Rz. 51

Die Angabepflicht ESRS G1-5 umfasst Informationen über die Tätigkeiten und Verpflichtungen im Zusammenhang mit der politischen Einflussnahme, einschl. der Lobbytätigkeiten in Bezug auf wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens (ESRS G1.27). Die Angabepflicht bezieht sich somit auf den durch die CSRD[1] neu hinzugefügten Art. 29b Abs. 2 Buchst. c (iv) 2013/34/EU und die hierdurch geforderten Informationen zu den Tätigkeiten und Verpflichtungen des Unternehmens im Zusammenhang mit der Ausübung dessen politischen Einflusses, einschl. dessen Lobbytätigkeiten.

 

Rz. 52

Für Unternehmen und deren Repräsentanten ist die politische Landschaft, die das Geschäftsumfeld durch Steuern, Anreize, Regeln und Normen prägt, von hoher Bedeutung. Im regulatorischen Rahmen ist es i. S. e. multipolaren Stakeholder-Ansatzes erforderlich, die Interessen jener zu berücksichtigen, die von den Auswirkungen der Regularien erfasst sind, um eine ausgeglichene und angemessene Ausgestaltung des Rahmenwerks zu gewährleisten (ESRS G1.BC39). Diese Einbeziehung könnte jedoch den Boden bereiten für unzulässige Einflussnahmen, insbes. durch nahe Interaktion bzw. Kommunikation, einen raschen personellen Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft ("Revolving Door"[2] bzw. "Drehtür-Effekt") oder finanzielle Zuwendungen. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen dahingehend informieren, so dass deren Stakeholder Verständnis erlangen über jene Risiken, die (enge) Beziehungen und Interaktionen zwischen Politik und Wirtschaft mit sich bringen können (ESRS G1.BC40).

 

Rz. 53

Direkte und indirekte Spenden für politische Zwecke können unzulässig Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse ausüben und demnach zum Korruptionsrisiko werden (ESRS G1.BC41). Um dem entgegenzuwirken, verfügen zahlreiche Staaten über Rechtsvorschriften, die Spenden von Unternehmen an Parteien und Kandidaten für Wahlkampfzwecke begrenzen. In Deutschland sind Parteispenden gem. § 25 Parteiengesetz geregelt, es gibt keinerlei Obergrenze für Spenden von juristischen Personen wie Unternehmen[3] oder Wirtschaftsverbänden, zudem besteht keine Limitierung bei Wahlkampfspenden. In Österreich sind gem. § 6 Abs. 5 Parteiengesetz (PartG) pro Spender, unabhängig ob es sich um eine juristische oder eine natürliche Person handelt, Spenden an eine politische Partei in der Höhe von insgesamt 7.500 EUR pro Kalenderjahr zulässig. Für juristische Personen, die Tochtergesellschaften oder ähnliche Strukturen haben, gilt diese Höchstsumme pro Kalenderjahr insgesamt.

 

Rz. 54

Um für umfassende Transparenz zu sorgen und zugleich der Umgehung bestehender Regularien entgegenzuwirken, soll die Angabepflicht (Rz 51) – sofern wesentlich – zudem jene Spenden berücksichtigen, die indirekt über Mittelspersonen Kandidaten oder Parteien im Berichtszeitraum zugutegekommen sind (ESRS G1.BC41).

 

Rz. 55

Das Ziel der Angabepflicht ESRS G1-5 besteht darin, Transparenz über die Tätigkeiten und Verpflichtungen des Unternehmens im Zusammenhang mit dessen politischer Einflussnahme mittels politischer Zuwendungen zu schaffen. Hiervon umfasst sind ebenfalls die Arten und Zwecke von Lobbytätigkeiten (ESRS G1.28).

 

Rz. 56

Als politische Zuwendung werden die "finanzielle Unterstützung oder Sachleistungen verstanden, die politischen Parteien, ihren gewählten Vertretern oder Personen, die ein politisches Amt anstreben, direkt zur Verfügung gestellt werden". ESRS G1.AR9 S. 1 nennt als Beispiele für finanzielle Unterstützungen:

  • Spenden,
  • Darlehen,
  • Sponsoring,
  • Vorschüsse für Dienstleistungen,
  • den Kauf von Eintrittskarten für Spendenveranstaltungen als auch sonstige ähnliche Praktiken.[4]

Der Sphäre der Sachleistungen zugehörig werden gem. ESRS G1.AR9 S. 2 u. a. die folgenden Zuwendungen verstanden:

  • Werbung,
  • Nutzung von Einrichtungen,
  • Design und Druck,
  • gespendete Ausrüstung,
  • Mitgliedschaft in Leitungsorganen und
  • Beschäftigung oder Beratung für gewählte oder für ein Amt kandidierende Politiker.
 

Rz. 57

Als indirekte politische Zuwendungen verweist ESRS G1.AR10 auf politische Zuwendungen, die über zwischengeschaltete Organisationen, wie bspw. Lobbyisten oder Wohltätigkeitsorganisationen, geleistet werden. Ebenfalls umfasst ist die Unterstützung von bspw. Denkfabriken oder Berufsverbänden ("trade associations"), die mit bestimmten politischen Parteien oder politischen Anliegen verbunden sind oder diese unterstützen (ESRS G1.AR10).

 

Rz. 58

Sofern das Unternehmen gesetzlich zur Mitgliedschaft bei einer Handelskammer oder einer anderen seine Interessen vertretenden Organisation verpflichtet ist, so kann es diese Information offenlegen (ESRS G1.AR13). Unternehmen steht es somit bspw. frei, über ihre Pflichtmitgliedschaften in einer der insgesamt 79 Industrie- und Handelskammern[5] in Deutschland bzw. der Wirtschaftskammer[6] und deren sieben Sparten bzw. 93 Fachverbänden in Österreich zu berichten.

Unterschiedliche Beispiele aus verschiedenen Sektoren der DAX-40-Unternehmen zur nichtfinanziellen Berichterstattung lassen den Schlus...

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