1.1 Unterteilung der Treibhausgas-Emissionen in Scope 1, 2 und 3

Die Erstellung einer Klimabilanz ist für viele Unternehmen inzwischen unverzichtbar. Doch die Ermittlung der jährlich emittierten Treibhausgas-Menge (THG) erscheint nur auf den ersten Blick trivial. Denn die Bilanzen müssen nicht nur die direkten Emissionen am Standort durch die Verbrennung fossiler Energieträger oder durch industrielle Prozesse erfassen. Diese lassen sich meistens einfach ermitteln und können z. B. aus dem Diesel- oder Erdgasverbrauch errechnet werden (siehe Tab. 1). Diese Emissionen werden als Scope-1-Emissionen bezeichnet. Die Scope-2-Emissionen sind indirekte Emissionen, die durch den Bezug von Elektrizität oder anderen Endenergieträgern außerhalb des eigenen Standorts entstehen, also bei den Kraftwerken oder im Stromnetz insgesamt. Mit geeigneten Emissionsfaktoren, also in kg CO2-Äquivalent pro kWh Strom, lassen sie sich auch einfach errechnen (siehe Tab. 1).

Kopfzerbrechen bereitet dagegen der sogenannte Scope-3. Damit sind alle Emissionen gemeint, die außerhalb des Unternehmens erfolgen, aber mit der Unternehmenstätigkeit zusammenhängen. Das sind zum einen die Emissionen in der Lieferkette durch den Bezug von Vorprodukten und anderen Vorleistungen. Sie werden häufig als Upstream-Emissionen bezeichnet. Dann kommen beispielsweise Emissionen durch Geschäftsreisen oder den Pendlerverkehr der Beschäftigten dazu. Zum anderen gehören zum Scope-3 die Downstream-Emissionen, die mit der Nutzung des Produktes verbunden sind (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Unterteilung der THG-Emissionen in Scope 1, 2 und 3 nach dem GHG Protocol.[1]

Sie können erheblich sein, wenn die Produkte, z. B. Autos oder Waschmaschinen durch ihren Energieverbrauch selbst Emissionen verursachen. Sie werden bei den Bilanzen oft ausgeklammert, da sie nur geschätzt werden können und auch in der Zukunft liegen.

 
  Bezugsgröße kg CO2-Äq
Scope 1 (nur direkte Verbrennung, ohne Vorketten)[2]
Heizöl EL oder Diesel pro kg pro Liter 3,17 2,68
Erdgas H pro Nm3 pro kWh 2,03 0,18
Scope 2[3]
Strommix Deutschland 2023 pro kWh 0,45
Strommix Frankreich 2023 pro kWh 0,06
Strommix Polen 2023 pro kWh 0,88
Strommix China 2023 pro kWh 0,56
Strommix USA 2023 pro kWh 0,41
Scope 3 (Lieferkette) wertbezogen[4] Bezug aus Deutschland (Tier 1) Bezug aus China (Tier 1)
Aluminium pro EUR 1,64 3,51
Kupfer pro EUR 0,48 1,09
Roheisen / Stahl, Ferrolegierungen und erste Erzeugnisse daraus pro EUR 1,36 3,26
Edelmetalle pro EUR 0,35 0,65
Kunststoffe in Primärform pro EUR 0,60 1,31
Papier pro EUR 0,80 1,75
Zement, Kalk und Gips pro EUR 4,25 12,00
Glas und Glasprodukte pro EUR 1,11 2,15
(elektrische) Maschinen und entsprechendes Zubehör (ohne Kfz) pro EUR 0,33 1,29
Radio-, Fernseh- und Kommunikationsgeräte einschließlich Computer pro EUR 0,31 0,90
Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen pro EUR 0,28 1,11
Computer- / IT-Dienstleistungen und damit verbundene Tätigkeiten pro EUR 0,11 0,43
Reparatur und Wartung von Maschinen und Geräten (außer Kfz) pro EUR 0,11 0,30

Tab. 1: Ausgewählte Emissionsfaktoren für verschiedene Energieträger und Materialien und Dienstleistungen und unterschiedliche Scopes in kg CO2-Äquivalent pro Mengeneinheit. Bei Scope 3 wurden als Beispiel Deutschland und China als Bezugsland dargestellt.

[2] gemäß EBeV 2030
[4] Quelle: Scope-3-Analyzer bzw. die zugrundeliegende Datenbank

1.2 Der Einfluss der Lieferkette

Auch die Lieferkette hat meistens einen großen Betrag zur Klimabilanz des Unternehmens. In Abb. 2 sind die Anteile der Scope-1, -2 und -3 (upstream)-Emissionen einiger wichtiger Industriebranchen dargestellt. Immer dann, wenn die Fertigungstiefe mittel bis gering ist, wenn Rohstoffe oder Halbzeuge eingekauft werden, überwiegen die Emissionen aus der Lieferkette. Sie sind ein wichtiger Indikator für das Einkaufswesen: für die Auswahl der Lieferanten und Lieferländer oder z. B. für die Umstellung auf andere Werkstoffe.

Abb. 2: Anteil der Scope-3-Emissionen an den Gesamtemissionen nach Branche.[1]

[1] CDP (2021) / www.systain.de

1.3 Ermittlung der Scope-3-Emissionen

Die Ermittlung dieser Scope-3-Emissionen stellt die meisten Unternehmen vor große Herausforderungen. Verlässliche Angaben von Lieferanten sind nur selten zu bekommen, insbesondere wenn es sich um globale Lieferbeziehungen handelt. Generische Werte aus öffentlich und kostenlos verfügbaren Datenbanken sind kaum belastbar, veraltet oder von zweifelhaftem Wert. Selbst kommerziell angebotene Datenbanken sind nur begrenzt valide, denn sie decken in den seltensten Fällen die konkreten Verhältnisse der jeweiligen Lieferbeziehungen ab, sondern geben nur Durchschnittswerte an, die im Einzelfall erheblich von den realen Werten abweichen können. Trotzdem werden viele Emissionsbilanzen derzeit mit den Emissionsfaktoren (also in Kilogramm CO2-Äquivalent pro kg Material) aus diesen Datenbanken erstellt (siehe Tab. 2). Sie sind allenfalls eine grobe Abschätzung der tatsächlichen Emissionen in der Lieferkette. Immerhin ka...

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