Der Henkel-Konzern nutzt Shared Service Centers intensiv – und sehr erfolgreich. In einer Tour de Force präsentiert Frank Tenbrock, Corporate Director bei Henkel AG & Co.KGaA, die Erfolgsgeschichte „Shared Service Journey @ Henkel“ und verrät einige der Geheimnisse dahinter.

Im Zeitalter der ständig wachsenden Datenmengen sehen sich Controller einem Dilemma gegenüber: Einerseits sollen sie die Manager entlasten, andererseits wünschen sich diese auch schnellen und umfangreichen Zugang zu diesen gestiegenen Informationsmengen. Dadurch wiederum wächst die Belastung für die Controller. So stellt Frank Tenbrock auf dem 8. WHU-Campus for Controlling zunächst die provokative Frage in den Raum: „Wer entlastet eigentlich die Controller?“ Ein möglicher Ausweg liegt in der Auslagerung von Standardaufgaben in ein oder mehrere Shared Service Center (SSCs).

Abteilungsdenken wird durch „ganzheitliches Denken in Prozessen“ abgelöst
Frank Tenbrock geht soweit, die umfangreiche Nutzung von SSCs als einen wichtigen Baustein für den nachhaltigen Erfolg bei Henkel zu bezeichnen. Anfang des Jahrtausends war das noch anders: „Eine Benchmarkstudie hatte uns damals gezeigt, dass wir nicht mehr ‚best in class‘ waren, erklärt Tenbrock offen. „So haben wir überlegt, wie wir wieder besser werden können.“ Der Lösungsansatz war radikal – die gesamte Denkweise im Unternehmen musste revolutioniert werden, weg vom „Abteilungsdenken“ hin zum „ganzheitlichen Denken in Prozessen“. Damit konnten Standardaufgaben quer über Abteilungen gebündelt werden. Die gebündelten Aufgaben in ein SSC auszulagern war dann der konsequente nächste Schritt: So wurde 2003 das erste SSC in Manila nicht (nur) unter dem Gesichtspunkt der Kosteneinsparung gegründet, sondern vielmehr mit der Idee, Synergieeffekte durch Automatisierung und Harmonisierung zu nutzen.

Beflügelt von dem Erfolg dieses ersten SSCs folgten im Laufe der nächsten Jahre weitere SSCs in Bratislava, Mexiko, Indien und Ägypten (S. Abb. in der Bilderserie). Ein SSC in Shanghai befindet sich derzeit in der Aufbauphase und soll noch dieses Jahr eröffnet werden. Der vorerst letzte Schritt des vor über zehn Jahren angestoßenen Prozesses war 2013 die Eingliederung einer globalen Prozessorganisation in der Abteilung Integrated Business Solutions (IBS), die IT und SSCs inklusive Prozessmanagement unter einem Dach zusammenfasst.

Auch Controlling-Aufgaben sind SSC-geeignet
Gestartet hatte damals alles mit den Finanzprozessen und auch heute noch sind fast 40% aller SSC-Aktivitäten finanzbezogen. Heute werden aber auch zunehmend Business-Prozesse in die SSCs transferiert. Frank Tenbrock gesteht, dass er selbst zunächst zu den Skeptikern gehörte als es darum ging Business-Controlling-Aktivitäten ins SSC zu verlagern: „Controlling geht gar nicht in einem SSC, wir sind Business Partner, wir müssen bei unseren Managern sitzen!“ Daraufhin verschaffte er sich mittels einer einfachen Liste einen Überblick, wie viele der täglichen Aufgaben tatsächlich dem Bereich des Business Partnering zuzuordnen sind. Zu seiner Überraschung entdeckte er dabei viele Routinetätigkeiten (das Erstellen von Tabellen und Standardberichten, etc.), die auch ohne größere Schwierigkeiten in einem SSC bearbeitet werden konnten. In der Zwischenzeit werden in den SSCs nicht nur Standardreports erstellt, auch erste Analysen und ad hoc-Anfragen werden von den hoch qualifizierten Mitarbeitern der SSCs erarbeitet.

Geschäftskenntnis und Soft Skills als neue Anforderungen im Controller-Profil
Die Controller in den Unternehmensbereichen werden durch diese recht umfangreiche Nutzung der SSCs deutlich entlastet und können sich nun verstärkt ihren weitergehenden Business-Partner-Aufgaben widmen. Die Anforderungen an das Controllerprofil bei Henkel haben sich dadurch deutlich verändert – nicht mehr nur das Zahlenverständnis und Excel-Kenntnisse stehen im Vordergrund, sondern Soft Skills und Geschäftsverständnis sind nun essentiell: „Gesucht wird heute der Business Partner, der auf Augenhöhe mit dem Management diskutieren kann.“ Gerade der Einfluss des Business Partners beruht auch auf dessen Persönlichkeit, seiner Offenheit für neue Wege der Zusammenarbeit, seiner Überzeugungskraft und seinen Kommunikationsfähigkeiten.

Shared Service Center als Karriere-Sprungbrett attraktiv positionieren

Frank Tenbrock unterscheidet zwei Phasen: Bei der Gründung eines SSC müssen die Betroffenen möglichst frühzeitig in die SSC-Planung eingebunden werden – und die Unterstützung des Top-Managements ist unerlässlich. Um ein SSC erfolgreich betreiben zu können, ist schließlich die Motivation der Mitarbeiter essentiell. Key Playern muss ein Anreiz geboten werden, im Unternehmen zu bleiben, da der Wettbewerb um die besten Mitarbeiter inzwischen sehr hoch ist. Gute Bezahlung allein reicht nicht aus, da alle großen Unternehmen inzwischen adäquate Bezahlung bieten. So fokussiert sich Henkel darauf, bei den SSC-Mitarbeitern das Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen Henkel zu schaffen bzw. zu stärken: Mit Ausnahme von Indien sind alle SSCs „eigene“ Henkel-SSCs. Die Mitarbeiter sollen sich als vollwertige „Henkel-Mitarbeiter“ fühlen und haben die Möglichkeit, aus den SSCs heraus Karriere zu machen, z.B. in Düsseldorf, dem Hauptsitz des Unternehmens. Dass dies nicht nur eine Floskel ist beweisen heute schon zahlreiche Beispiele in der Praxis, u.a. auch im Team von Frank Tenbrock.

Frank Tenbrock schließt euphorisch: „Das Konzept funktioniert! Und die Reise geht weiter!“

Das Unternehmen
Das markenfokussierte Unternehmen Henkel (Persil, Pril, Schwarzkopf, Pritt u.v.m.) produziert die unterschiedlichsten Konsum- und Industriegüter und ist u.a. Weltmarkführer bei Klebstoffen. 47.000 Mitarbeiter in aller Welt erwirtschafteten in 2013 einen Umsatz von 16,5 Mrd. Euro – mit steigender Tendenz (+3,5% organisches Umsatzwachstum).

Hier geht's zur Bilderserie "Shared Services Journey @ Henkel: Baustein für nachhaltigen Erfolg "

Verena Kowalewski, Institut für Management und Controlling (IMC) der WHU