Referentenentwurf des CSRD-Umsetzungsgesetzes veröffentlicht

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat den Referentenentwurf (RefE) des CSRD-Umsetzungsgesetzes veröffentlicht. Dazu sind über 80 Stellungnahmen eingegangen.

Die EU hatte die Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD) am 16.2.2022 als Richtlinie (EU) 2022/2464 im EU-Amtsblatt veröffentlicht, die bis zum 6.7.2024 in deutsches Recht umgesetzt werden muss.

Am 22.3.2024 erfolgte die Veröffentlichung des RefE durch das BMJ. Verbände und Betroffene wurden vom BMJ aufgefordert, bis zum 19.4.2024 Stellungnahmen zur vorgeschlagenen Umsetzung abzugeben.

Die CSRD bedeutet zusätzlichen Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Die Umsetzung der Richtlinie ins HGB gestaltet sich sehr aufwändig, der RefE allein hat 181 Seiten, eine Synopse mit den bisherigen Regelungen 631 Seiten. Da kaum Mitgliedstaatenwahlrechte in der CSRD vorgesehen sind, gibt es in der Umsetzung keine großen Überraschungen. Für die Wirtschaft schätzt der RefE einen einmaligen Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 748 Mio. EUR sowie laufenden Erfüllungsaufwand in Höhe von jährlich ca. 1,4 Mrd. EUR. Die CSRD und folglich auch der RefE sehen eine etappenweise Einführung der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. Die Zahlen für die Wirtschaft stellen den Aufwand dar, der eintritt, sobald die neuen Vorgaben für alle erfassten Unternehmen gelten (spätestens 2028). Für das Geschäftsjahr 2024 wird die Belastung deutlich geringer sein, weil die erste Gruppe an berichtspflichtigen Unternehmen (große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmenden) weniger Unternehmen umfasst. Der Aufwand wird anschließend Jahr für Jahr auf die volle Summe ansteigen. Die größte Steigerung wird für das Geschäftsjahr 2025 erwartet, wenn alle großen offenlegungspflichtigen Unternehmen und Konzerne ihre Lageberichte um einen Nachhaltigkeitsbericht nach den Europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS) erweitern müssen. Der zusätzliche laufende Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft unterliegt nicht der „One in, one out“-Regel der Bundesregierung, weil er auf einer 1:1-Umsetzung von EU-Recht beruht.

Breit gestreute Verfasser der Stellungnahmen zum RefE

Die über 80 eingegangenen Stellungnahmen kommen von den verschiedensten Akteuren. Neben den „üblichen Verdächtigen“ bei der Gesetzgebung im Bereich der Rechnungslegung, wie dem Institiut der Wirtschaftsprüfer (IDW), der Wirtschaftsprüferkammer (WPK), dem Deutschen Rechnungslegungs Standards  Committee (DRSC), dem Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC, zusammen mit dem Wissenschaftlichem Institut des BVBC und dem Arbeitskreis Nachhaltigkeitsberichterstattung) und der Schmalenbachgesellschaft (Arbeitskreis Corporate Governance Reporting) haben sich viele weitere Unternehmensverbände sowie Menschenrechts- und Umweltverbände, der Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung und Einzelunternehmen und -personen zu Wort gemeldet. Fast alle Stellungnahmen wurden auf der BMJ-Seite veröffentlicht.  

Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts zentraler Diskussionspunkt

Im Rahmen der CSRD wird die Pflicht zur externen Prüfung der Nachhaltigkeitserklärung als Teil der Abschlussprüfung eingeführt. Diesbezüglich enthält die CSRD eines der wenigen und in den Stellungnahmen am kontroversesten eingeschätzten Mitgliedsstaatenwahlrechte zu der Frage, wer die Nachhaltigkeitserklärung prüfen darf. Neben dem Abschlussprüfer enthält die CSRD auch die Option, dass andere Wirtschaftsprüfer oder weitere akkreditierte unabhängige Erbringer von Prüfungsleistungen zur Prüfung der Nachhaltigkeitserklärung zugelassen werden dürfen (CSRD, ABl. EU v. 16.12.2022, L 322/56).

