Rz. 116

Mit der Angabepflicht in ESRS S1-12 soll der Prozentsatz von Menschen mit Behinderung in der eigenen Belegschaft offengelegt werden (ESRS S1.77). Ziel ist es darzustellen, inwieweit Menschen mit Behinderung, die in Rz 46 als eine besonders für Auswirkungen anfällige bzw. marginalisierte Gruppe definiert werden, zur eigenen Belegschaft zählen (ESRS S1.78). Im Zusammenhang mit der Beschäftigung und Inklusion von Menschen mit Behinderung wird in den ESRS u. a. "Barrierefreiheit" als wesentlicher Faktor genannt (Rz 39).

  • Anzugeben ist konkret jener Prozentsatz von Menschen mit Behinderung in der eigenen Belegschaft des Unternehmens, für die rechtliche Einschränkungen bei der Erhebung von Daten gelten (ESRS S1.79).
  • Ergänzend müssen Kontextinformationen dargelegt werden, die zum Verständnis der offengelegten Datenpunkte notwendig sind; diese umfassen neben den Darstellungen zu Berechnungsmethoden allgemeine Erläuterungen: Dazu gehören bspw. Informationen über die Auswirkungen unterschiedlicher rechtlicher Definitionen von Menschen mit Behinderungen in den verschiedenen Ländern, in denen das Unternehmen tätig ist (ESRS S1.AR76).
  • Empfohlen wird, die Angaben nach ESRS S1-12 differenziert nach Geschlecht darzustellen (ESRS S1.80).
 

Rz. 117

Die Angabepflicht gem. ESRS S1-12 verweist ausdrücklich auf gesetzliche Beschränkungen in der Datenerhebung (ESRS S1.79). Das bedeutet, dass in einem solchen Fall eine Angabe unterbleiben kann; gesetzliche Vorgaben v.a. zum Datenschutz gehen daher der Angabepflicht gem. ESRS S1-12 vor. Unterbleibt deswegen eine Angabe zur Gänze, wird auf diesen Umstand hinzuweisen sein. Sofern möglich, sollte ein berichtspflichtiges Unternehmen zuvor allerdings die Möglichkeit prüfen, Schätzungen offenzulegen – und auf diesen Umstand ebenso in der Berichterstattung hinzuweisen.

 

Rz. 118

Als "Menschen mit Behinderungen" werden Personen mit langfristigen körperlichen, geistigen, intellektuellen oder sensorischen Beeinträchtigungen, die im Zusammenspiel mit verschiedenen Barrieren ihre volle und wirksame gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft behindern können, definiert. Behinderung ist der Oberbegriff für Beeinträchtigungen, Aktivitäts- und Teilnahmeeinschränkungen und bezieht sich auf die negativen Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung) und den Kontextfaktoren dieser Person (Umwelt- und persönliche Faktoren; Menschen mit Behinderungen).[1]

 

Rz. 119

In Art. 27 ("Work And Employment") der Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD) der UN ist Folgendes verankert: Die Vertragsstaaten erkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen an, gleichberechtigt mit anderen zu arbeiten. Dazu gehört das Recht, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte oder angenommene Arbeit in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld zu verdienen.[2]

 

Rz. 120

Das Recht auf Gleichberechtigung für Menschen mit Behinderung ist in zahlreichen Rahmenwerken verankert. Als Definition von "Gleichberechtigung" hält die UN-Behindertenrechtskonvention in Art. 1 S. 2 fest: "Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können."[3]

 

Rz. 121

In Deutschland hat das Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BGG) zum Ziel, "die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung zu beseitigen". Menschen mit Behinderung werden im BGG definiert als "Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Als langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert".[4] Dieses Gesetz gilt vorrangig für Träger öffentlicher Gewalt und schließt die Privatwirtschaft nicht mit ein.

In Österreich wurde im Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) in Art. II eine Beschäftigungspflicht für Menschen mit besonderen Bedürfnissen verankert: "Alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet 25 oder mehr Dienstnehmer [...] beschäftigen, sind verpflichtet, auf je 25 Dienstnehmer mindestens einen begünstigten Behinderten [...] einzustellen"[5]. Wenn die Beschäftigungspflicht nicht erfüllt ist, wird dem Dienstgeber vom Sozialministerium alljährlich für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr eine Ausgleichstaxe vorgeschrieben. Für die Beschäftigung von in Ausbildung stehenden begünstigten Behinderten erhält der Dienstgeber vom Sozialministeriumservice eine Prämie aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds.[6] In diesem Zusammenhang wird in § 3 BEinstG Behinderung folgendermaßen definiert: "Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlich...

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