Arbeitsschutz-Betriebsrevisionen: So werden Betriebe ausgesucht
Was sind die wichtigsten Kriterien, welche über die Häufigkeit von Betriebsrevisionen in Unternehmen durch die staatliche oder berufsgenossenschaftliche Aufsicht entscheiden? Im Allgemeinen kann man sagen, dass vor allem die staatlichen Betriebsrevisionen in Deutschland immer noch recht „techniklastig“ sind. Die technische Sicherheit nimmt in der Prioritätenhierarchie der staatlichen Gewerbsaufsichtsämter nach wie vor den ersten Platz ein, gefolgt von der Prüfung der Organisationsstrukturen und -prozesse und der persönlichen Sicherheit der Beschäftigten an dritter Stelle. Dies wird auch in der Organisationsstruktur der Gewerbeaufsichtsämter deutlich: Es gibt eigene Abteilungen für „Gefahrstoffe“ und „Überwachungsbedürftige Arbeitsmittel“, während die Themen Organisation/Personal zusammen mit anderen Sachgebieten im Rahmen der Abteilung „Arbeitsstätten“ zusammengefasst sind. Abgesehen von diesem Fokus auf Unternehmen mit hohem industriellen Technikeinsatz, unterscheiden sich die Auswahlkriterien von Bundesland zu Bundesland.
Betriebsrevisionen in Hessen
In Hessen beispielsweise wurden Betriebe für die staatlichen Betriebsrevisionen in Abhängigkeit von ihrem Gefährdungspotential im Bereich Arbeitsschutz häufiger, weniger häufig, selten oder nur im Rahmen von Sonderprogrammen geprüft. Das Gefährdungspotenzial wird mittels zwei Gefährdungskategorien ermittelt. Die Einordnung der Betriebe in die erste Kategorie beruht auf den gewichteten Rangplätzen der Anzahl der tödlichen Arbeitsunfälle (Gewichtung 2), der Arbeitsunfallrenten (Gewichtung 1,5), der Arbeitsunfälle (Gewichtung 1), der anerkannten Berufskrankheiten (Gewichtung 1) und den Berufskrankheitenanzeigen (Gewichtung 0,5). Als weitere Kategorie wird die Zahl der Beschäftigten herangezogen. Die Größenklasse I mit mehr als 1.000 Beschäftigten hat die Gewichtung 100, die Größenklasse IV mit 1-19 Beschäftigten das Gewicht 1. Mit den Werten dieser beiden Kategorien wird durch ein Kreuztabellenverfahren das Gesamtrisiko berechnet. Danach hat zum Beispiel ein Handelsbetrieb mit 19 Beschäftigten das Risiko 1, ein Metallbetrieb mit 250 Beschäftigten das Risiko 500.
Risikoalgorithmus der BG ETEM
Die bisherigen Verfahren werden durch neue Technologien schrittweise ersetzt bzw. ergänzt. Die Berufsgenossenschaften nutzen bereits heute KI-Algorithmen, um die Unternehmen für die nächsten Betriebsrevisionen auszuwählen. Die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) hat dabei sogar ihren eigenen Algorithmus entwickelt. Dieser lernt auf der Basis von mehr als 100 Merkmalen die Schätzung der Wahrscheinlichkeit für bevorstehende Arbeitsunfälle in den Betrieben bis zehn Vollarbeiter für das Folgejahr. Dabei werden Muster und Zusammenhänge aufgrund von besehenden Daten identifiziert, um eine Risiko- oder Gefährdungsprognose abschätzen zu können. Durch die Darstellung der Hauptmerkmalswerte kann das Aufsichtspersonal mit dem digitalen Instrument „BG-MOTIS“ in der Folge feststellen, welche Merkmale sich, bezogen auf einen bestimmten Betrieb, belastend oder begünstigend für die Prognose ausgewirkt haben – und somit die Dringlichkeit einer Betriebsrevision bestimmen.
-
Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz melden: Pflichten & Rechte
859
-
Bildschirmbrille: Wer trägt die Kosten?
521
-
Fürsorgepflichten des Arbeitgebers - eine Übersicht
440
-
Keine Arbeitszeiterfassung bei Vertrauensarbeitszeit
373
-
Ist die Teilnahme an der arbeitmedizinischen Vorsorge eigentlich Arbeitszeit?
306
-
Gilt die ärztliche Schweigepflicht auch für Betriebsärzte?
247
-
Arbeitsunfall im Homeoffice - was ist zu beachten?
179
-
Gewerbeaufsicht im Haus: Rechte und Pflichten der Unternehmen
147
-
Chronisch krank und berufstätig
141
-
Betriebliche Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz
122
-
Arbeitsunfall auf der Skipiste: Für Skilehrer ja, für Geschäftsführer nein?
28.11.2025
-
„Gassi-Gehen“ als fremdbestimmte Tätigkeit anerkannt
21.11.2025
-
Geschlechtsbedingte Entgeltbenachteiligung
14.11.2025
-
Cannabis-Legalisierung: Konsequenzen für den betrieblichen Arbeitsschutz
10.11.20251
-
Maschinenverordnung: Gesetzesentwurf zur Umsetzung in Deutschland
01.09.2025
-
Sicherheitsrisiken an Unternehmensschnittstellen
05.08.2025
-
23-Kilo-Grenze für die Paketzustellung immer noch nicht geklärt
25.07.2025
-
Psychische Störungen: Bald schon eine anerkannte Berufskrankheit?
24.07.2025
-
Fürsorgepflichten des Arbeitgebers - eine Übersicht
21.07.2025
-
Forderung nach verbessertem Mutterschutz und lückenloser Arbeitszeiterfassung
10.07.2025