Softwareüberlassung im Zuge eines Dauerschuldverhältnisses

Unter der Rubrik "Aus der Praxis ‒ für die Praxis" greifen wir Kundenanfragen aus den Bereichen Jahresabschluss, Buchhaltung und Steuern auf, die ein Fachautor für uns beantwortet. Heute eine Frage, wie Software, die als Dienstleistung beurteilt wird (software as a service bzw. SaaS), buchhalterisch richtig behandelt wird.

Die bisherigen Formen der Softwareüberlassung in Form des Erwerbs oder des Leasings einer Softwarelizenz wird zunehmend durch die Nutzung von Software als Dienstleistung abgelöst.

Wann Software als Dienstleistung beurteilt wird und welche Formen es gibt

Darunter fallen z. B. Vereinbarungen zur Nutzung von Software mit jährlicher oder monatlicher Kündigungsmöglichkeit. Dabei sind z. B. die folgenden Formen anzutreffen:

  • Die Software wird als Cloud-Software für viele Kunden zur Verfügung gestellt (Software as a Service bzw. SaaS). In diesem Fall gewährt der Dienstanbieter den Online-Zugang zur Nutzung von Software, die auf seiner Infrastruktur läuft und online zugänglich ist. SaaS wird auch als Software on demand (Software bei Bedarf) bezeichnet. Der Begriff Cloud-Computing ist der Obergriff, der auch die Bereitstellung von Hardware und Infrastruktur umfasst.
  • Die Software wird als downloadbare lokale Softwareinstallation bereitgestellt, die allerdings nur solange funktionsfähig ist, wie die Vereinbarung besteht. Trotz der lokalen Installation der Software werden keine weitergehenden Rechte als im Fall der Cloud-Nutzung eingeräumt.
  • Z.T. werden beide Formen miteinander kombiniert. D. h. die Software kann in der Cloud – d. h. über Internetzugang – genutzt werden und gleichzeitig kann eine lokale Version installiert werden.

In allen 3 Fällen wird die Software durch den Dienstanbieter lauffähig gehalten. Oftmals entwickelt der Softwaredienstleister die Anwendung fortlaufend weiter und stellt i. d. R. nur die neuste Version zur Nutzung zur Verfügung.

Im Gegenzug zahlt der Anwender ein jährliches oder monatliches Entgelt, das z. B. mit 4 Wochen Vorlaufzeit kündbar ist. Abhängig von der Art der Software wird z. T. auch eine Grundmietzeit von z. B. 3 oder 5 Jahren vereinbart. Sofern keine Kündigung erfolgt, läuft der Vertrag i. d. R. unbegrenzt weiter. Der Anwender kann die Software (auch technisch) nur solange nutzen, wie das Mietverhältnis andauert. Nach Beendigung des Vertrags sind beide oben genannte Verwendungsformen (Cloud-Nutzung und lokale Version) nicht mehr verfügbar.

Der wesentliche Unterschied zum Lizenzerwerb besteht darin, dass die Software so zu einer jederzeit mietbaren Dienstleistung wird – ähnlich wie die Anmietung von Büroflächen für eine bestimmte Zeit. Dem Softwareanwender wird fortlaufend die Nutzung der jeweiligen "Software als Dienstleistung" gegen ein ebenfalls fortlaufendes Entgelt eingeräumt, das ihm die Anwendung der bereitgestellten Software erlaubt. Freie Verfügungs- bzw. Verwertungsrechte an der Software werden dem Softwareanwender i. d. R. nicht eingeräumt. Der Softwareanwender kann nicht die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangen. Etwas anderes kann im Einzelfall gelten, wenn der Softwareanwender der einzige Nutzer der Software ist.

Software as a service - Zeitraumbezug und daher mit Mietvertrag vergleichbares Dauerschuldverhältnis

Im Ergebnis steht bei Software as a Service (SaaS) der Zeitraumbezug der Vereinbarung im Vordergrund und ist mit einem Mietvertrag vergleichbar (Dauerschuldverhältnis). Es handelt sich um die wiederkehrende entgeltliche Nutzungsüberlassung einer Software für den laufenden Betrieb, ohne dass rechtliches oder wirtschaftliches Eigentum an der Software übertragen wird. Nach Auffassung des FG München erfolgt der Erwerb auf Basis eines wiederkehrenden Leistungsaustauschs im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses. Der Aktivierung der Anschaffungskosten für das Recht zur Nutzung der Software steht der Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte entgegen. Daher sind die laufend zu zahlenden Nutzungsentgelte (Mietzahlungen) nach h. M. als Aufwand zu erfassen.

