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AwSV: Verordnung ausführlich erklärt

Die „Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“ (AwSV) wurde zur Erhöhung des Boden- und Gewässerschutzes geschaffen. Grundlegende Regelungen gelten für Wirtschaft und Verwaltung gleichermaßen.

Die einheitliche auf Bundesebene geltende Vorschrift lässt keinen Ermessensspielraum der Länder zu. Rechtliche Grundlage ist i.W. § 62 Abs. 4 Wasserhaushaltsgesetz.

Die VaWS gibt es nicht mehr - seit 2017 gilt die AwSV

Die „Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“ (AwSV) ist seit 1. August 2017 vollständig in Kraft. Rechtliche Grundlage der Verordnung ist § 62 Abs. 4 WHG. Sie hat die zuvor geltenden 16 Länderverordnungen (VaWS) abgelöst. Regelungen der „Verordnung zur Bestimmung von Wassergefährdungsklassen“ (VwVwS) wurden vollständig in die AwSV aufgenommen. So entstand eine einheitliche, auf Bundesebene geltende Vorschrift, die keinen Ermessensspielraum der Länder mehr zulässt. Regelungen der Länder beziehen sich nun ausschließlich auf den Vollzug der Verordnung, z.B. Zuständigkeit, Genehmigung oder Überwachung.

Ziel ist, mehr Sicherheit zu erreichen und die Gesundheit der Anwohner zu gewährleisten. Wassergefährdende Stoffe sollen nicht in die Umwelt gelangen. Anlagen, die mit wassergefährdenden Stoffen umgehen, müssen die festgelegten Anforderungen erfüllen. Betreiber müssen geltende Pflichten umsetzen.

Es gilt das Vorsorgeprinzip bzw. der Besorgnisgrundsatz: Nach § 62 und § 63 Wasserhaushaltgesetz (WHG) gelten Besorgnisgrundsatz bzw. Vorsorgeprinzip für Lager-Abfüllanlagen (L, A) und Anlagen zum Herstellen, Behandeln und Verwenden (H, B, V) von wassergefährdenden Stoffen, d.h. sie „müssen so beschaffen sein und so errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist“. Beim Umschlagen (U) und bei landwirtschaftlichen Anlagen (z. B. zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften) wird der „bestmögliche Schutz“ gefordert (§ 62 Abs. 1 WHG).

Was die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen beinhaltet

Der stoffbezogene Teil der Verordnung regelt die Einstufung von Stoffen und Gemischen, der anlagenbezogene Teil legt konkrete Anforderungen fest.

Zentrale Begriffe sind wassergefährdende Stoffe sowie Anlagen, die wie folgt definiert werden:

  • Wassergefährdende Stoffe (§ 2 Abs. 2 AwSV): „Feste, flüssige und gasförmige Stoffe und Gemische, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen, und die … als wassergefährdend eingestuft sind oder als wassergefährdend gelten.“
  • Anlagen (§ 2 Abs. 9 AwSV): „Selbständige und ortsfeste oder ortsfest benutzte Einheiten, in denen wassergefährdende Stoffe gelagert, abgefüllt, umgeschlagen, hergestellt, behandelt oder im Bereich der gewerblichen Wirtschaft oder im Bereich öffentlicher Einrichtungen verwendet werden“ sowie Rohrleitungssysteme oder Anlagen aus mehreren Anlagenteilen. Ortsfest bedeutet: Länger als ein halbes Kalenderjahr an einem Ort betrieben.

Der stoffbezogene Teil (Kap. 2) der Verordnung regelt v.a. die Einstufung von Stoffen und Gemischen sowie deren Dokumentation.

Im anlagenbezogenen Teil (Kap. 3) werden technische und organisatorische Anforderungen an Anlagen festgelegt, also Grundsatzanforderungen an Anlagen und an die Rückhaltung - auch bei Brandereignissen - sowie an Entwässerung, Befüllen, Entleeren und nicht zuletzt Pflichten bei Betriebsstörungen und Instandhaltung. Der anlagenbezogene Teil umfasst auch besondere Anforderungen an die Rückhaltung bei bestimmten Anlagen, z. B. den Umgang mit festen Stoffen, Fass- und Gebindelager, Heizölverbraucheranlagen, Erdwärmesonden und Kälteanlagen.

Für Rückhalteeinrichtungen wie z.B. Auffangwannen, Rohre oder Behälter, die bei Leckagen wassergefährdende Stoffe auffangen, werden Mindestvolumina festgelegt, abhängig von der Anlagenart. Das geforderte Mindestvolumen bei Anlagen zum Lagern, Herstellen, Behandeln oder Verwenden wassergefährdender Stoffe muss z.B. grundsätzlich dem Volumen entsprechen, das bei Betriebsstörungen bis zum Wirksamwerden geeigneter Sicherheitsvorkehrungen freigesetzt werden kann, z.B. Abpumpen oder Ableiten. Bestimmte oberirdische Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen der WGK 1 mit einem Volumen bis 1.000 Liter sind von dieser Forderung jedoch ausgenommen.

