Rz. 110

Die Angabepflichten gem. ESRS S1-11 sollen einen Überblick darüber geben, ob die Beschäftigten des eigenen Unternehmens durch einen Sozialschutz gegen Einkommensverluste aufgrund schwerwiegender Lebensereignisse abgedeckt sind und, falls nicht, in welchen Ländern dies nicht der Fall ist (ESRS S1.72 f.):

  • Das Unternehmen hat offenzulegen, ob seine Beschäftigten durch öffentliche Programme oder durch unternehmenseigene Benefits abgesichert sind. Als schwerwiegende Lebensereignisse zählen Krankheit, Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfälle, Elternzeit/Karenz und Ruhestand/Pension. Stellt das Unternehmen seinen Beschäftigten entsprechenden sozialen Schutz zur Verfügung, ist diese Angabe ausreichend (ESRS S1.74).
  • Sollten jedoch nicht sämtliche Beschäftigte unter sozialem Schutz stehen, muss dies angegeben werden, ergänzt um

    • die Länder, in denen dies der Fall ist,
    • die Kategorien von Mitarbeitern, die keinem Sozialschutz unterliegen, i. V. m. den schwerwiegenden Lebensereignissen, für die dies der Fall ist (ESRS S1.75).
  • Es wird empfohlen, diese Angaben auch für die nicht angestellten Beschäftigten der Belegschaft zu tätigen (ESRS S1.76).
 

Rz. 111

"Sozialschutz" wird definiert als eine Reihe von Maßnahmen, die darauf zielen, Armut und Gefährdung im gesamten Lebenszyklus zu verringern und zu verhindern.[1] Außerdem fallen unter diesen Begriff all jene Maßnahmen, die den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Einkommensunterstützung bei schwierigen Lebensereignissen wie dem Verlust des Arbeitsplatzes, Krankheit und dem Bedarf an medizinischer Versorgung, der Geburt und Erziehung eines Kindes oder dem Ruhestand und der Notwendigkeit einer Pension ermöglichen (ESRS S1.AR75).

 

Rz. 112

Gem. der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) wird sozialer Schutz mit sozialer Sicherheit gleichgesetzt und stellt ein Menschenrecht dar (ESRS S1.BC140). Dabei werden neun spezifische Zweige der sozialen Sicherheit definiert – medizinische Versorgung, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter, Arbeitsunfall, Familie, Mutterschaft, Invalidität und Hinterbliebenenleistungen[2] –, wovon jedoch lediglich fünf für die Offenlegungserfordernisse gem. ESRS S1-11 berücksichtigt werden. Die Berichterstattung basiert zwar partiell auf GRI 401-2, sie konzentriert sich jedoch vorrangig auf einen grundlegenden Sozialschutz der "eigenen Belegschaft" (Beschäftigte und mit Einschränkungen auch nicht angestellte Beschäftigte; ESRS S1.BC142).

 

Rz. 113

Das Recht auf soziale Sicherheit ist in weiteren wichtigen Menschenrechtsinstrumenten enthalten:

  • Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (Art. 22)[3],
  • EU-Charta der Grundrechte (Art. 34)[4],
  • Europäische Sozialcharta (überarbeitet, Art. 12–14[5]; ESRS S1.BC140),
  • soziale Sicherheit ist ebenso im Prinzip 12 der EPSR verankert[6] (ESRS S1.BC141).
 
Hinweis

Es ist im Hinblick auf die länderspezifischen Regelungen allerdings davon auszugehen, dass sich die soziale Absicherung von Land zu Land sowie damit zusammenhängend von Unternehmen zu Unternehmen unterscheidet. Der Begriff "soziale Absicherung" unterliegt folglich einem international uneinheitlichen Verständnis.

 

Rz. 114

In Deutschland umfasst die Sozialversicherung fünf gesetzliche Segmente: Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung. In Österreich ist die Sozialversicherung wie folgt gegliedert: Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung; i. w. S. wird auch die Arbeitslosenversicherung hinzu gezählt. Über die Sozialversicherung hinaus stellen u. a. Universelle Leistungen, Bedarfsorientierte Leistungen, Sozialschutz für Beamte, Sozialentschädigung, Arbeitsrechtlicher Schutz, Betriebliche Formen der Altersvorsorge und Soziale Dienste weitere Elemente des Sozialschutzsystems dar.

 

Rz. 115

Die beiden nachfolgenden Beispiele der EVN AG und der Bayer AG veranschaulichen, wie Unternehmen schon bisher über den Nachhaltigkeitsaspekt des Sozialschutzes berichten. Dies umfasst sowohl quantitative wie qualitative Angaben. Besonderes Augenmerk wird dabei auch auf Angaben zu Leistungen gelegt, die über den gesetzlich festgelegten Minimum-Sozialschutz hinausgehen und hier zu einer Besserstellung der umfassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beitragen. Dies ist i. S. d. Gebots, auch über wesentliche positive Auswirkungen zu berichten, ebenso Bestandteil der Angabepflichten gem. ESRS S1-11.

 

Praxis-Beispiel EVN[7]

„Betriebliche Zusatzleistungen

In vielen Unternehmen unserer Gruppe stehen den Mitarbeiter*innen unabhängig von Alter, Geschlecht und Beschäftigungsausmaß zusätzliche freiwillige betriebliche Leistungen zur Verfügung:

Krankenzusatzversicherung

Sowohl in Österreich als auch in Bulgarien bieten wir unseren Mitarbeiter*innen als freiwillige Sozialleistung die Möglichkeit zum begünstigten Abschluss einer Krankenzusatzversicherung. Entsprechende Rahmenverträge mit ausgewählten Versicherungsunternehmen in den jeweiligen Ländern sollen für alle teilnehmenden Mitarbeiter*innen eine optimale ärztliche Betreuung sicherstellen.

[...]

Altersvorsorge

Alle Mitar...

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