AXA: Mit dem Google-Prinzip zum Vorreiter in der Versicherungsbranche


Die Versicherungsbranche kämpft seit Jahren mit stagnierendem Geschäft und rückläufigen Gewinnen. Dr. Thilo Schumacher erklärt, wie AXA die Transformation vom konservativen Versicherer zu einem der innovativsten Unternehmen der Branche geschafft hat. Der Schlüssel zum Erfolg ist dabei „intelligent einfach“.

Der Bedarf zur Transformation

Seit über 10 Jahren gibt es in der Versicherungsbranche kein spürbares Wachstum. Während der Großteil der Versicherer mit Kostensenkungsmaßnahmen reagiert, stellt Dr. Thilo Schumacher, Vorstand von AXA Konzern AG und AXA Krankenversicherung AG, provokant in den Raum, dass es sich bei diesen Maßnahmen um keine Strategie, sondern um reine Hygiene handle; dies müsse jeder tun. Strategie ist nach vorne und auf Wachstum gerichtet. Wie also muss sich AXA langfristig in einem Markt ohne Wachstum positionieren, in dem darüber hinaus die meisten Produkte relativ stark austauschbar sind, um in der Branche wettbewerbsfähig zu bleiben?

Google als Benchmark von kundenorientierter Einfachheit

Die radikale Veränderung im Kundenverhalten in den letzten Jahren fordert einen Rückgang der Komplexität und ein Umdenken bei AXA. „Mehr ist besser“ war jahrelang die Devise, aber ist das Gleiche machen, nur schneller und besser, wirklich die Antwort? Herr Schumacher vergleicht die Suche nach dem Wesentlichen mit der Einfachheit der Google Suchmaschine. Was ist dem Kunden wichtig, wenn man es in eine einzige Zeile fassen müsste? Bei einem Vergleich der Unternehmenswebsite von AXA und Google wird deutlich, was der Vorstand der AXA Krankenversicherung meint (s. Abb. 1 in der Bilderserie) Stärkere Kundenorientierung und einfaches Navigieren durch die Produktlandschaft, hat maßgeblich zum Erfolg von Google beigetragen. Zudem kritisiert Dr. Schumacher den hohen Anteil der Wertschöpfung der konservativen Versicherungsunternehmen, der aus der Tradition kommend zwischen 80-90% beträgt. Oftmals werden Tätigkeiten in der Wertschöpfung erledigt, die hohe Kosten verursachen, aber nicht zu einer Differenzierung am Markt beitragen. Die zentrale Herausforderung ist hier daher die Make or Buy or Partner Entscheidung entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Von der Kundenkontaktvermeidung zur Kundenbegeisterung

Die Versicherung soll wieder stärker mit dem emotionalen Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit in Verbindung gebracht werden. Aus Sicht von AXA ist dies nur möglich, wenn hierzu eine vertrauensvolle und intensive Interaktion mit Kunden aufgebaut sowie durch eine Ausrichtung auf eine zunehmend digitale Gesellschaft die Kundenbeziehungen gestärkt werden. Denn Sicherheit ohne Vertrauen funktioniert nicht. Früher hieß es bei AXA vielfach: „Je weniger der Kunde anruft, umso besser“. Diese Sichtweise und Erwartungshaltung gegenüber den Kunden hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Kundenbegeisterung ist mittlerweile als zentrales Element in der Strategie verankert. Auch sollen Partnerschaften zukünftig ein weiterer zentraler Erfolgsfaktor sein. Effizienz und Agilität dienen als Fundament, um unter anderen das Image des verstaubten Versicherers aufzupolieren.

Differenzierung im Wettbewerb als Handlungsmaßstab

Eine tiefgründige Analyse der Wertschöpfungskette des Konzerns soll als Grundlage zur Identifikation von Stärken und Schwächen sowie potenziellen

Differenzierungsmerkmalen dienen (s. Abb. 2 in der Bilderserie). Beispiele:

  • Die Underwriting-Entscheidung (risikogerechte Tarifierung) wurde als klarer Wettbewerbsvorteil identifiziert. Hier kann sich AXA durch eine höhere Preisspreizung und ein differenziertes Vorgehen bei der kostenkalibrierten Risikobewertung von der Konkurrenz abheben.
  • Dagegen ist der automatisierte Klassifikationsprozess aller Rechnungen, Belege oder sonstigen Schriftgütern im Posteingang ein Vorgang, der im Prinzip bei allen Krankenversicherern gleich abläuft und somit keinen Differenzierungsfaktor für den Kunden darstellt. Hier hat sich AXA für das „Buy“ entschieden, arbeitet in Kooperation mit anderen Versicherern und kann so Kosten einsparen.

Gestärkte Innovationskraft durch AXA Innovation Campus

Der 2012 gegründete AXA Innovation Campus forciert auf das Screening von Startups im Versicherungsumfeld sowie deren Förderung durch Investitionen. Über 250 Startups haben sich Dr. Thilo Schumacher und das Team des Innovation Campus, das aktuell mit 2 Vollzeitkräften besetzt ist, in den letzten zweieinhalb Jahren angesehen. AXA genießt unter den Startups einen guten Ruf – unter anderem weil man sich bei AXA die nötige Zeit für Feedback nimmt und man schnell auf die richtigen Leute trifft. AXA profitiert von der Zusammenarbeit durch einen regelmäßigen Austausch von innovativen Ideen in versicherungsnahen Themenfeldern sowie aktuellen Themen, die potenziell zu Veränderungen in der Versicherungsbranche führen können.

Auch treibt der Konzern Partnerschaften und Joint Ventures voran, in denen teils komplementäre Themen mit anderen Branchen angegangen werden.

  • In Kooperation mit dem Energieversorger RWE wurde beispielsweise ein Wasserdetektor entwickelt, der ein Versicherungsprodukt mit einer Smart Home Lösung verbindet und somit beiden Unternehmen den Zugang zum Haussicherheitsmarkt ermöglicht.
  • Im Bereich der Krankenversicherung wurde zusammen mit der CompuGroup Medical ein Joint Venture gegründet, das erstmalig im PKV-Markt die gesamte Rechnungsabwicklung zwischen Arzt, Patient und privater Krankenversicherung vollständig digital und papierlos ermöglicht.

Dr. Thilo Schumacher betont, dass eine kulturelle und thematische Passung der Partner sowie eine generelle Bereitschaft im Unternehmen sich für Innovationen zu öffnen, eine zwingende Voraussetzungen für den Erfolg sind.

Im Rahmen ihrer Transformation profitiert die deutsche AXA auch von Aktivitäten der weltweit aufgestellten AXA: Im Zuge der Neuausrichtung und Transformation wurde AXA im Jahr 2015 auf Platz 22 der weltweit innovativsten Unternehmen gewählt und sichert sich somit die Vorreiterrolle unter den Versicherern.