Rz. 59

In Art. 19a Abs. 2 Buchst. e) der CSRD ist geregelt, dass Unternehmen auch Angaben über das Vorhandensein von Anreizsystemen für Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane, die mit Nachhaltigkeitsaspekten verknüpft sind, zu machen haben. Diese Berichtsvorgabe wird in den Offenlegungsanforderungen des ESRS 2 GOV-3 näher konkretisiert. Ziel dieser Offenlegungspflicht ist es, ein Verständnis dafür zu schaffen, ob für die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane Anreizsysteme vorliegen, die zu nachhaltigem Handeln incentivieren. Die Offenlegung eines Zusammenhangs zwischen Anreizsystemen und der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie und -ziele des Unternehmens sowie dem Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens wird seitens der EFRAG als ein wesentliches Merkmal angesehen, das die Bemühungen des Unternehmens zeigt sicherzustellen, dass Nachhaltigkeitsaspekte von den einzelnen Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane auch angemessen berücksichtigt werden (ESRS 2.BC36). Die Offenlegungsanforderungen des ESRS 2 GOV-3 sind somit auch als Ergänzung zu den Vorgaben des ESRS 2 GOV-1 anzusehen. Externe Adressaten des Berichts sollen einen Zusammenhang zwischen der Rolle und Verantwortung von Verwaltungs-, Management- und Aufsichtsgremien im Hinblick auf Aspekte der Nachhaltigkeit und deren Bedeutung für die Vergütung erkennen können. Bei der Bestimmung der Vergütung soll dazu das Verhältnis von finanziellen und nicht finanziellen (nachhaltigkeitsbezogenen) Leistungskriterien herangezogen werden (ESRS 2.BC37).

Die Ausgestaltung der Vorstandsvergütung gerät immer wieder in das Blickfeld von Regulatoren, Wissenschaft und Unternehmenspraxis, da diese als klassischer ökonomischer Anreiz- und Steuerungsmechanismus gilt. Durch finanzielle Anreize sollen die Handlungen des Vorstands in die von Shareholdern bzw. Stakeholdern gewünschte Richtung gelenkt werden.[1] Die Heranziehung des Vergütungssystems als Anreizinstrument für die Unternehmensleitung ist somit im Grunde nichts Neues. Vielmehr existieren bereits zahlreiche gesetzliche Vorgaben für die Bezüge der Vorstandsmitglieder, die die Gesellschaft sowie ihre Aktionäre, Gläubiger und Arbeitnehmer vor "ausufernden" bzw. unverhältnismäßigen Vorstandsgehältern schützen sollen.[2]

 

Rz. 60

In ESRS 2.29 werden Offenlegungsanforderungen statuiert, die sowohl eine Beschreibung der wichtigsten Merkmale der Anreizsysteme als auch konkrete Offenlegungsanforderungen zur Integration von nachhaltigkeitsbezogenen Leistungen in die Vergütungssysteme für die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane vorsehen.

 
Praxis-Tipp

Die Offenlegungsvorgaben sind vergleichbar mit den Berichtspflichten, die börsennotierte Unternehmen nach § 162 AktG im Vergütungsbericht zu erfüllen haben. Die Nähe des ESRS 2 GOV-3 zu bereits bestehenden Regelungen wird auch seitens der EU erkannt, weswegen in ESRS 2.AR7 konkretisiert wird, dass die betroffenen Unternehmen auf ihren Vergütungsbericht i. S. e. zulässigen Incorporation by reverence verweisen dürfen. Für nicht börsengelistete Unternehmen gelten die Regelungen des § 162 AktG hingegen nicht, weswegen diese Unternehmen auch nicht auf den Vergütungsbericht verweisen können. So kann es eine anfängliche Hürde darstellen, dass die Formulierung des ESRS 2.29(a) allgemein und abstrakt gehalten wurde und keine detaillierten Berichtsvorgaben beinhaltet, sondern lediglich die Beschreibung der Hauptmerkmale der Anreizsysteme fordert. Die Berichtsvorgaben des § 162 AktG können allerdings eine Orientierung zur Umsetzung der Berichtspflichten des ESRS 2.29 sein, wobei die betroffenen Unternehmen nur die Angaben zu machen haben, sofern die entsprechenden Bestandteile auch tatsächlich in die Vergütungssysteme integriert wurden.

Zunächst ist zu beachten, dass sich die gesetzlichen Vorgaben zur Ausgestaltung der Vergütungssysteme auf wenige, aber dafür zentrale Vorgaben beschränken. Hervorzuheben ist das sog. Postulat der Angemessenheit der Vorstandsvergütung, welches alle AG zu beachten haben und das auch im Kontext von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit eine besondere Rolle einnimmt. Die Vergütungsberichterstattung hat nicht nur eine Informations-, sondern auch eine Rechenschaftsfunktion. So ist nach § 87 Abs. 1 S. 1 AktG zu gewährleisten, dass die Bezüge der einzelnen Vorstandsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zu den jeweiligen Aufgaben und Leistungen sowie der Unternehmenslage stehen. Der Aufsichtsrat hat zudem dafür zu sorgen, dass die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe überschritten wird. Der Begriff der "Angemessenheit" im Kontext der Norm ist allerdings klärungsbedürftig. Eine Konkretisierung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs wird nicht direkt im Gesetz vorgenommen. Auch in Regelwerken, wie dem DCGK oder dem Governance Kodex für Familienunternehmen (GKF), wird der Terminus zwar aufgriffen, aber nicht weiter erläutert.[3] Die Beurteilung der Angemesse...

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