Eine separate Entwässerung von Niederschlagswasser in den Schmutz- /Mischwasserkanal, das auf Flächen im Freien mit Kühlaggregaten mit Ethylen- oder Propylenglykol anfällt, ist erforderlich. Dies gilt z.B. für Kälteanlagen auf dem Dach.

Die Anforderungen orientieren sich an der Gefährdungsstufe der Anlage. Betreiber sind verpflichtet, die Anlagen einer der vier Gefährdungsstufen (A-D) zuzuordnen: Sie ergibt sich aus Volumen bzw. Masse und Wassergefährdungsklasse der eingesetzten Stoffe bzw. Gemische (§ 39 AwSV).

Achtung: Für Unternehmensstandorte in einem Schutz- oder Überschwemmungsgebiet sind die Anforderungen des Abschn. 5 zu beachten. Hier gilt grundsätzlich: Im Fassungsbereich (Zone I) und in der engeren Zone (Zone II) von Schutzgebieten, dürfen keine Anlagen errichtet und betrieben werden. Und in der weiteren Zone von Schutzgebieten dürfen u.a. Anlagen der Gefährdungsstufe D weder errichtet noch erweitert werden.

Wo die AwSV Anwendung findet

Die AwSV gilt grundsätzlich für alle Anlagen, die mit wassergefährdenden Stoffen umgehen, d. h. für private Heizölbehälter ebenso wie für Tankstellen, Raffinerien, Galvanikanlagen bis hin zu Biogasanlagen. Für Anlagen zum Umgang mit Abwasser gilt die Verordnung dagegen nicht (§ 62 Abs. 6 WHG).

Es gibt eine „Bagatellgrenze“: Außerhalb von Überschwemmungs- und Schutzgebieten (Wasser, Heilwasser) sind oberirdische Anlagen mit einem Volumen von maximal 220 Litern flüssigen Stoffen oder einer Masse von maximal 200 kg gasförmigen oder festen Stoffen - unabhängig von der Wassergefährdungsklasse - von den Anforderungen der Verordnung ausgenommen.

Achtung: Stellt man neben ein großes Ölfass, das knapp 220 l enthält noch einen 10 l fassenden Öl-Kanister, muss das Ganze als Anlage betrachtet werden, die AwSV findet Anwendung.

Weitere Ausnahmen bilden die Abfalllagerung und Eigenkompostierung bei Privathaushalten sowie gewerblich genutzte Lagerbehälter mit einem Volumen bis 1.250 Liter: Für sie gelten die organisatorischen und technischen Forderungen (§§ 13-51) unter bestimmten Bedingungen nicht.

Anlagendokumentation, Merkblatt, Betriebsanweisung

Für alle AwSV-Anlagen – auch für nicht-prüfpflichtige - wird eine Anlagendokumentation gefordert.

Die Dokumentation muss folgende Angaben enthalten (§ 43 AwSV):

  • Aufbau und Abgrenzung der Anlage
  • Eingesetzte Stoffe
  • Bauart und Werkstoffe der einzelnen Anlagenteile
  • Sicherheitseinrichtungen und Schutzvorkehrungen
  • Löschwasserrückhaltung
  • Standsicherheit

Für prüfpflichtige Anlagen wie z.B. Biogasanlagen, Kälteanlagen oder Tankstellen müssen Betreiber zusätzlich Unterlagen für die Prüfung der Anlage und das Durchführen fachbetrieblicher Tätigkeiten, wie z.B. Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten bereithalten.

Die Dokumentation muss bei einem Wechsel des Betreibers an den neuen Betreiber übergeben werden.

Für Anlagen ab Gefährdungsstufe B muss eine Betriebsanweisung erstellt und den Beschäftigten zugänglich gemacht werden. Unterweisungen müssen regelmäßig durchgeführt werden.

Für A-Anlagen, Eigenverbrauchstankstellen und Heizölverbraucheranlagen (z.B. auch Diesel-Notstromaggregate) genügt dagegen ein Merkblatt zu Betriebs- und Verhaltensvorschriften, Vorlagen liefern Anlage 3 bzw. 4 AwSV.

Praxis-Tipp: Wichtig ist, für jede Anlage alle geforderten Informationen zusammenzufassen, da diese auf Verlangen der Behörde, den Sachverständigen und den Fachbehörden vorzulegen sind. Es empfiehlt sich, ein Blatt pro Anlage zu erstellen. Und ein Anlagenkataster ermöglicht den schnellen Überblick über alle betriebenen Anlagen.

Prüfpflichten

Welche Überwachungs- und Prüfpflichten für den Betreiber gelten, welche Prüfungen durch Sachverständige erfolgen müssen und wie und von wem die Beseitigung von Mängeln durchgeführt werden muss, regeln detailliert die §§ 46 bis 48. Prüfzeitpunkte und Prüfintervalle legen die Anlagen 5 und 6 AwSV fest.

Anzeigepflicht besteht für alle prüfpflichtigen Anlagen (Errichten, Ändern), allerdings nicht (nachträglich) für Bestandsanlagen.

Schlagworte zum Thema:  Gefahrstoff, Umweltschutz