Rz. 45

Die Angabepflicht verlangt eine Darstellung der formalen Kanäle, die betroffenen Gemeinschaften offenstehen, um Bedenken oder Anliegen direkt an das Unternehmen heranzutragen, und/oder wie es die Bereitstellung solcher Kanäle durch seine Geschäftspartner unterstützt. Umfasst sind auch Darstellungen davon, wie Folgemaßnahmen mit den jeweiligen betroffenen Gemeinschaften umgesetzt werden und wie die Effektivität dieser Kanäle überwacht wird (ESRS S3.26). Hinsichtlich detaillierterer Leitlinien zur Ableitung von Inhalten über die Berichterstattung über solche Kanäle verweist der Standard auf die einschlägigen Ausführungen zu Abhilfe- und Beschwerdemechanismen in den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte und in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen (ESRS S3.AR17); insbes. Art. 31 der Leitprinzipien der Vereinten Nationen führt konkrete Gütekriterien auf, die für die Berichterstattung referenziert werden können. Die Anforderungen in ESRS S3 streben in einem hohen Maß Konsistenz mit den Vorgaben dieser Leitlinien an (ESRS S3.BC74). Weitere Auslegungshilfen zu den genannten Vorgaben bietet der OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln.

 
Hinweis

Die soeben angeführten Normen eröffnen einen weiten Gestaltungsspielraum, der von den berichtspflichtigen Unternehmen in hohem Maß kontextabhängig ausgefüllt werden sollte. Einen Überblick über die Art und Ausgestaltung von Kanälen zur Äußerung von Bedenken bieten diese Normen; sie sollten auf dokumentierte Weise Berücksichtigung finden. Darüber hinaus ist aber insbes. die organisationale Verankerung in den Unternehmen von hoher Bedeutung; dabei wird oftmals eine dezentrale Struktur der eingerichteten Maßnahmen bei entsprechender Unternehmensgröße sinnvoll sein. Externe Verifikationen tragen in diesem Zusammenhang zur Anwendungssicherheit bei. Die Vielzahl der eingerichteten Maßnahmen wird an zentraler Stelle, z. B. in einer Compliance-Abteilung, zusammenlaufen, die häufig die benötigten Expertisen bereits aufweisen wird. Die in ESRS S3-3 angesprochenen Verfahren sollen allerdings nicht in einer weiteren bloßen Formalisierung bzw. Bürokratisierung münden, sondern in den Management- bzw. Steuerungskreislauf integriert werden. Dabei zeigt sich eine deutlich enge Verbindung zum Stakeholder-Dialog, der in ESRS 1 als Grundlage der Sustainability Due Diligence bzw. infolge der Wesentlichkeitsanalyse angesprochen wird (§ 3 Rz 43 ff.) .

 

Rz. 46

Als Kanal für das Melden von Bedenken werden Beschwerdemechanismen, Hotlines, Dialogformate und andere formalisierte Formate definiert, die es betroffenen Gemeinschaften oder ihren rechtmäßigen Vertretern erlauben, Bedenken über Auswirkungen der Wirtschaftsaktivitäten eines Unternehmens direkt an dieses zu richten – oder sonstige Anliegen, die vom Unternehmen adressiert werden sollen. Als ein weiteres Beispiel für Kanäle, die von einem Unternehmen direkt zur Verfügung gestellt werden, werden Compliance Audits angeführt. Sollten solche Kanäle nur von Geschäftspartnern aufrechterhalten werden und sollte ein Unternehmen daher zur Erfüllung der Angabepflicht gänzlich auf deren Informationen über diese Kanäle angewiesen sein, so empfiehlt der Standard, auch diesen Umstand gesondert anzuführen (ESRS S3.AR18).

 
Hinweis

Was Beschwerdemechanismen sind, wird im Glossar zu den ESRS ausführlich definiert und mit Beispielen erläutert. Den in Rz 45 angeführten Verlautbarungen folgend wird hierunter verstanden: "Alle outinisierten, staatlichen oder nichtstaatlichen, gerichtlichen oder außergerichtlichen Verfahren, über die Interessenträger Beschwerden geltend machen und Rechtsmittel einlegen können. Beispiele für staatliche gerichtliche und außergerichtliche Beschwerdemechanismen sind Gerichte, Arbeitsgerichte, nationale Menschenrechtsinstitutionen, nationale Kontaktstellen gemäß den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen, Ombudsstellen, Verbraucherschutzbehörden, Regulierungsaufsichtsbehörden und staatliche Beschwerdestellen. Zu den nichtstaatlichen Beschwerdemechanismen gehören diejenigen, die von dem Unternehmen allein oder gemeinsam mit Interessenträgern verwaltet werden, wie Beschwerdemechanismen auf betrieblicher Ebene und Tarifverhandlungen, einschließlich der durch Tarifverträge geschaffenen Mechanismen. Dazu gehören auch Mechanismen, die von Industrieverbänden, internationalen Organisationen, Organisationen der Zivilgesellschaft oder Zusammenschlüssen von Interessenträgern verwaltet werden."[1]

 

Rz. 47

Zur Erreichung der Ziele dieser Angabepflicht sind folgende Datenpunkte anzugeben (ESRS S3.27):

  • Der allgemeine Zugang des Unternehmens und dessen Prozesse für die Bereitstellung von Abhilfemaßnahmen oder die Mitwirkung an solchen Maßnahmen, wenn es festgestellt hat, dass es eine wesentliche negative Auswirkung auf betroffene Gemeinschaften verursacht oder auf sonstige Weise damit verbunden ist. Sofern indigene Völker betroffen sind, ist...

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