Zentral in der Umsetzung ist die Neufassung der §§ 289b ff. und §§ 315b ff. HGB, in denen die Verpflichtung zur (Konzern-)Nachhaltigkeitsberichterstattung statt der bisherigen Nichtfinanziellen Berichterstattung geregelt wird. Ebenfalls zentral ist die Zweiteilung der Regelungen der Prüfung ab § 316 HGB in Prüfung des Abschlusses und Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts, weshalb hier viele neue Paragrafen eingefügt werden müssen.

Mit dem RefE wurde nun die Option gewählt, dass auch andere Wirtschaftsprüfer als der Abschlussprüfer den Nachhaltigkeitsbericht prüfen dürfen. Hier fordert neben vielen anderen z.B. der BVBC: „Die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte sollte nicht als Vorbehaltsaufgabe für Wirtschaftsprüfer oder gar Abschlussprüfer gestaltet, sondern weiter geöffnet werden.“ Der BVBC spricht sich somit wie viele andere (teilweise direkt betroffene) Verbände für die Zulassung unterschiedlicher Prüfer aus, wovon vor allem kleine und mittelständische Anbieter von Prüfungsdienstleistungen profitieren würden. Damit verbunden sind die folgenden Vorteile:

  • Vermeidung von Kapazitätsengpässen,
  • Öffnung des Prüfungsmarkts und Verhinderung von Marktkonzentration sowie
  • Nutzung vorhandener Kompetenzen und Kapazitäten.

Da dennoch ein hohes Maß an Qualitätssicherung gefordert wird, empfiehlt der BVBC die Akkreditierung als bevorzugtes Mittel zum Nachweis der fachlichen Prüfungskompetenz anzuwenden und entsprechende Regelungen (neu) zu verankern. So soll der Konzentration auf dem Prüfermarkt entgegengewirkt werden, was auch von der EU-Kommission befürwortet wird (CSRD, ABl. EU v. 16.12.2022, L 322/11).

Wenig verwunderlich sehen dies insb. IDW und WPK, aber auch andere betroffene Unternehmen und Personen kritisch und würden sogar darüberhinausgehend die Prüfung ausschließlich durch den Abschlussprüfer befürworten. Dies wird auch von anderen unterstützt, da vermehrt eine Verknüpfung der Finanz- und Nachhaltigkeitsinformationen erfolgen soll und sich dies auch in der Prüfung widerspiegelt. Um mögliche Wissenslücken zu überbrücken, wird angeregt vermehrt mit Umweltgutachtern, die über die notwendige (naturwissenschaftliche) Expertise verfügen, zu kooperieren. Dagegen meint etwa der TÜV-Verband: „Bevorzugung der Wirtschaftsprüfer bei der Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten führt zu hohen Kosten und Wettbewerbsnachteilen. Starke Belastungen für den deutschen Mittelstand – Konjunkturprogramm für die ‚Big Four‘.“ 

Berichtspflicht durch LkSG kann durch Nachhaltigkeitsbericht erfüllt werden

Am zweithäufigsten wird die Umsetzung der Änderung im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in den Stellungnahmen thematisiert, da diese nach Meinung vieler Betroffener verunglückt ist. Nach dem RefE kann der Sorgfaltspflichtenbericht nach § 10 Abs. 2 Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz entfallen, wenn ein pflichtgemäßer oder freiwilliger (allerdings nur wenn er formal allen Anforderungen des Pflichtberichts entspricht und geprüft ist) Nachhaltigkeitsbericht nach §§ 289b ff. HGB erstellt und veröffentlicht wird. Inhaltlich wird dies zwar von unternehmensnahen Stellungnahmen (im Gegensatz zu den Menschenrechts- und Umweltverbänden) befürwortet, die Regelung der Offenlegungsfristen im RefE wird jedoch kritisiert. U.a. der BVBC hat hier einen Gleichlauf mit der Verpflichtung zur Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts gefordert und auf die Problematik der Fristen hingewiesen, die für die 2023er Berichte nach der aktuellen Gesetzeslage bereits am 30.4.2024 abgelaufen sind. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ( BAFA) hat nun kurzfristig angekündigt, dass das Vorliegen von Berichten erst ab dem 1.1.2025 überprüft wird und somit die Regelung aus dem RefE faktisch bereits übernommen.

