Asbest in Millionen Wohngebäuden: IG Bau warnt

Im Altbaubestand stecken noch Millionen Tonnen asbesthaltigen und damit gesundheitsgefährdenden Materials. Die IG Bau warnt angesichts der weitreichenden Sanierungen des Altbaubestandes in den kommenden zwei Jahrzehnten daher vor einer Krankheitswelle bei den beteiligten Handwerkern und Bauarbeitern, wenn nicht umfassende Gegenmaßnahmen getroffen werden. Unter anderem fordert die Gewerkschaft eine Sanierungsprämie und einen Schadstoff-Gebäudepass.

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) warnt vor einer „Asbest-Welle“. Carsten Burckhard, im Bundesvorstand der Gewerkschaft zuständig für den Arbeitsschutz, meint: „Wir stehen am Anfang von zwei Sanierungsjahrzehnten (…) Aus bestehenden Gebäuden wird neuer und zusätzlicher Wohnraum. Wohnhäuser werden modernisiert, senioren- und familiengerecht umgebaut oder aufgestockt. Mit der Sanierungswelle droht deshalb jetzt eine ‚Asbest-Welle' auf dem Bau.“ Gefährdet seien laut Burckhardt die im Rahmen der Sanierungsarbeiten beschäftigten Handwerker und Bauarbeiter, für die Bewohner der Gebäude besteht keine Gefahr.

Asbest-Verdacht in 9,4 Mio. Wohngebäuden

Eine Studie des Hannoveraner Pestel-Instituts im Auftrag der Gewerkschaft ermittelte rund 9,4 Millionen Wohngebäude, die in Deutschland zwischen den Jahren 1950 und 1989 errichtet worden seien. In dieser Zeit seien Asbest-Baustoffe vielfach verbaut worden. Wenn dieser Gebäudebestand nun saniert wird, hätten Bauarbeiter und Bauarbeiter kaum eine Chance, diese Gefahr zu erkennen. Bis zu 30 Jahre dauere es, ehe es zur tragischen Diagnose von Asbestose mit Lungen-, Bauchfell- oder Kehlkopfkrebs komme. Die Berufsgenossenschaft geht davon aus, dass allein im vergangenen Jahr rund 320 Baubeschäftigte aufgrund einer asbestbedingten Berufskrankheit gestorben sind.

Spritz-Asbest besonders gefährlich

Die krebserregende Mineralfaser stecke in vielen Baustoffen, sogar im Putz sowie in Spachtelmassen und Fliesenklebern. Ein besonders großes Problem sei der Spritz-Asbest: „Hier sind die Asbestfasern schwächer gebunden. Sie können deshalb leichter freigesetzt werden“, so Burckhard. Spritz-Asbest sei häufig in Verkleidungen von Aufzugs- und Versorgungsschächten verarbeitet worden. Rund 7,6 Prozent der in den entsprechenden Jahrzehnten errichteten Wohngebäude haben der Pestel-Studie zufolge 13 und mehr Wohnungen. Hier sei die Wahrscheinlichkeit besonders groß, dass auch Aufzüge mit den giftigen Baustoffen eingebaut worden sind.

Sanierungsprämien und Gebäudepass

Die IG Bau will der drohenden Asbest-Welle auf dem Bau jetzt mit einem umfassenden Maßnahmenpaket entgegentreten. Sie hat dazu eine ‚Asbest-Charta“ mit zentralen Forderungen für mehr Schutz vor Asbest vorgelegt. Zwei wichtige Bausteine des Forderungskatalogs sind dabei zum einen ein Schadstoff-Gebäudepass für jedes sanierungsbedürfte Gebäude, der alle an den Sanierungen beteiligten Handwerker und Bauarbeiter darüber informiert, ob in einem Gebäude Asbest verbaut ist. Unterschiedliche Gefahrenstufen sollen darin die jeweilige Asbest-Belastung eines Gebäudes anzeigen. Zum anderen soll ein KfW-Förderprogramm „Asbest-Sanierung“ aufgelegt werden, mit dessen Prämien unter anderem der Asbest fachgerecht und ordnungsgemäß entsorgt werden kann. Schließlich fordert die IG Bau einen „Asbest-Gipfel“ von Bund, Ländern und Kommunen. Eine übergreifende staatliche Kooperation sei notwendig, um das Asbest-Problem und die Finanzierung der Altlasten auf möglichst breiter Ebene anzugehen.

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