Tz. 43

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Die Vorschriften des IAS 2 gewähren dem Bilanzierenden grundsätzlich keine Spielräume bei der Bestimmung des Umfangs der Herstellungskosten. Es bestehen dabei lediglich einige Auslegungsspielräume. Nach IAS 2.10 und IAS 2.12ff. ist der Bilanzierende verpflichtet, die produktionsbezogenen Vollkosten (vgl. Tz. 57) anzusetzen. Dazu zählen alle Einzelkosten sowie fixe und variable Produktionsgemeinkosten. Maßgebendes Ansatzkriterium ist der direkte Zusammenhang der angefallenen Kosten mit dem Produkt bzw. dem Produktionsvorgang. Ein Verbot besteht dagegen für den Ansatz der Vertriebskosten sowie für alle anderen angefallenen Kosten, die nicht dem Herstellungsvorgang zugerechnet werden können (IAS 2.15ff.). Ebenso sind die sogenannten nachlaufenden Herstellungskosten nicht Bestandteil der Herstellungskosten.

 

Tz. 44

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Nach IAS 2.12 besteht eine Aktivierungspflicht für alle Kosten, die direkt der Produktionseinheit zugerechnet werden können. Damit werden Einzelkosten zu Pflichtbestandteilen der Herstellungskosten. Als Beispiel nennt IAS 2.12 Fertigungseinzelkosten (direct labour). Dazu gehören bspw. die Akkordlöhne der Produktionsmitarbeiter. Ebenfalls zu den aktivierungspflichtigen Einzelkosten gehören Materialeinzelkosten, zB Rohstoffe oder Einbauteile, die verursachungsgerecht (bspw. dokumentiert durch Entnahmescheine) im Rahmen der Be- oder Verarbeitung der Produktionseinheit zugerechnet werden können. Sondereinzelkosten der Fertigung, die sich jeweils auf einen Auftrag oder ein Produktionslos beziehen, etwa die Kosten von Gussformen, Spezialwerkzeugen oder Konstruktionsplänen, sind ebenfalls zu aktivieren.

 

Tz. 45

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Zu den Herstellungskosten zählen neben den Einzelkosten nach IAS 2.12 auch alle systematisch zugerechneten fixen und variablen Produktionsgemeinkosten (production overheads). Als Schlüsselgrößen können bspw. Maschinenstunden oder prozentuale Zuschlagssätze auf Basis der jeweiligen Einzelkostenarten dienen.

 

Tz. 46

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Als fixe Produktionsgemeinkosten werden die nicht direkt zurechenbaren Kosten der Produktion bezeichnet, die unabhängig von dem Ausmaß der Produktion relativ konstant anfallen (Kosten der Betriebsbereitschaft). Beispielhaft können Aufwendungen zur Instandhaltung der Betriebsgebäude und -einrichtungen sowie planmäßige Abschreibungen auf diejenigen Sachanlagen genannt werden, die im Produktionsprozess zum Einsatz kommen. Planmäßige Abschreibungen, die in die Kosten einzubeziehen sind, bestimmen sich nach IAS 16 (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 16, Tz. 46ff.). Außerplanmäßige Abschreibungen (bspw. aufgrund eines Maschinenbrandes) sind aufgrund eines fehlenden Wertbeitrags dagegen nicht zu aktivieren. Darüber hinaus sind auch Kosten des Managements und der Verwaltung zu aktivieren, soweit diese systematisch der Produktion zurechenbar sind (vgl. Tz. 51).

 

Tz. 47

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Variable Produktionsgemeinkosten sind nicht direkt zurechenbare Kosten der Produktion, die unmittelbar oder nahezu unmittelbar mit dem Ausmaß der Produktion variieren. IAS 2.12 nennt beispielhaft variable Fertigungsgemeinkosten und variable Materialgemeinkosten. Zu diesen Kosten zählen neben den nicht direkt zurechenbaren Kosten auch solche, die nur aus wirtschaftlichen Gründen geschlüsselt werden, obwohl sie dem Kostenträger einzeln zugerechnet werden könnten (unechte Gemeinkosten). Als Beispiele sind Schmier- oder Reinigungsmittel, aber auch Schrauben zu nennen, wenn deren Verbrauch aus wirtschaftlichen Gründen nicht über Stücklisten für jedes Produkt erfasst wird.

 

Tz. 48

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Neben Einzel- und Gemeinkosten werden sonstige Kosten in die Bemessung der Anschaffungs- und Herstellungskosten einbezogen, wenn sie zur Verbringung des Vorratsgegenstandes an dessen derzeitigen Ort und in dessen derzeitigen Zustand dienten. Das können zB nicht produktionsbezogene Kosten oder Kosten der Produktentwicklung für bestimmte Kunden sein (IAS 2.15). Lagerkosten können sich in bestimmten Ausnahmefällen (zum Standardfall eines Ansatzverbots vgl. Tz. 61) für eine Aktivierung qualifizieren, wenn sie bspw. während des Reifeprozesses von Wein, Whiskey oder Käse anfallen, da diese Kosten für den verkaufsfähigen Zustand des Produktes zwangsläufig sind und letztlich vom Kunden auch durch ein entsprechendes Entgelt vergütet werden (vgl. PricewaterhouseCoopers (Hrsg.), 2021, Tz. 20.68).

 

Tz. 49

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Nach den IASB-Vorschriften besteht für Fremdkapitalkosten unter bestimmten Bedingungen eine Aktivierungspflicht, die nach IAS 2.17 sowohl für die Ermittlung der Anschaffungskosten als auch für die Ermittlung der Herstellungskosten gilt. Die Aktivierung ist gem. IAS 23.8 insbesondere an folgende Voraussetzungen gebunden:

1) Es muss sich um einen qualifizierten Vermögenswert (qualifying asset) handeln (vgl. Tz. 50).
2) Die Fremdkapitalkosten sind direkt dem Erwerb oder der Herstellung des qualifizierten Vermögen...

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