Weitere Diskussionspunkte der Stellungnahmen

Darüber hinaus wurden in vielen Stellungnahmen Abweichungen im Detail, teilweise aber mit größeren Auswirkungen, zwischen der CSRD und dem RefE thematisiert. So weisen etwa IDW und DRSC darauf hin, dass die neu im Lagebericht (§ 289 Abs. 3a HGB-E) nötige Berichterstattung nach der CSRD nur über die wichtigsten immateriellen Ressourcen zu erfolgen hat. Viele Stellungnahmen weisen auf den sehr hohen Umsetzungsaufwand hin und fordern an anderer Stelle dringend Bürokratieentlastungen an.

Zudem geht der RefE in Bezug auf die Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter über die Anforderungen der CSRD hinaus und erfordert nicht deren Unterrichtung, sondern Einbeziehung während der Erstellung der Nachhaltigkeitserklärung. Hier wird eine erneute Prüfung und eine 1:1-Umsetzung gefordert.

Ein weiterer Kritikpunkt u.a. des DRSC ist der abweichende Konsolidierungskreis für die Nachhaltigkeitserklärung im Vergleich zur finanziellen Berichterstattung. So müssten Tochterunternehmen, die aus finanzieller Sicht nicht wesentlich sind und nicht in den Konzernfinanzbericht einbezogen werden müssen, dennoch in den Konzernnachhaltigkeitsbericht einbezogen werden, wenn diese aus Nachhaltigkeitsperspektive wesentlich sind. Um inkonsistenter Informationsvermittlung und damit zusammenhängende Fehlschlüsse und -entscheidungen zu vermeiden, fordert das DRSC, dass die Konzernnachhaltigkeitserklärung dieselben Unternehmen einbeziehen sollte, wie die Finanzberichterstattung.

Letztlich wird auch vermehrt eine stärkere Integration der Nachhaltigkeits- und Finanz-berichterstattung gefordert. Dies wird auch durch die Forderung für mehr Verweismöglichkeiten und die Kritik an der Befreiung von der Berichterstattung über nichtfinanzielle Leistungsindikatoren im Kontext der Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft bzw. des Konzerns bestärkt.

Weiterführende Links

Einen ausführlichen Überblick über die Änderungen durch das geplante CSRD-Umsetzungsgesetz gibt Ihnen der Beitrag CSRD-Umsetzungsgesetz: Überblick zum Referentenentwurf, welcher z. B. in Haufe Finance Office Platin enthalten ist.

Zum Entwurfstext, der Synopse und den Stellungnahmen:  Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen

In eigener Sache: Wie treibe ich Nachhaltigkeit im Unternehmen voran?

In der News-Reihe "Aktuelles zur Nachhaltigkeitsberichterstattung" fasst Herr Prof. Dr. Müller monatlich die neusten und relevantesten Entwicklungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung prägnant für Sie zusammen. Weitere Ausgaben:

CSRD-Umsetzungsgesetz: Sanktionen für eine nicht oder falsch erstellte Nachhaltigkeitsberichterstattung

CSRD-Umsetzungsgesetz: Regelung der Prüfung des Nachhaltigkeitsbericht im Referentenentwurf

LkSG-Sorgfaltspflichtenberichte können ersetzt bzw. später eingereicht werden dürfen

Schlagworte zum Thema:  CSRD, Nachhaltigkeitsberichterstattung, ESRS