Rz. 71

In Fällen, in denen der Vertragspartner eine zeitraumbezogene kontinuierliche Gegenleistung erbringt, während die eigene Leistung des Unternehmers für bestimmte Zeitabschnitte zu bestimmten Terminen erbracht wird, ist unter folgenden Voraussetzungen eine sonstige Verbindlichkeit auszuweisen:

  1. Der Vertragspartner des Unternehmers erbringt eine kontinuierliche, zeitraumbezogene Leistung.
  2. Die Zahlung des Unternehmers wird zu bestimmten Terminen zeitraumbezogen erbracht.
  3. Die Zahlung des Unternehmers erfolgt vertragsgemäß erst dann, wenn die kontinuierliche Gegenleistung für den Zeitraum vollständig erfüllt ist.
  4. Der Bilanzstichtag liegt innerhalb des Zeitraums der kontinuierlichen Gegenleistung und vor der Erfüllung der eigenen Zahlungsverpflichtung.
 
Praxis-Beispiel

Unternehmer A hat ein Geschäftslokal ab 1.11.01 für monatlich 1.000 EUR gemietet. Die Miete ist jeweils vierteljährlich zu zahlen. A überweist die Miete für die Zeit vom 1.11.01 bis zum 31.1.02 am 28.1.02. Nach dem Mietvertrag ist die Miete fällig

  1. im Voraus am 1. Tag eines Vierteljahrs,
  2. nach Ablauf eines jeden Vierteljahrs.

Im Fall a war die Miete bereits am 1.11.01 fällig. Hätte A vertragsgemäß geleistet, hätte er am 1.11.01 3.000 EUR überwiesen. Zum 31.12.01 hat er eine Verbindlichkeit in Höhe von 3.000 EUR, und zwar eine Verbindlichkeit aus sonstiger Leistung, auszuweisen. Sie stellt eine Ausgabe im Sinn des Gesetzes dar. Diese Ausgabe ist nur insoweit Aufwand des Jahrs 01, als sie auf die Zeit vom 1.11. bis 31.12.01 entfällt, also in Höhe von 2.000 EUR. Soweit sie auf die Zeit nach dem Bilanzstichtag entfällt, handelt es sich um Aufwand des Jahrs 02, für den im Jahr 01 zum 31.12. ein transitorischer Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren ist.

Im Fall b ist die Mietschuld erst am 1.2.02 fällig. Erst mit ihrer Fälligkeit liegt eine Ausgabe im Sinn des Gesetzes vor. Die Ausgabe nach dem Bilanzstichtag betrifft die Miete für die Zeit vom 1.11.01 bis 31.12.01 und die Zeit vom 1.1.02 bis 31.1.02. Soweit sie auf die Zeit vor dem Bilanzstichtag 31.12.01 entfällt, handelt es sich um Aufwand im alten Geschäftsjahr, für den die Ausgabe erst später erfolgt. Es ist daher insoweit, also in Höhe von 2.000 EUR, eine sonstige Verbindlichkeit zu passivieren.

Sonstige Verbindlichkeiten stellen Ausgaben i. S. d. Rechnungsabgrenzung dar. In Höhe von 2.000 EUR liegt eine Ausgabe vor, die Aufwand des Geschäftsjahrs vor dem Bilanzstichtag betrifft. Es wird also in Höhe von 2.000 EUR Aufwand für Ausgaben nach dem Bilanzstichtag in die Zeit vor dem Bilanzstichtag vorgezogen, antizipiert. Insoweit handelt es sich um einen antizipativen Posten.[1]

 

Rz. 72

Bei der Buchung und Bilanzierung antizipativer Posten sind Besonderheiten zu beachten.

 
Praxis-Beispiel

Die U-GmbH hat ein Lagergebäude für 2.000 EUR monatlich gemietet. Die Miete ist vierteljährlich nachträglich zu zahlen. Das Mietverhältnis beginnt am 1.11.01. Die erste Zahlung ist also am 1.2.02 fällig. Die U-GmbH überweist am 28.1.02 6.000 EUR.

Vom 1.11. bis zum 31.12.01 ist bereits im abgelaufenen Jahr Mietaufwand verursacht worden. Es muss also zum 31.12.01 Aufwand gebucht werden, für den die Zahlung erst im folgenden Jahr erfolgt. Zum 31.12.01 wird daher Mietaufwand für die Zeit vom 1.11. bis 31.12.01 abgegrenzt und als sonstige Verbindlichkeit ausgewiesen.

Die Zahlung am 28.1.02 beträgt 6.000 EUR. Hiervon wirken sich im Jahr 02 nur 2.000 EUR als Aufwand und damit erfolgswirksam aus. Die Zahlung von 6.000 EUR wird also erfolgsmäßig auf die Jahre 01 und 02 abgegrenzt, soweit sie diesen Jahren als Aufwand zuzurechnen ist.

Soweit im Vorjahr Aufwand gebucht und hierfür eine Verbindlichkeit bilanziert worden ist, wird dieser Passivposten bei der Zahlung im Folgejahr erfolgsneutral aufgelöst.

[1] Schubert/Waubke, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 250 HGB Rz. 20.

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