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Änderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden stellen Änderungen von Prinzipien, grundlegenden Überlegungen, Konventionen, Regeln und Praktiken dar (zu möglichen Änderungen der Definition vgl. Tz. 8a). Die Änderungen können sich auf die Bilanzierung dem Grunde nach (Erfassung bzw. Ansatz), die Bilanzierung der Höhe nach (Bewertung) sowie der Darstellung (Ausweis bzw. Disclosure) hinsichtlich des personellen, sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereichs beziehen. Die Bilanzierungs- und Bewertungsmethode ist "das Verfahren", dh. die Rechen- oder Ermittlungslogik, das sich aus verschiedenen wertbeeinflussenden Bausteinen, den "Faktoren", zusammensetzt und die bei der Bilanzierung eines bestimmten Sachverhalts zu beachten sind (ähnlich auch IDW RS HFA 38 Tz. 8ff. und Fink/Zeyer, PiR 2011, S. 183ff.). Die Faktoren werden durch die Bilanzierungs- und Bewertungsmethode vorgegeben und können entweder aus Daten, Informationen und Erfahrungen mit Präzision ermittelbar sein (zB die Anschaffungskosten aus einem Kaufvertrag) oder aber mit Unsicherheit behaftet und daher nicht mit Präzision ermittelbar sein (zB die Bewertung von Rückstellungen). Für Letztere erfolgt die Ermittlung im Rahmen von Ermessensentscheidungen oder rechnungslegungsbezogenen Schätzungen (zur Unterscheidung vgl. Tz. 25).

 

Tz. 24

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Änderungen in der Bewertungsgrundlage (zB historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten, Tageswert, Nettoveräußerungswert, beizulegender Zeitwert oder erzielbarer Betrag; vgl. IAS 1.118) stellen daher grundsätzlich gem. IAS 8.35 eine Änderung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethode dar, da bei diesen Vorgängen das Verfahren ausgetauscht wird.

 

Tz. 24a

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Im Gegensatz dazu ist nach der im Februar 2021 erfolgten Änderung von IAS 8 (folgerichtig) die Änderung der Bewertungstechnik (dh. ein geändertes Schätz- oder Bewertungsverfahren) bei nicht mit Präzision ermittelbaren Wertansätzen eine Schätzungsänderung (vgl. IAS 8.32A sowie Tz. 2f und Tz. 10a).

2. Rechnungslegungsbezogene Schätzungen

 

Tz. 25

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Der Begriff "rechnungslegungsbezogene Schätzungen" wird in IAS 8.5 definiert als in Abschlüssen angegebene Geldbeträge, die mit Bewertungsunsicherheiten behaftet sind.

Aus dieser Definition werden folgende, einer rechnungslegungsbezogenen Schätzung innewohnende Charakteristika ersichtlich (vgl. auch IAS 8.32):

(1) Rechnungslegungsbezogenen Schätzungen iSv. IAS 8 können nur im Bereich der Bewertung bzw. Bewertungsunsicherheiten auftreten. Dies wird auch durch die Ausführungen in IAS 8.32 gestützt, wonach eine Rechnungslegungsmethode vorschreiben kann, dass Posten in Abschlüssen unter Berücksichtigung von Bewertungsunsicherheiten bewertet werden. D.h., die Geldbeträge, die dem Posten zugeordnet werden, sind nicht direkt feststellbar und müssen demzufolge geschätzt werden.
(2) Zur Schätzung entwickelt ein Unternehmen "rechnungslegungsbezogene Schätzungen", um das in der Rechnungslegungsmethode festgelegte Ziel zu erreichen (vgl. dazu auch Heuser/Theile, 6. Aufl., Tz. 12.25; Beck IFRS-Handbuch, 5. Aufl., § 45, Tz. 13, mwN; ähnlich IAS 16.BC33 in Bezug auf Abschreibungsmethoden).
(3) Die Entwicklung von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen erfolgt auf der Grundlage von Ermessensentscheidungen oder Annahmen, die auf den zuletzt verfügbaren verlässlichen Informationen beruhen. Dazu gehören nach IAS 8.32A neben Inputfaktoren auch Bemessungsverfahren (Schätz- und Bewertungsverfahren) (vgl. Tz. 10a).
(4) Unsicherheiten in Bezug auf die Sachverhaltsanalyse oder den (erstmaligen) Ansatz von Vermögenswerten, Schulden, Aufwendungen und Erträgen wird insofern nicht von der Definition für Schätzungen erfasst. Diese stellen Ermessensentscheidungen des Managements iSv. IAS 1.122 dar, die nach dem Wortlaut des IAS 1.122 separat von Schätzungsunsicherheiten darzustellen sind.
(5) Die inhärente Unsicherheit bei Bewertungen macht es erforderlich, Anpassungen aufgrund von neuen Erkenntnissen oder Entwicklungen vorzunehmen (Änderung rechnungslegungsbezogener Schätzungen). Eine Schätzung muss also überarbeitet werden, wenn sich die Umstände ändern, auf deren Grundlage die Schätzung erfolgt ist, oder als Ergebnis von neuen Informationen oder zunehmender Erfahrung. Im Einzelnen hierzu vgl. Tz. 119.
(6) Änderungen rechnungslegungsbezogener Schätzungen basieren auf zuletzt verfügbaren, verlässlichen Daten, Informationen und Entwicklungen, die zeitlich erst nach Ende des Wertaufhellungszeitraums der vorangegangenen Berichtsperiode anfallen. Insofern unterscheiden sie sich von Fehlerkorrekturen (vgl. Tz. 32).

Festzuhalten ist im Ergebnis, dass durch die Änderungen an IAS 8 bezüglich des Begriffs der rechnungslegungsbezogenen Schätzung mehr Sachverhalte hierunter eindeutig zugeordnet werden können, wenngleich in der Praxis und unter Anwendung von IAS 8.35 sowieso schon versucht wurde im Zweifelsfall eher zu einer "Schätzungsänderung" zu tendieren (sa. Ernst & Young, International GAAP, Ch. 3.4.2.2...

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