Bestellung von Sicherheitsbeauftragten durch eine Betriebsvereinbarung
Mit der im Laufe des Jahres 2014 bei den Berufsgenossenschaften umgesetzten DGUV-V 1 haben diese die bislang recht formalisierte Bestellung der Zahl der zu berufenden Sicherheitsbeauftragten (§ 22 Abs. 1 SGB VII) durch weitere Kriterien ergänzt (§ 20 Abs. 1 DGUV-V 1).
Mitbestimmung statt Mitwirkung des Betriebsrats?
Während der Gesetzgeber in § 22 Abs. 1 SGB VII dabei bislang nur von einer "Beteiligung des Betriebsrats" gesprochen hat, die überwiegend i. S. von "Mitwirkung" als dem schwächeren Recht gegenüber der "Mitbestimmung" ausgelegt wird, geben die neu formulierten Kriterien nun Anlass dazu, den Beteiligungsprozess des Betriebsrates neu zu definieren und ihn ggf. durch eine Betriebsvereinbarung eindeutig zu klären.
Mit der Konkretisierung der Verpflichtung zur Bestellung von Sicherheitsbeauftragten in § 20 Abs. 1 DGUV-V 1 wird nichts Neues zur Mitbestimmung durch den Betriebsrat gesagt. Hier ist allerdings auf die Grundsätze zurückzugreifen, die aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) folgen.
In seiner Entscheidung vom 18.3.2014 (Az. 1 ABR 73/12) führt das BAG aus, dass die aus § 3 Abs. 2 ArbSchG folgende Pflicht des Arbeitgebers, für eine geeignete Arbeitsschutzorganisation zu sorgen und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden, einen Rahmen für die Entwicklung einer an den betrieblichen Gegebenheiten ausgerichteten Organisation setzt. Hierbei habe der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen.
Mitbestimmung bei Gestaltungsspielräumen
Das BAG führt weiter aus, der Betriebsrat habe bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber diese aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen habe und ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verblieben.
Bestehe objektiv eine gesetzliche Handlungspflicht und sei wegen des Fehlens einer zwingenden Vorgabe eine betriebliche Regelung verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen, so setze das Mitbestimmungsrecht ein. Eine Rahmenvorschrift zur weiteren Ausgestaltung liege vor, wenn die gesetzliche Regelung Maßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes erfordere, diese aber nicht selbst im Einzelnen beschreibe, sondern dem Arbeitgeber lediglich ein zu erreichendes Schutzziel vorgebe.
Mitbestimmung bei der Bestellung von Sicherheitsbeauftragten
Die Zahl und die Auswahl der geeigneten Kandidaten für das Amt des Sicherheitsbeauftragten wird vom Gesetzgeber bzw. den Berufsgenossenschaften im Rahmen des ihnen zustehenden Satzungsrechts nach bestimmten Kriterien vorgesehen, es wird also nur "ein Rahmen vorgegeben".
Dieser ist nun in der betrieblichen Organisation umzusetzen, indem man folgende Fragen stellt und beantwortet:
- Welche Unfall- und Gesundheitsgefahren bestehen im Unternehmen?
- Wer hat die erforderliche räumliche Nähe zu den Beschäftigten?
- Wer hat die erforderliche zeitliche Nähe zu den Beschäftigten?
- Wer hat die fachliche Nähe zu den Beschäftigten?
- Wie viele Beschäftigte sind konkret betroffen und damit zu betreuen?
Bei der Beantwortung dieser Fragen bleiben dem Arbeitgeber Handlungsspielräume, die auszufüllen sind, was zwingend zu einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats führt. Dieses umfasst
- die Zahl der zu bestellenden Sicherheitsbeauftragten und
- die Anforderungsprofile derjenigen, die bestellt werden können.
Das Abgleichen dieser Profile mit geeigneten Mitarbeitern und die dann ggfs. erfolgende Bestellung kann – wie es die bisher vorherrschende Meinung vorsieht – als ein so eindeutiger Prozess angesehen werden, dass man hier in der Tat von einer schwächeren Form der Betriebsratsbeteiligung ausgehen kann, so dass hier dann nur noch die Mitwirkung in Frage kommt.
Da hier also verschieden "starke" Mitgestaltungsrechte des Betriebsrates zusammentreffen, empfiehlt sich die Regelung in einer einheitlichen Betriebsvereinbarung nach § 77 BetrVG.
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