Rz. 12

Die Anforderungen zu ESRS S2 sollen i. V. m. den Angaben zur Strategie (SBM) in ESRS 2 gelesen werden. Der Standard gibt vor, dass die sich daraus ergebenden Angaben zusammen mit den Angaben nach ESRS 2 vorgelegt werden sollen. Die einzige Ausnahme stellen hier die Angaben zu SBM-3 "Wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen und ihr Zusammenspiel mit Strategie und Geschäftsmodell" dar, bei denen es dem Unternehmen möglich ist, die Angaben zusammen mit den themenbezogenen Angaben zu übermitteln (ESRS S2.8).

 

Rz. 13

Um die Angabepflichten des ESRS 2 SBM-2 ("Interessen und Standpunkte der Interessenträger") im Kontext des ESRS S2 zu erfüllen, ist darzustellen, wie die Ansichten, Interessen und Rechte der (tatsächlich oder potenziell) wesentlich beeinflussten Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette in der Unternehmensstrategie und im Geschäftsmodell berücksichtigt werden (ESRS S2.9; siehe vertieft Rz 31 ff.).

 

Rz. 14

Während die Angabepflichten des ESRS 2 SBM-2 die Dialogmechanismen in den Fokus rücken, werden in ESRS 2 SBM-3 ("Wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen und ihr Zusammenspiel mit Strategie und Geschäftsmodell") die gegenständlichen Auswirkungen, Chancen und Risiken in Bezug auf die Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette zum Berichtsgegenstand. Hierzu ist eingangs darzulegen (ESRS S2.10):

  • ob bzw. wie identifizierte wesentliche Auswirkungen Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette betreffen, und zwar sofern

    • diese aus der Strategie und dem Geschäftsmodell des berichtspflichtigen Unternehmens entstehen bzw. mit diesen zusammenhängen oder
    • bei der Entwicklung bzw. laufenden Anpassung der Unternehmensstrategie und des Geschäftsmodells berücksichtigt werden;
  • einerseits das Verhältnis zwischen den wesentlichen Risiken und Chancen, die sich aus den Auswirkungen und Abhängigkeiten von Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette ergeben, andererseits das Verhältnis zwischen der Strategie und dem Geschäftsmodell.

Anzuerkennen ist die Schwierigkeit der Beschaffung aller und/oder genauer Informationen über Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette an sich und die Auswirkungen des Unternehmens auf Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette. U. a. durch die Globalisierung sind Lieferketten oft tief verzweigt und intransparent. In zahlreichen Branchen agieren Sub-Unternehmen oder Sub-Sub-Unternehmer, die dem eigentlichen Geschäftspartner nicht mehr bekannt sind. Diese Transparenz zu schaffen, stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen, insbes. KMUs oder Unternehmen mit wenig internen Ressourcen bzgl. des Themas der Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette. Branchenverbände oder NGOs können helfen, und auch die Digitalisierung/Technologieentwicklung trägt mehr und mehr zu einer größeren Transparenz bei. Blockchain ist eine vielversprechende Entwicklung, um die Rückverfolgbarkeit von Produkten oder Rohstoffen zu erhöhen.

DHL investiert bspw. große Summen zur Implementierung von Blockchain-Anwendungen oder in Forschungsprojekte zu diesem Thema. Dabei soll Blockchain die lückenlose Speicherung aller Stationen eines Produkts entlang der Wertschöpfungskette ermöglichen, so dass die Transparenz weit über die Lieferanten hinausgeht, mit denen das Unternehmen in einer direkten Vertragsbeziehung steht.[1]

 

Rz. 15

Um ein Verständnis für die Risiken für die Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette zu schaffen, eignet sich eine Risikoanalyse. Diesbzgl. stellt auch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)[2] Anforderungen an betroffene Unternehmen.

Das lieferkettenbezogene Risikomanagement muss sich gem. § 4 Abs. 2 LkSG im ersten Schritt nur auf Risiken oder Verletzungen fokussieren, die bei den unmittelbaren (direkten) Lieferanten bestehen. ESRS S2 hat im Vergleich dazu einen größeren Anwendungsbereich und betrachtet die gesamte Wertschöpfungskette, d. h. auch mittelbare (indirekte) Lieferanten, die gem. LkSG nur bei substantiierter Kenntnis zu berücksichtigen sind. Grds. ist es hilfreich, die gleiche Methodik für die Risikoanalyse zu nutzen. In der Praxis liegt die Verantwortung der diesbzgl. Tätigkeiten meist bei der Rechts-, der Compliance- oder der Einkaufsabteilung i. V. m. der Geschäftsleitung. Für die Umsetzung wird ein zweistufiger Prozess vorgeschlagen:

  1. Zuerst sollte ein Überblick gewonnen werden über die eigene Beschaffungsstruktur, die Struktur und Akteure beim unmittelbaren Zulieferer sowie die wichtigen Personengruppen, die von der Geschäftstätigkeit betroffen sein können. Dafür empfiehlt sich ein Risikomapping, das Kriterien wie Geschäftsfelder, Standorte, Produkte, Herkunftsländer und vulnerable Gruppen miteinbezieht.[3] Auf Basis des Geschäftsmodells und der Länder kann dann eine abstrakte Risikoanalyse vorgenommen werden. Für die Beurteilung des Länderrisikos können bspw. frei verfügbare Länderindizes wie der Corruption Perception Index (CPI), der Human Development Index (HDI), Global Slavery Index (GSI) oder auch der Environmental Performance Index (EPI) verwendet werden. Mithilfe der Indi...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Sustainability Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge