Rz. 30

Die Angabepflicht umfasst – sofern wesentlich – Informationen zum System der Aufdeckung und Verhinderung, Untersuchung als auch Verfolgung betreffend Anschuldigungen oder Vorfälle[1] im Zusammenhang mit Korruption und Bestechung inkl. zugehöriger Schulungen[2] des Unternehmens (ESRS G1.16). Die Angabepflicht bezieht sich somit auf den durch die CSRD[3] neu hinzugefügten Art. 29b Abs. 2 Buchst. c (iii) 2013/34/EU und der diesbzgl. geforderten Informationen zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung.

 

Rz. 31

Das Ziel der Angabepflicht ist es, Transparenz hinsichtlich der wichtigsten Verfahren des Unternehmens zur Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Vorwürfen betreffend Korruption und Bestechung zu schaffen (ESRS G1.17 S. 1). Hiervon ebenfalls umfasst sind Schulungen, welche den eigenen Arbeitskräften[4] bereitgestellt werden, und/oder unternehmensintern oder Lieferanten[5] bereitgestellte Informationen (ESRS G1.17 S. 2). Als eine der Intentionen dieses Standards wird u. a. die qualitative Bereitstellung von Informationen für die Interessenträger[6] des Unternehmens hervorgehoben (ESRS G1.BC24).

 

Rz. 32

Ein zumindest terminologischer, jedoch im Umfang der geforderten Informationen nicht vergleichbarer Anknüpfungspunkt der Angabepflicht nach ESRS G1-3 findet sich in den entsprechenden Mindestbelangen der deutschen bzw. österreichischen Umsetzung der RL 2014/95/EU.[7] Umfasst waren u. a. Angaben zu den seitens des Unternehmens verfolgten Konzepten (§ 289c Abs. 3 Nr. 1 HGB; § 243b Abs. 3 Nr. 2 UGB) und Instrumenten (§ 289c Abs. 2 Nr. 5 HGB) im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Korruption und Bestechung.

 

Rz. 33

Die für ESRS G1-3 heranzuziehende Definition des für die Angabepflicht maßgeblichen Begriffs der Korruption umfasst den "Missbrauch übertragener Befugnis aus persönlichem Gewinninteresse", welcher von Einzelpersonen oder Organisationen initiiert werden kann.[8] Die Definition orientiert sich an jener der EU-Kommission[9]. Bereits die Breite der dem Korruptionsbegriff subsumierten Gesichtspunkte zeigt dessen definitorische Vielfalt (ESRS G1.BC23). Konkret werden die der Korruption zugehörigen Praktiken wie folgt exemplarisch angeführt:

  • Bestechungsgelder,
  • Betrug,
  • Erpressung,
  • geheime Absprachen,
  • Geldwäsche.

Ebenso vom Begriff der Korruption umfasst ist das "Anbieten oder die Annahme jeglicher Geschenke, Darlehen, Gebühren, Belohnungen oder sonstigen Vorteile für eine oder von einer Person" als Anreiz zur Setzung von unredlichen oder rechtswidrigen Handlungen. Enthalten ist ebenfalls der Vertrauensbruch in Bezug auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens. Exemplarisch, jedoch wie auch in der Auflistung der korruptionszugehörigen Praktiken nicht abschließend aufgezählt, werden hierunter Geld- oder Sachleistungen verstanden in der Form von unentgeltlichen Waren, Geschenken und Urlauben oder besonderer persönliche Dienstleistungen, welche zur Erlangung eines "ungerechtfertigten Vorteils erbracht werden oder die zu einem moralischen Druck" führen können, einen solchen Vorteil zu erlangen.[10]

 

Rz. 34

Mit Ausnahme der gesonderten definitorischen Basis für den Begriff der Bestechung (Rz 35) deckt sich die Definition von Korruption (Rz 33) mit jener des Glossars der GRI-Standards[11] (ESRS G1.BC54). In diesem Zusammenhang überraschend ist, dass der Begriff der Bestechung in den innerhalb der Tab. 2 des Anhang II erläuterten Begriffsbestimmungen angeführten Korruptionspraktiken nicht enthalten ist (Rz 33).

 

Rz. 35

Der Begriff der Bestechung bezieht sich auf den Vorgang der unredlichen "Überzeugung einer Person durch eine andere Person, zu deren Gunsten zu handeln, indem ihr ein Geldgeschenk oder ein anderer Anreiz gegeben wird".[12]

 

Rz. 36

Der Begriff der Verfahren bzw. wichtigsten Verfahren i. S. d. Ziels der Angabepflicht (Rz 31) wird nicht spezifiziert. In ESRS G1.16 (Rz 30) findet sich jedoch mit dem Verweis auf ein System ein erster Anhaltspunkt zur terminologischen Abgrenzung. Ebenso findet sich in der Definition des Begriffs des "Vorfalls"[13] der Begriff der "etablierten Verfahren" wieder. Ferner wird diesbzgl. auf die Informationsdarlegung betreffend die entsprechenden Untersuchungs- und Verfolgungsverfahren und Systeme des Unternehmens verwiesen (ESRS G1.BC24). Folglich werden unter dem Begriff der Verfahren bzw. wichtigsten Verfahren die prozessualen und systematischen Vorgehensweisen zur Aufdeckung, Vermeidung und Verfolgung von Vorwürfen und Vorfällen im Zusammenhang mit Korruption und Bestechung als auch die zugehörigen Schulungen zu verstehen sein.

 

Rz. 37

Der in der Angabepflicht (Rz 30) angeführte Begriff des Vorfalls wird – im Gegensatz zum Begriff der Vorwürfe – wie folgt spezifiziert: Unter einem Vorfall wird neben Klagen oder Beschwerden, welche i. R. e. förmlichen Verfahrens entweder an das Unternehmen oder den zuständigen Behörden gemeldet werden, auch Fälle der Nichteinhaltung verstanden, welche seitens des Unternehmens durch dessen etablierte Verfahren festgestellt werden. Veranschaulic...

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