Unfallversicherungsschutz bei einem Terroranschlag


Unfallversicherungsschutz bei einem Terroranschlag

Ein Beschäftigter, der sich auf einer Geschäftsreise befindet, steht nach einem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen während des Abendessens in einem Restaurant auch dann nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn er dabei Opfer eines Terroranschlags wird.

Der Fall: Terroranschlag während des - privaten - Abendessens

Ein 62-jähriger Arbeitnehmer wurde im Juli 2016 von seinem Arbeitgeber zur einer Fortbildung nach Ansbach entsandt. Im Außenbereich eines Altstadtlokals aß er zu Abend und trank ein Glas Wein. Dort verübte zeitgleich ein syrischer Selbstmordattentäter einen Sprengstoffanschlag, durch den der Arbeitnehmer zahlreiche körperliche und seelische Verletzungen erlitt.

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, da Essen und Trinken grundsätzlich private Tätigkeiten seien, die nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fielen. Demgegenüber berief sich der Verletzte auf eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Sein Aufenthalt in dem Lokal habe eine betriebliche Ursache, da er sich ausschließlich aus dienstlichen Gründen am Ort des Anschlags aufgehalten habe.

LSG: Der Versicherungsschutz auf Dienstreisen ist nicht lückenlos

Das LSG hat in seinem Urteil (13.5.2020, Az. L 3 U 124/17) – wie zuvor das SG Hildesheim (Urteil vom 25.8.2017, Az. S 21 U 147/16) die Rechtsauffassung der Berufsgenossenschaft bestätigt und ausgeführt, dass auf Dienstreisen kein lückenloser Versicherungsschutz bestehe. Dieser Schutz entfalle auf alle Fälle dann, wenn sich der Versicherte rein persönlichen Belangen widme, die von seinen betrieblichen Aufgaben nicht wesentlich beeinflusst würden.

Auch wenn der Arbeitnehmer sich auf Dienstreise befunden habe, so reiche dies nicht aus, um ausnahmsweise den Versicherungsschutz der Unfallversicherung zu begründen. Alleine durch den Aufenthalt in Ansbach erhalte der Restaurantbesuch keinen betrieblichen Bezug.

Außerdem sei der Anschlag keine lokal begrenzte Gefahrenquelle, die dem Mann nicht auch an seinem Wohn- oder Arbeitsort hätte begegnen können. Die Gefahr eines Terroranschlags stelle ein allgemeines Lebensrisiko dar, das grundsätzlich an jedem Ort in Deutschland bestehe.

Praxishinweis: Für Arbeitnehmer schwierige Differenzierung rechtzeitig aufklären

Arbeitnehmer, die häufiger auf Dienstreisen geschickt werden müssen, stehen unter zusätzlichen Risiken, die durch die Reise bedingt sind. Um „böse Überraschungen“ zu vermeiden, sollte eine rechtzeitige arbeitgeberseitige Aufklärung hinsichtlich des Schutzes durch die Gesetzliche Unfallversicherung erfolgen, insbesondere im Hinblick darauf, was unter normalen Umständen als versicherte Tätigkeit gilt und was nicht.

So ungewöhnlich die Umstände im vorliegenden Fall auch waren, so reduziert sich die Prüfung durch die Berufsgenossenschaft hier auf die banale Frage, welche Tätigkeit zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens ausgeführt wurde. Hier lag offensichtlich eine sog. „eigenwirtschaftliche“ Tätigkeit (Nahrungsaufnahme) vor, die damit nicht als versichert gilt.

Übrigens könnte der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall eine zusätzliche Absicherung durch § 1 Abs. 1 OEG haben. Dabei ist zu beachten, dass Opferentschädigungsleistungen nach § 1 Abs. 1 OEG frühestens ab dem Monat der Antragstellung erbracht werden. Für die Zeiträume vor der Antragstellung kommen Leistungen nur in Betracht, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach dem Eintritt der Schädigung gestellt wird.