Akzeptanz für Vielfalt in manchen Bereichen gesunken
Wie stehen die Menschen in Deutschland zur gesellschaftlichen Vielfalt im Land? Das misst das Vielfaltsbarometer der gemeinnützigen Robert-Bosch-Stiftung. Demnach liegt die Akzeptanz von Vielfalt in Deutschland auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten aktuell bei 63 Punkten und damit im positiven Bereich. Im Vergleich zum vorherigen Vielfaltsbarometer aus dem Jahr 2019 ist dieser Wert allerdings um fünf Punkte gesunken. Damals lag der Vielfaltsgesamtindex für Deutschland bei 68 Punkten.
Das Vielfaltsbarometer ist eine repräsentative Befragung zu den Themen gesellschaftliche Vielfalt und Zusammenleben in Deutschland. Es liefert Daten über die Meinungen der Befragten zu unterschiedlichen Vielfaltsdimensionen wie Lebensalter, Geschlecht, Behinderung, sexuelle Orientierung, soziökonomische Schwäche, ethnische Herkunft und Religion. An der zweiten Auflage des Vielfaltsbarometers in diesem Jahr nahmen rund 4.800 deutschsprachige Personen ab 16 Jahren online teil.
Hohe Akzeptanzwerte für Behinderung und Geschlecht
Der genauere Blick zeigt, dass die Zustimmungswerte für die unterschiedlichen Dimensionen von Vielfalt zum Teil stark auseinanderklaffen. So erzielte die Dimension Behinderung 2019 wie 2025 deutschlandweit die höchsten Akzeptanzwerte und ist damit über die Zeit hinweg stabil geblieben (2019: 83 Punkte; 2025: 82 Punkte).
Außerdem erfährt die Dimension Geschlecht besonders starke Akzeptanz in der Gesellschaft. Gegenüber 2019 (69 Punkte) hat sie 5 Punkte dazugewonnen und liegt nun bei 74 Punkten. Aus Unternehmenssicht bemerkenswert: Die Studie zeigt unter anderem, dass die Frauenquote weiterhin von den meisten Befragten befürwortet wird. So stimmten der Aussage "Ich bin gegen die Frauenquote" insgesamt lediglich 26 Prozent der Teilnehmenden zu, wobei die eine Hälfte für "stimmt völlig" und die andere Hälfte für "stimmt ziemlich" votierte.
Miteinander der Generationen findet Zustimmung
Gleichbleibend hohe Werte weist auch die Dimension Lebensalter auf. Mit einem Akzeptanzwert von 71 Punkten (2019: 70 Punkte) liegt sie nun auf Platz 3 der Bereiche mit den höchsten Zustimmungswerten. Die Umfrageergebnisse widerlegen die öffentlich häufig formulierte Behauptung, das Zusammentreffen unterschiedlicher Generationen am Arbeitsplatz sei von gegenseitigen Vorurteilen geprägt. So stimmen der Aussage "Mit Menschen, die deutlich älter oder deutlich jünger sind als ich, komme ich nicht so gut klar" lediglich vier Prozent "völlig" und 7 Prozent "ziemlich zu".
Die Ergebnisse des Vielfaltsbarometers zeigen: Dem Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung sowie von Menschen unterschiedlichen Geschlechts und unterschiedlichen Alters stehen die meisten Deutschen positiv gegenüber. Der Zeitvergleich macht deutlich, dass sich Bundesländer in der Akzeptanz von Vielfalt annähern. Im Jahr 2019 sah das noch anders aus: Damals lagen die einzelnen Bundesländer teils sehr weit auseinander und es gab ein klares Gefälle von West nach Ost.
Zustimmung zu ethnischer Vielfalt gesunken
Während die Akzeptanzwerte in den Dimensionen Behinderung, Geschlecht und Lebensalter gestiegen bzw. auf hohem Niveau geblieben sind, ist die Zustimmung zur Vielfalt in den vier Bereichen sexuelle Orientierung, sozioökonomische Schwäche, ethnische Dimension und Religion zum Teil stark gesunken.
So hat die Dimension sexuelle Orientierung im Vergleich zu 2019 ganze 8 Punkte an Zustimmung verloren und rutscht vom zweiten auf den vierten Platz (2019: 77 Punkte; 2025: 69 Punkte). Die stärksten Verluste verzeichnet die Dimension ethnische Herkunft. Sie rutscht im Zeitvergleich vom dritten auf den fünften Platz und verliert mit einem Minus von 17 Punkten substanziell an Zustimmung (2019: 73 Punkte, 2025: 56 Punkte).
Sorge vor ökonomischem Abstieg senkt Akzeptanz
Auffallend schwach ausgeprägt ist deutschlandweit nach wie vor die Akzeptanz von sozioökonomischer Schwäche (2019: 58 Punkte; 2025: 52 Punkte). Auch die Dimension Religion hat besonders stark an Zustimmung verloren. Mit 34 Punkten im deutschlandweiten Mittel (2019: 44 Punkten) müsse hier klar von Ablehnung in der Bevölkerung gesprochen werden, schlussfolgern die Autorinnen und Autoren der Studie.
Ein nennenswerter Teil der Bevölkerung zeigt sich laut Vielfaltsbarometer 2025 wohlstandsprotektionistisch. Diese fehlende Bereitschaft zum Teilen des ökonomischen Erfolgs allein auf fehlende Empathiefähigkeit zurückzuführen, greife jedoch zu kurz. Vielmehr wiesen die Daten auf die Sorge vor ökonomischem und sozialem Abstieg hin. "Die Konsequenz ist eine Abwehr gegenüber denjenigen Gruppen in der Gesellschaft, die mit einem selbst in Konkurrenz um begrenzte Ressourcen zu stehen scheinen: sozioökonomisch Schwache, Geflüchtete, Zugewanderte."
Kontakt verstärkt Akzeptanz
Das Vielfaltsbarometer formuliert Maßnahmen, die sich insbesondere an Politik, Zivilgesellschaft und Medien richten und helfen sollen, gesellschaftliche Spaltungen zu überwinden und den Zusammenhalt zu stärken. Für HR-Verantwortliche dürfte dabei insbesondere die Handlungsoption "Begegnung und Dialog ermöglichen" relevant sein.
So stärken die Daten die Kontakthypothese, wonach Menschen anderen Gruppen gegenüber offener eingestellt sind, wenn sie schon einmal Kontakt mit ihnen hatten. Wie Politik und Zivilgesellschaft können auch Unternehmen Räume für diese Begegnungen schaffen. So kann zum Beispiel über das Miteinander am Arbeitsplatz ein "Wir-Gefühl und eine höhere Akzeptanz von Vielfalt" entstehen – laut Vielfaltsbarometer eine Grundvoraussetzung, um Gesellschaften krisenfest und widerstandsfähig zu machen.
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