Die laufenden Entgelte sind Aufwand der jeweiligen Periode für die Softwareüberlassung der jeweiligen Periode. Werden für die Nutzungsüberlassung Zahlungen für zukünftige Perioden im voraus geleistet, so sind die im Voraus geleisteten Zahlungen als aktive Rechnungsabgrenzungsposten gem. § 250 Abs. 1 Satz 1 HGB über den Vorauszahlungszeitraum abzugrenzen.

Werden im umgekehrten Fall Zahlungen für die Softwareüberlassung nicht bis zum Ende der jeweiligen Periode der Softwareüberlassung gezahlt, so entsteht beim Softwareanwender ein Erfüllungsrückstand, der ggf. durch eine Verbindlichkeit (oder Rückstellung) zu erfassen ist.

Praxis-Beispiel: Jährlich zu zahlender Miete für die Nutzung einer Software

Unternehmer Huber schließt mit dem Softwarehersteller M-Software AG einen Vertrag über die Nutzung des Office Pakets von M-Software. Die Software kann über einen Internetzugang in einer cloudbasierten Variante genutzt werden. Gleichzeitig können alle Nutzer die Software auf ihrem Rechner installieren. Jeder User kann die Software entweder cloudbasiert oder lokal auf seinem Rechner nutzen.

Unternehmer Huber zahlt für jeden User ein jährliches Entgelt von netto 50 EUR (fällig jeweils zu Vertragsbeginn für 1 Jahr). Der Vertrag wird zunächst für 1 Jahr abgeschlossen und verlängert sich automatisch um jeweils 1 Jahr, wenn bis 4 Wochen vor Ende der Vertragslaufzeit keine Kündigung erfolgt. Nach einer Kündigung sind beide Varianten der Software nicht mehr nutzbar.

Herr Huber und die M-Software AG schließen den Vertrag mit Wirksamkeit zum 1.11.01 ab. Daher zahlt Herr Huber am 1.11.01 für 3.000 User einen Betrag von netto 150.000 EUR (= 3.000 User × 50 EUR/User) für die Vertragslaufzeit von 1 Jahr. Sofern keine Kündigung erfolgt, ist in einem Jahr erneut eine Zahlung von netto 150.000 EUR fällig.

Lösungsvorschlag

Da Herr Huber kein wirtschaftliches Eigentum an der Software erhält, verrechnet er die Zahlung als sonstigen betrieblichen Aufwand.

Da von dem gezahlten Betrag von 150.000 EUR nur 25.000 EUR auf das Geschäftsjahr 01 entfallen, muss der Restbetrag von 125.000 EUR als Rechnungsabgrenzungsposten abgegrenzt werden

Buchungsvorschlag zum Zeitpunkt der Zahlung der Software-Miete

Konto SKR 03/04 Soll

Kontenbezeichnung

Betrag in EUR

Konto SKR 03/04 Haben

Kontenbezeichnung

Betrag

4964/6837

Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (Lizenzen, Konzessionen)

25.000

1200/1800

Kasse

178.500

0980/1900

Aktive Rechnungsabgrenzung

125.000

1576/1406

Abziehbare Vorsteuer 19 %

28.500


Buchungsvorschlag zur Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens im nachfolgenden Geschäftsjahr 02

Konto SKR 03/04 Soll

Kontenbezeichnung

Betrag in EUR

Konto SKR 03/04 Haben

Kontenbezeichnung

Betrag

4964/6837

Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (Lizenzen, Konzessionen)

125.000

0980/1900

Aktive Rechnungsabgrenzung

125.000

Die Überlassung von Software im Rahmen eines SaaS-Vertragsverhältnisses kann neben der eigentlichen Softwareüberlassung (Saas-Dienstleistung als Dauerschuldverhältnis) zusätzlich auch weitere Einzelleistungen umfassen, die in Einzelverträgen (sowie einem Rahmenvertrag) oder auch in einem Vertrag vereinbart werden können. Über die eigentliche Softwareüberlassung hinaus kommen insbesondere folgende weitere Einzelleistungen in Betracht:

  • Implementierung
  • Datenmigration
  • Schulung
  • Support und Hotline

Im Mittelpunkt der handelsrechtlichen Diskussion der letzten Jahre steht dabei insbesondere die buchhalterische Behandlung der Implementierungskosten.

