Tz. 118

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Rechnungslegungsbezogene Schätzungen sind notwendiger Bestandteil bei der Erstellung von Abschlüssen. Die Verlässlichkeit von Abschlüssen wird durch die Verwendung von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen nicht beeinträchtigt. Zur Abgrenzung rechnungslegungsbezogener Schätzungen von Fehlern und Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden vgl. Tz. 34ff.

 

Tz. 119

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Rechnungslegungsbezogene Schätzungen werden stets auf Basis der letzten verfügbaren Informationen vorgenommen (vgl. IAS 8.32). Neue Informationen können folgende Ursachen haben (vgl. IAS 8.34):

(1) Änderungen bezüglich der rechnungslegungsbezogenenSchätzungen zugrunde gelegten Annahmen,
(2) neue Erkenntnisse und
(3) zusätzliche Erfahrungen.

Eine Schätzung muss bei Vorliegen derartiger Informationen stets überarbeitet werden (IAS 8.34). Im Rahmen der Abschlusserstellung ist folglich jede Schätzung daraufhin zu überprüfen, ob sie auf Basis des letzten verfügbaren Informationsstandes vorgenommen wurde. Eine jährlich zwingend vorzunehmende Neuberechnung wie zB beim jährlichen Impairment Test ist somit dann nicht erforderlich, wenn gegenüber dem Vorjahresabschluss keine neueren Informationen verfügbar wurden. Dem Wertaufhellungszeitraum kommt in Bezug auf rechnungslegungsbezogene Schätzungen besondere Bedeutung zu.

 

Tz. 120

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Fraglich ist, ob angewendete Schätzverfahren stetig anzuwenden sind. Der in IAS 8.13 verankerte Stetigkeitsgrundsatz bezieht sich ausschließlich auf Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und somit nicht auf rechnungslegungsbezogene Schätzungen. Ein mit IAS 8.13 vergleichbarer Stetigkeitsgrundsatz für rechnungslegungsbezogene Schätzungen ist in IAS 8 nicht enthalten. Eine hierauf begründete willkürliche Änderung der angewendeten Schätzverfahren würde indes der in IAS 8.1 verankerten Zielsetzung des Standards, die Relevanz und Zuverlässigkeit des Abschlusses eines Unternehmens sowie die Vergleichbarkeit von Abschlüssen zu erhöhen, zuwiderlaufen. Folglich ist auch bei einer Änderung eines Schätzverfahrens darzulegen, inwiefern diese Änderung zu verlässlichen und relevanteren Informationen führt (in Bezug auf Änderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden vgl. Tz. 85ff.; für eine Stetigkeit bezüglich der rechnungslegungsbezogenen Schätzungen ebenfalls plädierend Knobloch/Krauß, KoR 2017, S. 204). Diese Auffassung wird zT von einzelnen IFRS-Vorschriften bestätigt: So ist in Bezug auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte mit begrenzter Nutzungsdauer die Abschreibungsmethode von Periode zu Periode stetig anzuwenden, es sei denn, der erwartete Abschreibungsverlauf ändert sich (IAS 16.62, IAS 38.98).

 

Tz. 121

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Darüber hinaus schreibt IAS 16.29 die Anwendung des Anschaffungskosten- oder des Neubewertungsmodells auf ganze Gruppen von Sachanlagen vor. Hierzu gehört auch die Anwendung einer einheitlichen Abschreibungsmethode auf art- und funktionsgleiche Vermögenswerte. Zudem sind die in IAS 16.73f. geforderten Angabepflichten für eine jeweilige Gruppe von Sachanlagen zu machen. In IAS 16.75 wird explizit festgehalten, dass ua. die Angabe der Abschreibungsmethode den Abschlussadressaten Informationen gibt, um Vergleiche mit anderen Unternehmen vorzunehmen. Die Vornahme von derartigen Vergleichen ist nicht möglich, wenn auf art- und funktionsgleiche Vermögenswerte unterschiedliche Abschreibungsmethoden angewendet werden. Folglich sind auf Neuzugänge dieselben Abschreibungsmethoden anzuwenden, wenn art- und funktionsgleiche Vermögenswerte bereits in vergangenen Perioden bilanziert wurden und keine anderen Argumente für eine Abweichung (zB technologischer oder wirtschaftlicher Art) bestehen.

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