Diese können in Abhängigkeit von der Art der Software auch bei SaaS-Vertragsverhältnissen anfallen – wie z. B. bei ERP-Software, die auf Basis eines SaaS-Vertrags beschafft wird. SaaS-Lösungen sind in der Regel nicht im gleichen Maße anpassungsfähig wie herkömmlich erworbene und auf der IT-Infrastruktur des Erwerbers installierte Software (On-premise-Software). Dies zwingt den Softwarenutzer zu einer weitergehenderen Anpassung betrieblicher Prozesse an die SaaS-Software als dies bei einer On-Premise-Software notwendig wäre. Dennoch bietet auch komplexe SaaS-Software (wie ERP-Software) ggf. immer noch Customizing-Möglichkeiten, sodass die SaaS-Software an die Gegebenheiten des einzelnen Softwareanwenders (Mieter) angepasst werden kann.

Daher steht zu Beginn der Nutzung einer komplexen SaaS-Software – wie auch bei der Einführung einer herkömmlichen On-Premise-Software – oftmals ein Einführungsprojekt, das häufig als externe Leistung beauftragt wird. Infolgedessen fallen im Rahmen von Saas-Vertragsverhältnissen zu Beginn des Vertragsverhältnisses z. T. Aufwendungen zur Implementierung bzw. Customizing der Software an. Im Einzelfall kann die Nutzung der Software auch die Programmierung von Schnittstellenprogrammen erforderlich machen.

In der handelsrechtlichen Literatur wird diskutiert, ob diese Customizing- und Implementierungsaufwendungen als immaterialler Vermögensgegenstand aktivierungsfähig sind. Diese Frage stellt sich z. B. bei gemieteter ERP-Software, deren Nutzung durch den Softwareanwender zuvor Anpassungen an der gemieteten ERP-Software bzw. der eigenen Infrastruktur voraussetzt.

Einerseits wird die Auffassung vertreten, dass im Zuge der Implementierung analog zur Behandlung von Ausgaben für Mietereinbauten grundsätzlich ein immaterieller Vermögensgegenstand entstehen kann:

  • Wird der durch die Implementierungsarbeiten geschaffene immaterielle Vermögensgegenstand entgeltlich erworben, da die Leistungen im Rahmen eines Werkvertrags durch einen externen Dritten erbracht werden, so besteht eine Pflicht zur Aktivierung als eigenständiger immaterieller Vermögensgegenstand.
  • Trägt hingegen der Softwareanwender selbst das Herstellerrisiko, weil er die Anpassungen selbst vornimmt oder hierzu externe Leistungen auf Basis eines Dienstvertrags in Anspruch nimmt, so besteht ein Aktivierungswahlrecht nach § 248 Abs. 2 HGB.

Die gegenteilige Meinung, die auch das FG München vertritt (FG München Urteil vom 04.02.2021 - 10 K 3084/19), kommt zu dem zutreffenden Ergebnis, dass eine Aktivierung der Implementierungsaufwendungen nicht in Frage kommt, wenn für die Nutzung der Software laufende Entgelte zu zahlen sind (Dauerschuldverhältnis), was bei SaaS-Vertragsverhältnissen – wie oben dargestellt – regelmäßig der Fall ist. Die Anschaffungskosten für die Software dürfen nach den Grundsätzen für schwebende Geschäfte nicht aktiviert werden. Dies gilt auch für die Implementierungskosten als Betriebsbereitschaftskosten. Das FG München verneint das Entstehen eines vom angeschafften Nutzungsrecht zu unterscheidenden eigenständigen Vermögensgegenstands mangels selbstständiger Bewertbarkeit. Denn ohne das Nutzungsrecht an der Software ist die Implementierung wertlos und gleichzeitig steht die Implementierung in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Nutzungsrecht. Nach Auffassung des FG München ergibt sich daher auch bei Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zu Mietereinbauten kein anderes Ergebnis.

Für Aufwendungen, die für Schulung und Datenmigration anfallen, scheidet die Aktivierungsfähigkeit – unabhängig von der unterschiedlichen Auffassung, die in Bezug auf Implementierungskosten vertreten werden – grundsätzlich aus. Dies deshalb, weil diese Aufwendungen nicht zu einem Vermögensgegenstand führen und auch nicht der Herstellung der Betriebsbereitschaft der Software unmittelbar dienen. Ebenso sind die Aufwendungen für Support und Hotline laufender Aufwand der Periode.

Schlagworte zum Thema:  Software, Bilanzierung